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0931 - Shinigami

0931 - Shinigami

Titel: 0931 - Shinigami
Autoren: Susanne Picard
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Bluse eines japanischen Lehnsmanns und hatte seine lackschwarzen Haare hochgesteckt. Seine Hand lag elegant auf dem Griff seines Kâtana, das in einer kunstvoll gefertigten Scheide an seinem Gürtel hing. Sein Gesicht schien aus einer Maske zu bestehen, die absolute Ruhe ausstrahlte. Wie die Maske eines No-Theaterstückes , dachte Nicole. Beinahe wie eine Onna-, eine Frauenmaske. Die Maske schien eine wunderbare Lackarbeit zu sein, elfenbeinfarben, mit einem Hauch von Gold und Rosa da, wo die Lippen waren und die Wangen. Die Augen waren dunkel und in den Höhlen nicht zu sehen.
    »Du bist der Shinigami«, sagte sie schließlich. Die Menschen waren ihr in diesem Moment egal.
    Der Geist verneigte sich stumm, richtete sich wieder auf und nickte einmal. Nicole sah verwirrt auf sein maskenhaftes Gesicht, das in seiner perfekten Gelassenheit beinahe gleichgültig wirkte.
    »Hast du keine Angst, gesehen zu werden?«
    »Diese Menschen können uns nicht sehen und nicht hören. Für sie steht in diesem Moment die Zeit.«
    Nicole stutzte. »Wie kann das sein?«
    »In bestimmten Momenten ist mir die Macht dazu gegeben. Diese Frau hier ist gerade gestorben«, sagte der Shinigami. »Und dank ihr und den Ereignissen gerade kann ich jetzt sagen, wie ich meine Aufgabe erfüllen kann.«
    Nicole starrte den Shinigami an. Sie war sprachlos. »Wovon redest du da?«
    »Ich bin gekommen, um CHAVACH zu jagen. Diese junge Frau wurde von ihm verfolgt.«
    Nicole nickte. »Das weiß ich. Ich wollte sie vor ihm beschützen, doch ich habe versagt.«
    »Das hast du nicht, verehrte Weißmagierin«, erwiderte der Shinigami sofort. »Du konntest ihr die Würde zurückgeben, die CHAVACH ihr genommen hatte. Das war alles, was sie wünschte. Weder du noch ich hätten die Macht gehabt, ihren Tod zu verhindern, da sie selbst ihn von Herzen wollte.«
    Nicole sah auf die Leiche hinunter. Alphonsines Gesichtsausdruck war der eines schlafenden Kindes, ruhig und friedlich schien sie gestorben, mit sich selbst im Reinen. Nicole wusste auf einmal, dass der Shinigami recht hatte. Sie hatte getan, was in ihrer Macht stand. Manchmal gehörte es dazu, dass man ein Leben nicht retten konnte.
    »CHAVACH ist mächtig«, fuhr der Totengeist fort. »Mir wurde aufgetragen, ihn zu fangen und dich zu finden. Ich habe dich gefunden.«
    »Aber du hast CHAVACH doch noch nicht gefangen. Ich will das genauso sehr wie du, wir müssen das zusammen tun, vielleicht gelingt es einem von uns nicht, wenn er so mächtig ist«, rief Nicole aufgeregt. »Wo ist er? Wir müssen ihn vernichten!«
    Der Shinigami antwortete nicht sofort. Stattdessen zog er langsam das Schwert, das aufblitzte und in einer unsichtbaren Lichtquelle gleißte. Er neigte seinen Kopf und Nicole bemerkte erstaunt, dass sich mit ihrem Betrachtungswinkel auch sein Gesichtsausdruck änderte. Als sie gerade auf sein Gesicht, diese Maske gesehen hatte, hatte es noch Ruhe ausgestrahlt, und Frieden, beinahe Gleichgültigkeit. Jetzt, wo sie es mehr von oben sah, schien es zu lächeln. Der Shinigami berührte mit der Spitze seines Schwertes erst die Stirn, dann den Mund, dann die Brust Alphonsines und Nicole bemerkte, dass sich bei dem Kontakt winzige Lichtschwaden aus den jeweiligen Körperteilen lösten. Als der Shinigami das Schwert wieder hob, hatten sich diese winzigen silbrigen Schwaden zu einem leuchtenden kleinen Ball zusammengefunden, der auf der Spitze des rasiermesserscharfen Kâtana zu schweben schien.
    »Ich werde der Seele dieser Frau den Übergang ermöglichen. Dann werde ich mich wieder der Aufgabe widmen, CHAVACH zu finden«, sagte der Shinigami, dessen Maske Nicole jetzt zum ersten Mal direkt ansah und dadurch beinahe einen grimmigen Ausdruck bekommen hatte.
    »Das ist es, was ich für sie tun kann und mit Erlaubnis von Uriel werde ich sie begleiten. Wir beide, verehrte Weißmagierin, werden uns wiedersehen. Wir werden CHAVACH zusammen jagen und finden.«
    Mit diesen Worten barg er die silbrige Lichtkugel, Alphonsines Seele, vorsichtig in seiner hohlen Hand, als trüge er ein rohes Ei. Das Kâtana schob er so schnell zurück in die Scheide, dass Nicole die Bewegung fast nicht mitbekam.
    Noch einmal verneigte sich der Shinigami tief vor ihr. »Seid meines tief empfundenen Respekts sicher, verehrte Weißmagierin. Bis zum nächsten Wiedersehen sage ich Lebewohl zu Euch.«
    Damit verblasste seine Gestalt und verschwand.
    Nicole blinzelte, doch der Shinigami blieb verschwunden.
    Plötzlich registrierte Nicole
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