Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0911 - Nachtgestalten

0911 - Nachtgestalten

Titel: 0911 - Nachtgestalten
Autoren: Simon Borner
Vom Netzwerk:
etwa nicht recht in der Annahme, dass diese Reise nicht über offiziell genehmigte Kanäle vonstatten ging?«
    Rachban seufzte frustriert und versuchte sich an einer Erklärung. »Als langjähriger Vertrauter…«
    »Ex-Vertrauter.«
    »… von Ministerpräsidentin Stygia verfüge ich über gewisse, übrigens nur auf dieses Projekt begrenzte Privilegien. Genau deswegen ist es ja so ungemein dringend, dass ich sie umgehend spreche.«
    »Wunderbar«, sagte der Türsteher, der sich abermals seinem Klemmbrett gewidmet hatte, und seine Stimme troff nahezu vor Ironie. »Dann richte ich ihr gerne aus, dass du auf ihre Rückmeldung wartest. Und jetzt bittet sie dich höflichst zu gehen!«
    »Lächerlich!«, schrie der Irrwisch. »Und was, wenn ich nicht gehe? Hä? Was machst du dann, du… du Kleiderschrank?«
    Der Dämon kritzelte noch etwas auf sein Brett, dann drehte er den Gegenstand um und zeigte ihn Rachban. Es war eine Zeichnung. Keine sehr detaillierte oder kunstvoll gefertigte, doch konnte der Irrwisch sofort erkennen, was sie darstellen sollte. »Dann«, sagte das Wesen genüsslich, »darf ich das hier mit dir machen, hat sie gesagt. Und wenn ich ehrlich sein soll, wollte ich immer schon mal wissen, wie so ein Irrwisch auf diese Behandlung reagiert. Also, Kleiner - wie sieht's aus.«
    Sprachlos starrte Rachban einige Sekunden lang auf das Klemmbrett. Dann auf den Dämon. Noch einmal aufs Klemmbrett.
    Und dann ging er.
    ***
    Château Montagne
    »Es liegt mir fern, Ihre Entscheidungen anzuzweifeln, aber sind Sie sicher, dass Sie damit die richtige Entscheidung getroffen haben?«
    Zamorra seufzte leise und sah von seinem Tisch auf. William stand im Türrahmen und blickte ihn fragend an, abwartend. »Sicher?«, fragte der Professor zurück. »Nein, das nun wirklich nicht. Aber ich bin überzeugt, zumindest momentan keine große Hilfe zu sein.«
    Der Butler runzelte die Stirn. Ganz leicht. » Monsieur le professeur , wenn Sie die Frage gestatten: Wäre es nicht effizienter, die weitere Entwicklung der Lage vor Ort zu beobachten? In Lyon?«
    Effizienz , dachte Zamorra und konnte sich eines leichten Schmunzelns nicht erwehren. Genau darum geht's ja, William… »Ja und nein«, antwortete er dann. »Verstehen Sie, aktuell gibt es nichts, was ich vor Ort für Pierre tun kann. Wir haben alle Tatorte abgeklappert, alle Berichte und Theorien besprochen. Alles, was reguläre Polizeiarbeit leisten kann, wurde geleistet.«
    »Und Ihr… Bonus, Monsieur?«
    »Der hilft mir im Moment nicht weiter. Ich habe alles in meiner Macht stehende versucht, vor Ort Antworten zu finden, auch auf magischem, übersinnlichem Weg. Es hat nicht funktioniert.«
    Zamorra sah in Williams Augen, dass der Butler diese Antwort für eine Ausrede hielt - auch wenn William viel zu sehr in seiner Rolle aufging, um sich diese Einstellung allzu sehr anmerken zu lassen. »Das ist keine Ausrede, William«, versuchte er es erneut.
    »Natürlich nicht«, bekräftigte der Angesprochene sofort. »Das würde ich auch niemals unterstellen wollen. Aber ich verstehe nicht ganz, wie Ihre Heimkehr hierher ins Château Montagne die Lyoner Polizei bei der Aufklärung einer Verbrechensserie helfen soll, die zumindest den Vermutungen Chefinspektor Robins zufolge übersinnlichen Ursprungs ist. Und die, wie Sie selbst nicht ausschlossen, auf die Nostradamus-Prophezeihung eines drohenden Untergangs zurückzuführen sein könnte.«
    »Genau deswegen«, sagte Zamorra leise und begann, die Unterlagen auf dem Tisch - jenes bunte Sammelsurium aus astronomischen und astrologischen Aufnahmen, Abhandlungen und Theorien - einzusammeln und in die Regale zu ordnen, die an den Wänden des Raumes standen. »Erinnern Sie sich noch an Terticus?«
    »Der römische Kaiser, dem Sie kürzlich in Trier begegneten?« William klang nun noch verwunderter.
    »So ist es. Damals habe ich Tage gebraucht, um auf die richtige Spur zu kommen. Ich habe mich von Nebensächlichkeiten und Theorien ablenken lassen, ohne die eigentlich zum Ziel führende Erkenntnis in meinen Geist zu lassen. Ich war… ja, ich war müßig , William. So könnte man es wohl ausdrücken. Ich habe wertvolle Zeit damit verschwendet, auf das Eintreffen der nächsten Katastrophen zu warten, weil mir mein Intellekt nicht weiterhalf.« [3]
    William schüttelte energisch den Kopf. »Monsieur, so weit ich mit dem betreffenden Fall vertraut bin, hatten Sie auch gar keine andere Wahl! Sie haben absolut richtig gehandelt.«
    Lächelnd hob der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher