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100 Stunden Todesangst

100 Stunden Todesangst

Titel: 100 Stunden Todesangst
Autoren: Stefan Wolf
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Autobahn.
Hauptsächlich in unserer Gegend. Sie überfallen Rastende. Die werden
ausgeplündert. Nicht selten nehmen die Kerle auch den Wagen mit. Der
verschwindet auf Nimmerwiedersehen. Vermutlich wird er in einer geheimen
Werkstatt umgespritzt und dann mit gefälschten Papieren ins Ausland verschoben.
Eine Spezialität der Bande ist die Entführung von sogenannten Käselastern. Also
von Lkw, die Lebensmittel geladen haben. Daß sie 50 Zentner Goulaschfleisch,
Tomaten, Teigwaren oder Früchte nicht selbst konsumieren (verbrauchen), ist klar. Also haben sie Abnehmer: zwielichtige Einzelhändler. Vielleicht sogar
bestimmte Supermärkte, die mit billigem Einkauf großen Gewinn machen. Heiße
Spuren gibt es leider nicht. Aber die AB (Autobahn-Banditen), wie wir
sie hier nennen, werden immer dreister.“
    „Indem sie
eine der wichtigsten Bekleidungen besudeln“, grinste Tom, „in die einer sich
zwängen kann.“
    „Was?“
fragte Locke.
    „Er meint
die Polizei-Uniform“, erklärte Gunter.
    „Du
scheinst ja gut unterrichtet zu sein“, forschte Locke ihren Freund aus. „Du
liest wohl, was Rehm schreibt?“
    „Er will
beim Abitur Deutsch als Leistungsfach nehmen“, erklärte Gunter. „Deshalb. Und
das mit den Uniformen ist so: Die AB verkleiden sich als Polizisten. Weiß der
Teufel, woher sie die Uniformen haben. Vielleicht ist ein ehemaliger
Herrenschneider dabei. Jedenfalls treten die Gesetzesbrecher als
Zivilwagen-Streife auf. Das bedeutet, Töchterchen: Polizisten sitzen in einem
unauffälligen Wagen. Mit der Leuchtkelle — bei Nacht — winken sie Autofahrer,
die zu schnell oder zu langsam fahren, oder in Schlangenlinien, auf den
nächsten Park- oder Rastplatz. Echte Polizisten zücken in solchen Fällen den
Strafzettelblock, falsche rauben aus.“
    „Hoh!“
wunderte sich Locke. „Führt das nicht zu totaler Verkehrsunsicherheit?“
    „Was meinst
du?“
    „Nimm an,
ich zische mit meinem Mofa über die Autobahn, was ich bekanntlich nicht darf.
Weil ich das Tempolimit — das untere — unterschreite. Plötzlich blinzelt mir
einer mit der Leuchtkelle zu. Aber wer sagt mir, daß es ein echter Polizist
ist? Wie verhalte ich mich nun? Fliehe ich, wird auf mich geschossen. Gehorche
ich, bin ich Opfer der Räuber. Also?“
    „Gott sei
Dank darfst du mit deinem Hirschkalb nicht auf die Autobahn“, meinte Gunter.
    „Aber auf
Landstraßen, Familienvorstand. Und dort schlagen die neuerdings genauso zu.“
    „Hin und
wieder“, meinte Tom, „scheint sie doch was zu lesen.“
    „Nur
Überschriften“, schränkte Locke ein. „Also, Papi, wie ist das? Was macht man?“
    Gunter
wiegte den Kopf. „Eine Patentlösung gibt es nicht. Natürlich muß man
polizeilicher Aufforderung folgen — und hoffen, daß es wirklich Polizisten
sind. Sind’s die AB — dann ist das eben Pech.“
    „Hast schon
bessere Ratschläge verteilt.“
    „Vieles im
Leben, Töchterchen, ist nicht so eindeutig und griffig, wie du’s gern hättest.
Aber jetzt muß ich Hochtürh anrufen, und ihr werdet gefälligst...“
    Er sprach
nicht zu Ende, sondern blickte zur Tür, wo Pit Mehring, der Chef vom Dienst,
den Kopf durch den Spalt schob.
    „Störe
ich?“
    „Natürlich
störst du. Aber das wird dich nicht abhalten, trotzdem hereinzukommen.“
    Mehring
grinste. Im linken Mundwinkel schuckelte eine Zigarette. Er war Kettenraucher
und oft so nervös wie ein umgegrabener Ameisenhaufen.
    Er riß
Lockes Hand an sich und tat, als küsse er ihre Fingerspitzen. Tom gab er einen
Klaps auf die Schulter.
    „Da!
Komisch!“ meinte er, und reichte Gunter ein beschriebenes Manuskriptblatt.
    Gunter las.
Tom streckte seinen kräftigen Hals etwas und sah, daß es sich um eine ziemlich
kurze Meldung handelte.
    Gunter
schob die Brauen zusammen und blickte auf.
    „Ich sehe
wohl nicht richtig! Mord an einem gewissen Karl-Otto Lorenz. Und das handelst
du mit fünf Zeilen ab, Pit.“
    „Ich hätte
einen endlosen Riemen (langer Artikel) geschrieben. Kennst doch meine
Weitschweifigkeit. Das hier ist von Ebert.“
    Ebert war —
wie das Nachwuchs-Pärchen wußte — der Polizeireporter vom Tageblatt.
    „Mehr sei
im Moment nicht zu erfahren gewesen, sagt er“, berichtete Pit. „Das bißchen
habe ihm ein Polizeimeister Raukel durchgegeben — telefonisch. Vor ‘ner halben
Stunde rief der an. Von sich aus.“
    „Was denn?
Ein Polizeimeister rief an? Das hatten wir noch nie.“
    Gunter las
zum zweiten Mal.
    Der Name
des Ermordeten war — wie gesagt — mit
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