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0911 - Nachtgestalten

0911 - Nachtgestalten

Titel: 0911 - Nachtgestalten
Autoren: Simon Borner
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Professor die Hand und schnippte mit den Fingern. »Sehen Sie, und genau das habe ich auch heute vor. Nur mit dem Unterschied, dass ich die Wartezeit sinnvoller zu nutzen gedenke. Seit Merlins Tod kämpfen wir an so vielen Fronten, sind so viele Entwicklungen ins Rollen geraten, dass ich einfach nicht untätig herumsitzen kann. Deswegen bin ich wiedergekommen: um hier von Nutzen zu sein, solange ich es dort nicht bin.«
    Der alte Butler senkte den Kopf und atmete aus. Er wirkte mit einem Mal amüsiert. »Und außerdem…«, begann er, brach aber sofort ab und schüttelte den Kopf, als wolle er sich dafür entschuldigen.
    »Nein, nein«, wehrte Zamorra ab. »Reden Sie ruhig. Außerdem?«
    William trat schweigend zum Tisch und begann, dem Professor bei seinen Aufräumarbeiten zu helfen. »Und außerdem garantiert uns niemand, dass die Prophezeiung überhaupt zutrifft. Oder richtig interpretiert wurde.«
    Nun war es am Meister des Übersinnlichen, amüsiert aus der Wäsche zu schauen. »Die Wahrscheinlichkeit ist minimal, oder?«, fragte er leise und sah William mit spürbarem Schalk im Blick an.
    »Weniger als minimal, Monsieur«, antwortete der Butler staubtrocken und schaltete die Computermonitore aus, die noch immer auf dem Tisch standen und Sternbilder zeigten. »Immerhin reden wir von Nostradamus…«
    ***
    Hölle
    Das ist das Schöne am sprichwörtlichen Boden unter den Füßen , dachte Asmodis, während er durch die altvertraute Umgebung der Hölle eilte. Man kann ihn wegziehen. Und dann sieht man, wie Menschen, die doch so fest zu stehen glaubten, auf einmal in der Luft hängen. Wartend auf den freien Fall, der mit einem Mal unvermeidbar ist.
    Es war eine ganze Weile her, dass der Dämon so optimistisch über seine spezielle Mission gedacht hatte. Aber jetzt kannte der Enthusiasmus, den er in seinem Innersten spürte, kaum noch Grenzen. Wenn er erst einmal bei LUZIFER war, würde Asmodis ihm nicht nur die Früchte seiner Arbeit präsentieren können, sondern den KAISER auch einladen, bei der Ernte eben dieser Früchte zuzuschauen. Asmodis hatte alles vorbereitet. Es war nahezu unmöglich, dass dieses Unternehmen noch anders endete, als er es geplant hatte.
    Etienne war der letzte Strohhalm gewesen, das wusste er. Deswegen hatte er sich den Kerl bis kurz vor Schluss aufgehoben: Er war Lucs ultimatives Rollenvorbild gewesen, das soziale non plus ultra. Der Rest der Clique, das hatte Asmodis schon an seinem ersten Tag in Lyon bemerkt, hatte Luc nur geduldet, weil Etienne es tat. Die Curdins hatten längst jeglichen realen Draht zu ihrem Sprössling verloren. Und weitere Freunde, weitere Bezugspersonen hatte der Junge nicht. Außer ihm.
    Und außer Marie , dachte Asmodis, aber auch dieses Problem ist behoben. Und das, wenn ich mich selbst mal loben darf, auf durchaus gelungene Art und Weise. Es kam selten vor, dass sich der Dämon wegen seiner eigenen Leistungen auf die Schulter klopfen wollte. Aber nun, im Angesicht der schier unlösbar erschienenen Aufgabe, JABOTH zu finden, konnte er sich einer immensen Genugtuung nicht erwehren. Es war geschafft.
    Alles, was letzten Endes noch dazu nötig gewesen war, waren eine einfahrende U-Bahn und ein kleiner Schubs.
    »Er wird es tun«, rief Asmodis einem vorbei eilenden Dämonenwesen zu, das ihn irritiert anblickte, aber nicht stehen blieb, sondern kopfschüttelnd weiter ging. »Davon bin ich überzeugt. Jetzt kann er gar nicht mehr anders.«
    Denn welche Bezugspunkte blieben ihm sonst noch? Wenn er tat, wie Asmodis erwartete, blieb nur noch der eine. Schach und matt.
    Oh, er hatte seine Hausaufgaben gemacht. Zweifellos. Gleich nachdem Asmodis das offenkundige schwarzmagische Potenzial des Jungen erkannt hatte - ein Potenzial, von dem Luc selbst zweifellos noch gar nichts wusste und das ihn wie eine von Menschen nicht erkennbare Aura umgab -, hatte er die Hölle kontaktiert und bei den Archivaren um Einblick in Lucs Vorgeschichte gebeten. Ein niederes Dämonenwesen namens Korellys hatte sich daraufhin untertänigst angeboten, Asmodis die gewünschten Informationen herauszusuchen und sie ihm zu übermitteln. Und genau das hatte es getan.
    Beim Gedanken an die Begebenheiten, die er auf diese Weise erfuhr, musste Asmodis laut auflachen. Es war einfach perfekt gewesen: Wutanfälle, selbst schon im zartesten Säuglingsalter. Eindeutige Hassprojektion auf Mitmenschen, ungesteuert und unkontrolliert - schließlich sogar mit Todesfolge. Dies waren Dinge, von denen Luc Curdin
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