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0931 - Shinigami

0931 - Shinigami

Titel: 0931 - Shinigami
Autoren: Susanne Picard
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den Blick furchtlos. »An ein sehr östliches Ausland. Fernöstlich. Um genau zu sein, dachte ich an einen Auftrag in Japan.«
    Landru nickte und zog nach einigem Wühlen eine gelbe Mappe aus dem Aktenstapel. »Japan also. Da hätte ich in der Tat einen besonders seltsamen Fall, der wie auf Sie und Ihre Fähigkeiten zugeschnitten scheint - Madame Deneuve…«
    ***
    Epilog
    Yasmina Azari betrachtete stolz ihr Werk.
    Die weißen Zeichen prangten ordentlicher als je zuvor in einem Kreis um die sehr elegant gekleidete ältere Dame, die in einem Louis-Seize-Sessel in ihrem riesigen Wohnzimmer direkt unter dem Kronleuchter saß und darauf bestanden hatte, ihren Pekinesen auf dem Schoß zu behalten.
    Furchtsam sah die Dame mit den leicht buttercremefarbenen Locken zu Yasmina auf, die sich jetzt vor sie gestellt hatte. Die verkrachte Orientalistikstudentin trug einen seidenen, goldgestickten marokkanischen Burnus ohne Kapuze und hatte sich mit goldener Schminke ein geheimnisvolles Äußeres gegeben, das sie der Büste von Nofretete abgeschaut hatte.
    »Madame Auteuil, bitte schließen Sie die Augen«, sagte Yasmina jetzt mit gut eingeübter Grabesstimme. »Ich werde jetzt mit Daisuke-Sama, dem japanischen Totengeist, Kontakt aufnehmen, mit dem ich in Verbindung stehe. Er hat ein sehr martialisches Aussehen, das Sie erschrecken könnte.«
    Gehorsam schloss Madame Auteuil die Augen und drückte Chouchou fester an sich. »Und mit ihm werde ich einen Pakt abschließen können, im Falle meines Todes ins Paradies eingehen zu können?«
    »Das verspreche ich. Dank meiner Fürsprache wird es gelingen«, sagte Yasmina würdevoll. Sie breitete theatralisch die Arme aus und begann, das alte griechisch-orthodoxe Kirchenlied zu Ehren des Erzengels Uriel zu singen.
    Sie genoss die sanfte Melodie, und als die letzten Töne des Jahrhunderte, ja, Jahrtausende alten Liedes verklangen, öffnete sie langsam die Augen - für den Fall, dass diese einfältige Madame Auteuil ihre Anweisungen nicht befolgte. Aber sie merkte erleichtert und zufrieden, dass die Alte brav die Augen geschlossen hielt, ja, einen seltsam entrückten Ausdruck auf dem Gesicht hatte. Nur der kleine Köter knurrte grimmig vor sich hin, aber das war Yasmina egal.
    Sie begann, einige alt-aramäische Worte aus der Kabbala aufzusagen, als auf einmal ein Schatten auf sie fiel. Ein kalter Windhauch wehte durch das luxuriöse Wohnzimmer mit den Stuckdecken, und ein weiches Rascheln war zu hören.
    »Du hast mich gerufen«, hörte Yasmina eine unendlich sanfte Stimme dicht an ihrem Ohr. Sie fuhr erschrocken zurück und sah zur Quelle der Stimme hin. Eine schlanke, hochgewachsene Gestalt stand neben ihr und sah aus bernsteinfarbenen Augen auf sie hinunter. Oder durch mich hindurch , dachte Yasmina und unterdrückte ein Schaudern.
    »Du scheinst mich nicht erwartet zu haben«, hörte sie wieder die leise Stimme im Ohr. Sie klang spöttisch, aber auch so, dass klar war, sie hatte durchaus nicht vor, mit sich spaßen zu lassen.
    »Ich… ich…« Yasmina räusperte sich, brachte aber keinen Ton über die Lippen. Die ganze Aura der Gestalt war kalt und hatte etwas so Machtvolles an sich, dass es ihr eine Heidenangst einjagte. Riesige weite Flügel aus pechschwarzen, beinahe blau glänzenden Federn bewegten sich unablässig leicht, als wollten sie den in einen überaus eleganten, maßgeschneiderten und rabenschwarzen Anzug gekleideten Mann - oder war es eine Frau? Yasmina war nicht sicher - gleich davontragen. Ein Wust goldener Locken ringelte sich auf dem schön geformten Kopf.
    »Du kannst mich Uriel nennen«, sagte die Stimme wieder so dicht an ihrem Ohr, als lägen die Lippen direkt an der Ohrmuschel, obwohl dieser… Engel doch gerade auf nackten Füßen um die mucksmäuschenstille Madame Auteuil herumging und ihr dabei unendlich sanft über den Kopf strich. Chouchou hatte seine Schnauze schon längst in der Armbeuge seines Frauchens vergraben.
    »Und du bist Yasmina Azari.«
    Yasmina konnte nur nicken.
    Uriel blieb neben Madame Auteuil stehen. Seine Stimme klang jetzt wie gehärteter Stahl. »Die Zeit dieser Frau ist noch lange nicht gekommen. - Was du hier tust, Yasmina, ist nicht gestattet. Es stört den ordentlichen Lauf der Dinge. Du willst dich mit Kräften messen, die du nicht einschätzen kannst.«
    Yasmina öffnete den Mund, um sich zu rechtfertigen, doch Uriel kam ihr zuvor. Auf einmal, ohne, dass Yasmina seine Bewegung gesehen hätte, stand er dicht vor ihr, und Yasmina
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