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Hoehenfieber

Hoehenfieber

Titel: Hoehenfieber
Autoren: Kathy Felsing
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Prolog
    Dubai, Anwesen des Sheikhs Rashad Antun Sa’ada
     
     
     
    „Höher! Heb endlich deinen Schleier!“
    Der Befehl stach Latifa zum zweiten Mal wie ein Dolchstoß ins Herz. Ihr Blick verschwamm, Tränen liefen über ihre Wangen. Sie hatte versucht, ihr Make-up allein so hinzubekommen, wie es die alte Hira all die Jahre geschafft hatte. Die breite, wulstige Narbe von der Schläfe bis in den rechten Mundwinkel zu formen, die hässlichen Male um die Nase und unter dem Augenlid aufzutragen. Doch Hira war tot.
    Latifas Knie fühlten sich an wie weiche Butter. Ihre Finger zitterten, dennoch stand sie kerzengerade, hielt nur den Kopf gesenkt. Jede andere Haltung wäre beschämend.
    Eine Brise wehte aus Richtung der Gärten durch die offen stehenden Flügeltüren in den Wohnraum des Sheikhs und ließ den hauchzarten Stoff ihres Gewandes um ihre Knöchel streichen. Die Furcht aus ihrem Herzen vertrieb der Luftzug nicht.
    Vaters Schritte näherten sich.
    Mutter und einige der anderen Frauen aus dem Harem hatten ihr beim Schminken helfen wollen, doch keine bekam die Maske mit Vollendung hin. Außerdem musste es eine Verräterin geben. Der Sheikh hätte Latifa niemals in seine privaten Räume holen lassen, um sich durch ihren Anblick erniedrigen zu lassen. Er war froh, sie nie zu Gesicht zu bekommen, denn er umgab sich nur mit atemberaubender Schönheit.
    „Ja, Vater“, murmelte sie und zögerte noch immer, die Hände zu bewegen und den Schleier vollends über den Kopf zu streifen. Als sie die Bewegung in den Augenwinkeln bemerkte, war es zu spät, um zurückzuschnellen. Ein scharfer Schmerz zog durch ihre Kopfhaut. Der Eunuch, der sie herbegleitet hatte, riss das Tuch mitsamt den Haarklammern an sich. Latifa senkte den Kopf noch tiefer.
    „Sieh mich gefälligst an.“
    Sie schluckte. Zorn wallte auf, eine Regung, die sie unterdrücken musste, nicht empfinden durfte, sonst würde es ihr noch schlechter ergehen. Der Sheikh umfasste ihr Kinn und zwang sie, seinen Blick zu erwidern. Dann stieß er sie von sich. Sie wäre gestürzt, hätte der Eunuch sie nicht aufgefangen.
    „Wasch ihr das Gesicht.“
    Ein nasser, kalter Lappen klatschte gegen ihre Wange. Währenddessen fühlte sie sich taxiert wie ein Kamel auf dem Großmarkt. Sie spürte die Gier in den Blicken ihres Vaters und ihres Bruders Fadi wie Feuerzungen, die über ihre Haut leckten.
    „Die Kandidaten werden Schlange stehen.“
    Oh, wie sie ihren Vater verabscheute. Was Mutter und Hira seit Jahren verhindern wollten, würde nun grausame Wirklichkeit. Der Sheikh würde sie gegen ihren Willen verheiraten und versuchen, das bestmögliche Geschäft daraus zu machen. Als wenn er es nötig hätte, seinen Reichtum noch zu vermehren.
    Wulstige Finger eines alten Kerls würden sie begrapschen, steife, papiertrockene Lippen sie zu Küssen zwingen. Sie hasste dieses Leben.
    „Wer ist für die billige Täuschung verantwortlich?“ Prinz Fadi trat mit verzerrter Miene auf sie zu, packte ihr am Hinterkopf ins Haar und zwang ihren Kopf in den Nacken.
    Sie starrte ihn an und schwieg. Ihr Bruder war erst vierzehn, aber bereits jetzt kam sie gegen seine Kraft nicht mehr an, obwohl sie fast vier Jahre älter war. Sein Ausdruck strahlte Herrschsucht und Erbarmungslosigkeit aus wie das Gesicht des Sheikhs, nur wirkte es bei dem Prinzen noch lächerlich. Ganz im Gegensatz zu ihrem Vater. Er schwieg, doch sein Blick bohrte sich in ihr Innerstes.
    „Hat Mutter es veranlasst? Bestimmt war sie es.“ Fadis Augen blitzten abfällig.
    „Sie weiß nichts davon“, stieß Latifa aus und versuchte, sich aus dem groben Griff zu befreien.
    „Wer dann?“ Der Sheikh hob gebieterisch eine Hand und Fadi ließ von ihr ab.
    Latifa senkte sofort wieder den Kopf, wie es sich gehörte. „Hira“, antwortete sie leise. Ihr konnten sie nichts mehr antun und Vater würde es nicht wagen, anstelle der alten Ziehfrau ihrer Mutter ein Haar zu krümmen. Als erste Ehefrau des Sheikhs genoss zumindest sie Vorrechte, die ihr ein gefahrloses Dasein innerhalb des Harems sicherten und die Familie ihrer Mutter würde es nicht dulden, wenn sie von Repressalien berichtete. Allerdings konnten auch sie mit all ihrem Geld und ihrem Einfluss nicht verhindern, dass der Sheikh Latifa nach altem Brauch verschacherte. Noch dazu, wo sie als Einzige seiner Nachkömmlinge den Titel Prinzessin trug, weil sie das Kind der ersten Ehefrau war. Die Halbgeschwister standen in der Rangfolge weit unter Fadi und ihr. Latifa
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