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0911 - In der Knochengruft

0911 - In der Knochengruft

Titel: 0911 - In der Knochengruft
Autoren: Jason Dark
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ärgerte sich schon über ihre schmutzigen Finger, als sie plötzlich in der Bewegung erstarrte. Sie glaubte, ersticken zu müssen. Jetzt, wo ihr Blick frei war, sah sie, was die Steine zuvor verborgen hatten.
    Es waren zwei Knochen!
    ***
    Für Gilda Madson fror die Welt ein. Sie schrie nicht und wunderte sich selbst darüber. Hätte sie in einen Spiegel geschaut, wäre ihr die eigene Blässe sicherlich aufgefallen. Der Atem floß nicht mehr normal über die Lippen, sondern stoßweise, und sie merkte auch, daß ihr Herz plötzlich schneller schlug.
    Gilda Madson gehörte zu den Frauen, die gern alles perfekt machten. Sie haßte die Unordnung ebenso wie den Schmutz. Sie ging in ihrer Tätigkeit wirklich voll und ganz auf. Sie schimpfte trotzdem nie, wenn Barney schmutzig aber mit strahlenden Augen seine Beute präsentierte, das hier aber ging entschieden zu weit.
    Zwei Knochen!
    Menschliche Knochen? Wenn ja, wo hatte er sie gefunden?
    Sie merkte die Spannung in ihren Knien und mußte sich erst mal erheben. Etwas taumelig ging sie zurück, blieb dann stehen und schaute sich aus einer sicheren Entfernung die makabren Fundstücke an.
    Sie waren nicht weiß, aber auch nicht dunkelgelb, wie man es von alten Gebeinen her kannte. Möglicherweise waren sie einmal gelb gewesen, dann hatte ihr Sohn sie eben gereinigt. In dieser Hinsicht traute sie Barney einiges zu.
    Gilda ertappte sich bei dem Gedanken daran, wozu die Knochen wohl gehören konnten. Zu einem Arm oder zu einem Bein? Oder paßten sie in den Hüftbereich eines Menschen?
    Seltsamerweise blieb sie bei der Vermutung, daß hier Menschen- und keine Tierknochen vor ihr lagen, und sie stellte sich vor, daß ihr Barney, allein oder mit Freunden, auf einen Friedhof gegangen war, um dort Gräber zu öffnen.
    Das wäre ja schrecklich! Zuerst mußte sie aus dem Zimmer, denn sie hatte einen Geruch in der Nase, der ihr nicht gefiel. Die Knochen hatten beileibe nicht gestunken, ihr aber waren sie vorgekommen, als hätten sie einen alten Modergeruch abgestrahlt.
    Im Flur blieb sie erst stehen, holte tief Luft und bewegte sich anschließend mit wackligen Beinen die Treppe hinab, wobei sie noch immer den Kopf schüttelte.
    Erst im Wohnraum erlebte Gilda Madson wieder die heile Welt, die sie so mochte. An diesem sonnigen Frühlingstag fanden die herrlichen Strahlen den Weg durch die breite Scheibe und tupften gegen die hellen Kiefernmöbel mit den bunten Bezügen oder hinterließen Reflexe auf der Scheibe des Regalschranks an der Schmalseite.
    Dort standen auch einige Flaschen mit harten Getränken. Gilda hatte die Qual der Wahl und blieb vielleicht deshalb beim Scotch. Daß ihre Finger zitterten, als sie die Flasche öffnete, ärgerte sie. Es war nicht zu verhindern. In ihrer noch schwelenden Nervosität kippte sie zuviel Whisky in das Glas, was ihr aber doch egal war. Die Flasche stellte sie wieder ordnungsgemäß weg, nahm das Glas in die rechte Hand und trank den ersten Schluck.
    Am Morgen schmeckte er ihr nicht.
    Sie nahm trotzdem noch einen zweiten.
    Der bekam ihr schon besser.
    Mit dem Glas in der Hand wanderte die Frau durch den Wohnraum und dachte darüber nach, was sie ihren Sohn fragen würde, wenn er aus der Schule nach Hause kam. Sie ging auch an einer Glasscheibe im Schrank vorbei und blieb für einen Moment stehen, um sich selbst in der Scheibe betrachten zu können.
    Gilda sah eine relativ kleine Frau, die hellblaue Jeans trug und dazu ein dunkelblaues Sweatshirt mit der Aufschrift ›DO IT‹. Ein schmales Gesicht mit vielen Sommersprossen, eine ebenfalls schmale Nase, zu der die schmalen Lippen paßten, und rauchgraue Augen, die manchmal auch bläulich schimmerten. Das dunkelblonde Haar war halblang geschnitten und reichte ihr bis über die Ohren.
    Sie war eine normale Frau, vielleicht etwas klein, ansonsten gab es nichts Außergewöhnliches an ihr. Sie wollte nur ihren Job machen und die Kinder erziehen, mehr nicht. Aber an diesem Tag hatte sie das Grauen wie ein Eishauch gestreift, denn im Zimmer ihres Sohnes hatte sie zwei Menschenknochen gefunden.
    Oder etwa nicht?
    Vielleicht gehörten die Knochen doch einem Tier. Ausschließen wollte sie es nicht. Zudem zählte sie sich nicht zu den Fachfrauen. In der Küche trank sie das Glas leer, um es anschließend in der Spülmaschine verschwinden zu lassen.
    Alles war wieder okay - oder?
    Nein, da oben gab es noch die beiden Knochen, und ihre Existenz regte sie auf. Sie wollte sie einfach nicht in ihrer Wohnung haben,
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