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100 Stunden Todesangst

100 Stunden Todesangst

Titel: 100 Stunden Todesangst
Autoren: Stefan Wolf
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anzulegen, kam gar nicht gut an. Beinahe hätte sie mich
geprügelt.“ Er grinste.
    „Oft“,
sagte Tom, „gratuliere ich mir, daß ich ein Einzelkind bin. Ich brauche nur zu
streiten, wenn ich Lust habe. Du mußt, weil du mit ihr, deiner Schwester, unter
einem Dach lebst.“ Mike verstärkte sein Grinsen. „Aber ich meide ihre Nähe. Du
suchst sie. Insgesamt leidest du mehr. Sicherlich willst du wissen, wohin sie
entschwebt ist. Ins Pressehaus zu Gunter. Der wird sich freuen.“
    „Die Freude
kann ich verdoppeln. Ich heize auch hin.“
    „Dann fällt
er um. Und morgen gibt’s keine Zeitung.“
    „Ich sehe
das anders. Ich steh ihm bei gegen Locke. Wohin enteilt deine Wenigkeit?“
    „Nichts
besonderes. Nur Freundin besuchen.“
    „Welche?“
    „Wenn ich
das wüßte. Bin mit zweien verabredet. Leider gleichzeitig. Weiß nicht, wie ich
mich entscheiden soll.“
    „Ich
entscheide mich für Locke“, lachte Tom. „Wie immer.“ Er klapste Mike auf die
Schulter, sprang auf seinen Roller und düste durchs schwindende Tageslicht zum
Pressehaus. Achtstöckig verziert es die Innenstadt.
    Im siebten
Stock, wo sich Gunters Redaktionsbüro befindet, wurde im Vorzimmer eifrig auf
die elektronische Schreibmaschine gehackt.
    Melanie
Frühauf, ständig und heimlich in Gunter verliebt, blickte auf und knipste ihr
Lächeln an.
    „Hallo,
Tom!“ erwiderte sie seinen Gruß. „Geh nur rein! Er hat soviel zu arbeiten, daß
ich jede Störung begrüße. Das zwingt ihn zum Abschalten. Locke kommt gleich
zurück.“
    „Wohin ist
sie denn?“
    „Kauft
Oberhemden für ihn ein. Größe 42, leicht tailliert. Ich dachte, das macht deine
Mutter?“
    „Helga ist
für Socken und Leibwäsche zuständig. Also auf Ihre Verantwortung, Frühauf: Ich
geh rein.“
    Während er
vorsichtig die Tür auf schob, erwog er die Möglichkeiten. Es gab mehrere:
Entweder Gunter warf mit dem Aschenbecher. Oder er nahm seufzend die Störung
hin. Oder er übertrug ihm gleich eine Aufgabe, was unangenehm sein konnte.
Oder...
    Stille.
Gunter lehnte sich im Sessel zurück und hatte den Hörer am Ohr. Sein kräftiges
Gesicht mit dem igelstarken Schnauzbart drückte Anspannung aus.
    Mit der
freien Hand winkte er Tom herein.
    „Nun nennen
Sie endlich Ihren Namen“, raunzte Gunter in den Hörer. „Mit einem anonymen (ohne
Namen ) Spinner rede ich nicht.“
    Leere
Drohung, dachte Tom. Er ist ja ganz heiß auf die Sache. Welche Sache?
    Auf
Zehenspitzen wippte er zum Schreibtisch, wo er sich tief und artig verbeugte.
    Aber im
Moment fehlte es Gunter am Sinn für Albernheiten. Statt dessen deutete er auf
den Zweithörer, über den sein kompliziertes Tischtelefon verfügt.
    Schalt dich
ein! hieß das, und Tom griff sofort zu.
    „...kein
Spinner. Das werden Sie gleich merken, Rehm“, drang eine Männerstimme durch die
Leitung. Sie war so sympathisch wie eine Unfallsirene — und kreischte wie eine
Metallsäge. „So ein Angebot kriegen Sie nicht wieder.“
    „Ich höre“,
sagte Gunter.
    „Ich habe
im Tageblatt verfolgt, daß Sie die Berichte machen über die Autobahn-Banditen.
Stimmt doch?“
    „Das
stimmt.“
    „Sie haben
geschrieben, es sei die schlimmste Bande seit langem.“
    „Was
zutrifft. 21 Menschen wurden verletzt, zum Teil schwer. Die Höhe des
Sachschadens beläuft sich auf vier Millionen Mark. Soviel Beute hat die Bande
gemacht — innerhalb eines halben Jahres.“
    „Wem sagen
Sie das, Rehm. Ich weiß Bescheid. Ich gehöre nämlich dazu.“
    Gunter und
Tom sahen sich an.
    „Sie sind
der fünfte, der mich anruft und das behauptet“, sagte Gunter. „Für Wichtigtuer
habe ich keine Zeit. Ende.“
    „Hören
Sie!“ kreischte die Metallsäge. „Ich gehöre wirklich dazu. Aber ich will
abspringen.“
    „Abspringen?“
    „Die werden
immer härter, immer brutaler. Der Boss ist größenwahnsinnig. Da mache ich nicht
mehr mit. Verstehen Sie? Anfangs bin ich da reingeschlittert, weil... Also, ich
bin arbeitslos. Und...“
    „Das ist
kein Grund. In unserem Land verhungert niemand. Wer arbeitslos ist, braucht
nicht kriminell zu werden.“
    „Jaja, die
Reden kenne ich. Aber kommen Sie mal aus mit dem Minimum ( Mindesten )!
Und andere haben klotzig Geld in der Tasche, kaufen und prassen, feiern und
verschwenden. Da juckt’s einen, sich mit Gewalt was zu holen. Ist doch klar.“
    „Das ist
absolut nicht klar. Und wenn jeder so dächte, wäre die Menschheit im Eimer. Es
kann nun mal nicht jeder alles haben. Man muß verzichten können. Sie
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