Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
095 - Ruine der Kopflosen

095 - Ruine der Kopflosen

Titel: 095 - Ruine der Kopflosen
Autoren: Larry Brent
Vom Netzwerk:
weniger
ernsthaft Kranken benutzen konnten. Dort gab es Ausgänge, von denen man in den
nahen Wald und auf in die Berge führende Spazierwege gelangte.
    Doch
diesen Luxus genossen die wenigsten.
    Walt
McTobish gab sich mit seinen Spaziergängen im Garten zufrieden, der so
großzügig angelegt war, daß man schon von einem Park sprechen mußte.
    Die
Vögel zwitscherten, und das erste Tageslicht zeigte sich verstohlen im Osten.
Walt trug einen blauen Trainingsanzug mit orangefarbenen Streifen. Das
taufeuchte Gras raschelte unter seinen Schritten. Es war ein herrlicher Morgen,
und er genoß in vollen Zügen die frische Luft, die hier in den Bergen
herrschte.
    Die
nächste Autostraße lag meilenweit entfernt. Hierher kamen nur die
Versorgungsfahrzeuge, die Autos der Angestellten und der Besucher. Hinter fast
allen Fenstern war es noch dunkel. Die meisten Patienten schliefen noch.
    Walt
ging zwischen den Blumenbeeten spazieren, dann auf dem Rasen zwischen Bäumen
und Sträuchern entlang.
    Niemand
befand sich in seiner Nähe, niemand kontrollierte ihn.
    Er
rieb seine rötliche Knollennase und lächelte stillvergnügt vor sich hin.
    Anfangs
hatte er getobt und geschrien, als er erkannte, daß er in einer geschlossenen
Anstalt festgehalten wurde. Aber schnell merkte er, daß ihm dies nur zum
Schaden gereichte. Also fing er es anders an. Er wurde ruhiger, ausgeglichener,
schien sich in sein Schicksal zu fügen und vor allem zu erkennen, daß ihm hier
die Welt nichts Böses wollte.
    Schließlich
war er ein Verrückter! Das glaubten alle. Nur er selbst nicht. Aber innerhalb
einer solchen Anstalt war das schwer zu beweisen.
    Eines
war sicher: Er hatte eindeutig versucht, seine Frau zu töten. Psychiater hatten
ihn untersucht, da seine Frau angab, daß er sie schon des öfteren geschlagen
habe. Das stimmte. Aber das hing damit zusammen, daß sie ihm den Whisky
versteckt und schließlich in den Ausguß gekippt hatte.
    Er
war Trinker gewesen, und der reichlich genossene Alkohol, so sagten die
Fachleute, hätte sein Ich und seine Intelligenz zerstört.
    Walt
war nicht mehr voll zurechnungsfähig, und sein ganzes Seelenleben eine einzige
Ruine. Der Haß auf seine Familie hatte eine solche Form angenommen, daß er zu
recht hier eingewiesen wurde. Eine Aussicht auf Entlassung bestand vorerst
nicht. Es war zwar eine Besserung eingetreten, aber die Ärzte schoben das mehr
der ruhigen und ausgeglichenen Zeit in diesem Heim zu, als der medikamentösen
Behandlung.
    Ein
wenig gebückt, als würde eine Last auf seinen Schultern liegen, ging Walt
McTobish durch den Park. Das Heimgebäude war nur noch andeutungsweise hinter
den Blätterwänden wahrnehmbar.
    Er
schien allein in diesem grünen Paradies zu sein. Die aufgeworfenen, ein wenig
rissigen Lippen des Dreiundfünfzigjährigen zuckten. Walt war aufs äußerste
erregt, aber er ließ es sich nicht anmerken.
    Heute
war es soweit!
    Seit
Monaten arbeitete er an dem Plan, von hier zu verschwinden.
    Dieser
Teil des Gartens war von einer fünf Meter hohen steinernen Mauer umgeben. Unter
normalen Umständen war sie unüberwindlich. Aber diese Umstände existierten seit
einiger Zeit für Walt McTobish nicht mehr.
    Hinter
dem Buschwerk fand er auf Anhieb die Stelle, an der er gearbeitet hatte. Unter
dem untersten Stein an der Mauer lag die Eisenfeile. Nur dieses eine Instrument
hatte er an sich genommen, um die Gefahr, daß ein Fehlen von Bestecken und
Geräten bemerkt würde, so gering wie möglich zu halten.
    Er
holte die Feile hervor und begann, die Fugen eines Steines nachzuziehen, der
etwa einen halben Meter über dem Boden lag. Was aussah wie alter Mörtel,
entpuppte sich als lockere Erde, die sich abkratzen ließ. Eine Weile später
konnte er den Stein herausnehmen und hatte damit eine Kerbe in der Wand, die
ausreichte, um seinen Fuß hineinzustellen.
    Vorsichtig
legte Walt den Stein auf den weichen Laubboden und reckte dann beide Arme weit
in die Höhe. Auch hier oben befand sich bereits ein präparierter Stein, aus
dessen Fugen er nur die feuchte, leicht angedrückte Erde entfernen mußte. Der
Stein fiel fast von selbst.
    Die
mühsame Kleinarbeit von Monaten trug nun ihre Früchte. Jetzt brauchte er nur
noch zu ernten.
    Walt
McTobish stellte einen Fuß in die unterste Kerbe und hielt sich mit der anderen
Hand oben fest. In der Mitte saßen weitere gelockerte Steine, die er Millimeter
für Millimeter aus dem Mörtel löste. Auf diese Weise entstanden in bestimmten
Abständen Stufen, die er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher