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097 - In den Klauen des Daemons

097 - In den Klauen des Daemons

Titel: 097 - In den Klauen des Daemons
Autoren: W. A. Travers
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nie so wie er verhalten. Wahrscheinlich wäre er bei dem Anblick tot umgefallen.
     

     
    Die Kultur war uralt. Sie war völlig abgekapselt von der Umwelt entstanden. Hier, mitten im Dschungel, hatte sie ihren Platz. Die Priester wußten wohl, daß es irgendwo auch andere Menschen gab. Aber sie hatten keine Lust, ihre Stadt zu verlassen. Hier waren sie sicher. Ihre Vorfahren waren Verfolgte gewesen. Einst hatten sie eine hohe Kultur aufgebaut. Sie besaßen Dinge, die anderen wie Zauberwerk vorkamen, ja sie bauten sogar Flugapparate. Aber sie waren auch sehr kriegsunerfahren. Als Barbaren ins Land einfielen, wurde alles zerstört, und viele Menschen mußten ihr Leben lassen. Einige konnten fliehen. Sie wandten sich dem Dschungel zu, der Natur, die weniger erbarmungslos war als die Mitmenschen.
    Im Dschungel hatten sie neu begonnen. Sie hatten eine Stadt gebaut – eine Stadt mit einer hohen, stabilen Mauer. Waffen wurden geschmiedet. Man richtete sich auf Verteidigung ein. Dabei gingen zwangsläufig eine Menge Errungenschaften auf anderen Gebieten verloren. Als keine Gegner kamen und die Kriegskunst vernachlässigt werden konnte, wendete man sich wieder den alten Dingen zu. Doch war es schwierig, den einmal erreichten Stand wieder zu erarbeiten. Es war auch schwierig, wenn nicht unmöglich, den überlieferten Schriften zu entnehmen, wie man beispielsweise jene Flugapparate bauen sollte. Aber man brauchte sie auch nicht. Die Stadt im Dschungel war nicht sehr groß. Die Entfernungen ließen sich zu Fuß überbrücken. Maschinen zur Beförderung waren uninteressant. Zum Einbringen der Ernte dienten neben der menschlichen Muskelkraft einfache Geräte. Dennoch forschten die Priester weiter. Sie stellten viele Experimente an, erfanden sogar eine Art Dampfmaschine. Alles war mehr oder weniger nur Spielzeug. Sie glaubten, alle neuen Errungenschaften wären Geschenke der Götter, denn diese hatten dem Menschen den Verstand gegeben, damit er ihn gebrauche.
    Man gefiel den Göttern, wenn man ihnen zeigte, daß man mit seinem Verstand auch tatsächlich umzugehen wußte. Jahrtausende vergingen, während die Priester immer mehr Wissen ansammelten. Sie erfanden Dinge, die unfaßbar waren – alles, nur, um den Göttern zu gefallen. Forschung war sozusagen ein religiöser Zwang und kein Zwang aus einer Notsituation heraus. Eines Tages gelang ihnen ein besonders großer Wurf. Längst schon besaßen sie elektrisches Licht und konnten nachts, wenn es kühler wurde, ihre Häuser mit seltsamen elektrischen Gerätschaften beheizen. Aber der elektrische Strom mußte irgendwie erzeugt werden. Da waren natürlich die Dampfmaschinen, die man bis zur Perfektion entwickelt hatte, und die Generatoren antrieben. Später waren andere Entdeckungen gemacht worden. Man verstand es, Pflanzenteile chemisch umzuwandeln und aus den Endprodukten eine Lösung zu entwickeln, die leicht brennbar war. Es war ein guter Stoff, um Maschinen anzutreiben. All dies aber war immer noch ungenügend. Bis die Priester ein seltsames Gestein entdeckten, das man aus der Tiefe der Erde unterhalb der Stadt fördern konnte.
    Sie ahnten nicht, daß sie fast reines Plutonium gefunden hatten. Sie gingen arglos damit um und ignorierten die Strahlung, die ihre Körper zerstörte. Im Gegenteil, wenn sie davon krank wurden und sogar starben, sagten sie sich nur, daß die Götter mit ihnen offensichtlich unzufrieden waren. Sie hatten den Menschen etwas geschenkt, mit dem diese nichts Rechtes anzufangen wußten. Die Priester studierten weiter das Plutonium. Die Stadt begann auszusterben. Die meisten Menschen wurden steril, oder mißgestaltete Kinder kamen auf die Welt. Die Priester hatten Angst – leider aber nicht vor dem Plutonium, sondern vor den Göttern. Bis ihnen eines Tages durch Zufall etwas gelang, wovon die spätere Menschheit nur zu träumen wagte: Sie konnten Atomkraft direkt in elektrische Energie umwandeln, und zwar nicht über den komplizierten Umweg von Reaktoren. Sofort bauten sie sich einen unterirdischen Maschinenpark und förderten mehr Plutonium als jemals zuvor. Sie ahnten nichts von der sogenannten kritischen Masse. Die Mengen, mit denen sie vorher operiert hatten, waren dazu noch nicht ausreichend gewesen. Der Zufall hatte sie geschützt. Jetzt aber, da sie immer mehr Plutonium förderten und zusammentrugen, schaufelten sie sich ihr eigenes Grab. Das Plutonium erreichte eine Menge, bei der die sich atomar abspielenden Prozesse in eine Kettenreaktion
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