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0975 - Burning Man

0975 - Burning Man

Titel: 0975 - Burning Man
Autoren: Anika Klüver und Simon Borner
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heißen Atem ihres Gegners im Nacken. Vor ihrem geistigen Auge tauchten Bilder von Zähnen auf, die sich in ihren Nacken bohrten und sie zerfleischten.
    Plötzlich erklang ein leises Zischen und kurz darauf ein Plock. Nicole hörte ein überraschtes Fiepen und dann ein wütendes Knurren. Sie spürte, wie der Druck der Pfoten auf ihrem Rücken nachließ und zögerte keine Sekunde. Mit aller Kraft stieß sie sich vom Boden ab und schleuderte den Kojoten so von sich. Bevor dieser sich wieder aufrappeln konnte, rammte sie ihm das Messer in die Brust. Erst dann gestattete sie es sich, darüber nachzudenken, was sie gerettet hatte. Sie sah sich um, und ihr Blick fiel auf einen hochhackigen weißen Damenschuh, der auf dem staubigen Boden lag. Nicole blinzelte verdutzt. Dann schaute sie zu den Marterpfählen hinüber, wo Janet mühsam ein Bein hob, um ihr ihren nackten Fuß zu zeigen. Die junge Frau lächelte schwach, schien sich aber nur mit größter Anstrengung bei Bewusstsein halten zu können. Kein Wunder, dachte Nicole und erwiderte das Lächeln. Bei der Kraft, die sie aufgebracht haben muss, um den Schuh zu schleudern. Und dann auch noch zu treffen! Alle Achtung, Janet!
    Nicole stand auf und lief zu den Marterpfählen hinüber. Sie hob das Messer an Janets Fesseln und schnitt sie durch, was einige Minuten in Anspruch nahm, da die Seile sehr dick waren und das Messer plötzlich nicht mehr so scharf zu sein schien, wie beim Kampf gegen die Kojoten. Es wirkte fast so, als hätte es seine vorbestimmte Aufgabe erledigt. Als sich die Fesseln endlich lösten, sackte Janet sofort in sich zusammen und rutschte am Pfahl zu Boden. Nicole kniete sich neben sie, doch die junge Frau schüttelte schwach den Kopf.
    »Ich komme schon zurecht. Befreien Sie die anderen.«
    Nicole zögerte nicht lange und setzte Janets Worte in die Tat um. Als sie die letzten Fesseln durchtrennt hatte, begann der Boden zu beben. Ein Grollen ging durch die Wüstenlandschaft und ließ alles erzittern. In der trockenen Erde bildeten sich die ersten Risse. Die Welt um sie herum schien auseinanderzufallen.
    Panik ergriff Nicole. Sie würde es nie rechtzeitig schaffen, die Befreiten in Sicherheit zu bringen. Sie waren viel zu geschwächt, um schnell laufen zu können, und selbst wenn sie fliehen konnten, gab es weit und breit keinen Ort, an dem sie sicher gewesen wären. Sie stieß einen verzweifelten mentalen Ruf aus, um den alten Indianer zu kontaktieren, ihre Verbindung zur realen Welt. Am Horizont sah sie plötzlich ein Flimmern, doch sie konnte nicht sagen, ob es tatsächlich eine Person oder nur eine optische Täuschung war. Sie raffte sich trotz der Erschütterungen auf, um darauf zuzugehen, denn viel mehr konnte sie ohnehin nicht tun. Es war zumindest ein Versuch. Doch ihre Füße fanden auf dem unruhigen Boden keinen Halt. Sie stolperte, fiel nach vorn…
    ... und landete mit der Nase auf dem bunten Teppich des Indian Spirit Casinos. Verblüfft stellte sie fest, dass sie immer noch saß und nur nach vorne gekippt war. Ihr gegenüber saß der alte Indianer.
    »Willkommen zurück, Kriegerin«, sagte er. »Deine Schlacht war erfolgreich.«
    Nicole sah sofort zu den Leuten an den Automaten, die schlaff auf ihren Stühlen saßen. Einige stöhnten, andere waren bewusstlos. Nicole stand auf und nahm ihr Handy, das sie vor ihrer Reise in die Geisterwelt sicherheitshalber auf einem Tisch des Casinos abgelegt hatte. Schnell wählte sie den Notruf und forderte medizinische Hilfe an. Dann wählte sie Rawlins’ Nummer.
    Der Lieutenant meldete sich nach dem zweiten Klingeln. »Rawlins.«
    »Hier ist Nicole Duval. Die Leute im Casino sind frei.«
    »Wie haben sie das geschafft?«
    »Glauben Sie mir, Sie werden besser schlafen, wenn Sie es nicht wissen.«
    Es gab eine kurze Pause bevor Rawlins etwas erwiderte. »Danke für Ihre Hilfe.« Dann legte er auf.
    Nicole lief zu Janet hinüber, die gerade versuchte, sich aufzusetzen. Tränen strömten ihr Gesicht hinunter, doch sie schien sie gar nicht zu bemerken.
    »Warten Sie, ich helfe Ihnen.«
    »Danke. Oh Gott, ich danke Ihnen so sehr! Sie können sich gar nicht vorstellen, was wir durchgemacht haben.«
    »Es ist vorbei, Janet«, redete Nicole ruhig auf sie ein.
    »Ich habe immer wieder um Hilfe gerufen, aber niemand kam. Nur diese Monster. Sie kamen immer wieder und gingen auf uns los. Gott, die Schmerzen… Wenn Sie nicht gekommen wären.«
    »Na ja«, erwiderte Nicole. »Ohne Sie hätte ich ganz schön dumm
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