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10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

Titel: 10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)
Autoren: George R. R. Martin
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wandte sich wieder leichteren Themen zu. Erst nachdem Tommen und seine Kätzchen von Ser Boros zum königlichen Schlafzimmer eskortiert worden waren, kamen sie auf den Prozess der Königin zu sprechen.
    »Osneys Brüder werden nicht untätig dastehen und zusehen, wie er stirbt«, warnte Cersei ihn.
    »Das habe ich auch nicht erwartet. Ich habe sie beide in Gewahrsam genommen.«
    Das schien sie zu erstaunen. »Weshalb?«
    »Unzucht mit einer Königin. Seine Hohe Heiligkeit sagt, du hättest ihm gebeichtet, mit den zwei das Bett geteilt zu haben – hast du das schon vergessen?«
    Sie wurde rot. »Nein. Was werdet Ihr mit ihnen anstellen?«
    »Ich werde sie zur Mauer schicken, wenn sie ihre Schuld gestehen. Wenn nicht, können sie gegen Ser Robert antreten. Solche Männer hätten nie so hoch aufsteigen dürfen.«
    Cersei senkte den Kopf. »Ich … ich habe sie falsch eingeschätzt.«
    »Du hast viele Männer falsch eingeschätzt, scheint mir.«
    Er hätte noch einiges hinzugefügt, doch die dunkelhaarige Novizin mit den runden Wangen kam herein und sagte: »Mylord, Mylady, entschuldigt die Störung, aber unten steht ein Junge. Großmaester Pycelle bittet darum, dass der Lord Regent sofort zu ihm kommen möge.«
    Dunkle Schwingen, dunkle Worte, dachte Ser Kevan. War Storm’s End gefallen? Oder gab es Nachrichten von Bolton aus dem Norden?
    » Es könnten Nachrichten von Jaime sein«, sagte die Königin.
    Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Ser Kevan erhob sich. »Bitte entschuldige mich.« Ehe er sich entfernte, fiel er auf ein Knie und küsste seiner Nichte die Hand. Wenn ihr schweigender Riese versagte, war es vielleicht der letzte Kuss, den sie je bekam.
    Der Bote war ein Junge von acht oder neun Jahren, der so in Felle eingewickelt war, dass er wie ein Bärenjunges aussah. Trant hatte ihn draußen auf der Zugbrücke warten lassen, statt ihm Zutritt zu Maegors Feste zu gestatten. »Geh, setz dich irgendwo ans Feuer, Junge«, sagte Ser Kevan und drückte ihm einen Heller in die Hand. »Den Weg zum Rabenschlag finde ich allein.«
    Endlich hatte es aufgehört zu schneien. Hinter einem Schleier aus Wolkenfetzen schwebte ein fetter Vollmond weiß wie ein Schneeball. Die Sterne funkelten kalt und fern. Während Ser Kevan über den inneren Hof ging, erschien ihm die Burg wie ein fremdartiger Ort, wo jedem Bergfried und jedem Turm Zähne aus Eis gewachsen und alle vertrauten Wege unter einer weißen Decke verschwunden waren. Einmal zerschmetterte ein Eiszapfen von Speereslänge vor seinen Füßen. Herbst in King’s Landing, dachte er. Wie muss es jetzt erst oben an der Mauer sein?
    Die Tür wurde ihm von einem Dienstmädchen geöffnet, einem mageren Ding in einer viel zu großen fellgesäumten Robe. Ser Kevan stampfte sich den Schnee von den Füßen, zog den Mantel aus und warf ihn ihr zu. »Der Großmaester erwartet mich«, verkündete er. Das Mädchen nickte ernst und schweigend und zeigte auf die Treppe.
    Pycelles Gemächer lagen unter dem Rabenschlag, eine geräumige Zimmerflucht voller Gestelle mit Kräutern und Salben und Tränken und Regalen, die mit Büchern und Schriftrollen vollgestopft waren. Ser Kevan war hier immer unangenehm heiß gewesen. Heute Nacht jedoch nicht. Nachdem er durch die Tür eingetreten war, spürte er die Kälte. Schwarze Asche und sterbende Glut waren alles, was vom Kaminfeuer geblieben war. Einige flackernde Kerzen erhellten den Raum stellenweise mit fahlem Licht.
    Der Rest war in Schatten gehüllt … außer dem offenen Fenster, wo Eiskristalle im Mondlicht glitzerten und vom Wind hin und her getrieben wurden. Auf der Fensterbank hockte ein Rabe, blass und riesig und mit aufgeplustertem Gefieder. Es war der größte Rabe, den Kevan Lannister je gesehen hatte, größer sogar als die Jagdfalken in Casterly Rock und größer noch als die größte Eule. Schneeflocken tanzten um ihn herum, und der Mond überzog ihn mit Silber.
    Nicht Silber. Weiß. Der Vogel ist weiß.
    Die weißen Raben der Zitadelle trugen keine Briefe wie ihre dunklen Vettern. Wenn sie aus Oldtown kamen, hatten sie nur eine Aufgabe: Sie verkündeten den Wechsel der Jahreszeiten.
    »Winter«, sagte Ser Kevan. Das Wort bildete einen weißen Dunst in der Luft. Er wandte sich vom Fenster ab.
    Dann traf ihn etwas zwischen die Rippen in die Brust, so hart wie die Faust eines Riesen. Es trieb ihm die Luft aus der Lunge, und er stolperte rückwärts. Der weiße Rabe flog auf, und seine weißen Flügel schlugen ihn auf
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