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0911 - In der Knochengruft

0911 - In der Knochengruft

Titel: 0911 - In der Knochengruft
Autoren: Jason Dark
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Haar. Dann kam er wieder hoch. Die Chance für mich.
    Blitzartig hängte ich ihm das Kreuz um und ging einen kleinen Schritt zur Seite…
    ***
    Es war der Augenblick der Wahrheit. Ich konnte falsch liegen, aber ich glaubte es nicht, und ich lag auch nicht falsch, wie Croydon mir sehr bald bewies.
    Er schoß in die Höhe, so schnell, wie ein Korken an die Wasseroberfläche.
    Ich starrte ihn an.
    Er riß sein Maul auf, und genau dort, wo das Kreuz hing, glühte der Körper auf. Wie eine schaurige Insel leuchtete das rote Höllenlicht, das nicht auf diese Stelle beschränkt blieb, sondern den gesamten Körper erfaßte, in jeden einzelnen Knochen eindrang und ihn für mich sichtbar machte, als wäre die Haut nicht mehr vorhanden.
    Das Skelett stand vor mir. Es leuchtete rot, es zuckte, es zitterte, die Knochen schwangen hin und her, als bestünden sie aus Gummi, und es zog sich auch bis hinein in den Kopf, wo die einzelnen Knochen ebenfalls aussahen, als bestünden sie aus glühenden Lampen.
    »Croydon…?« flüsterte ich.
    Er reagierte. Allerdings nicht mehr wie ein Mensch. Urplötzlich brüllte er auf. Es war ein tierischer Laut, der aus seinem Maul, nicht mehr Mund, hervordrang. Den gab es nicht mehr, er war zerrissen und hatte dem Maul Platz geschaffen, das ich schon kannte. Dieser gewaltigen Öffnung in einer ebenfalls gewaltigen Fratze, besetzt mit mörderischen Zähnen, einem rauchartigen Körper, der nicht mehr fliehen konnte, denn ihn bannte die Macht des Kreuzes.
    Kein Allheilmittel im allgemeinen, in diesem Fall aber, wo höllisches Kräfte am Werk waren, half es.
    Seine Weiße Magie vernichtete die Gestalt. Es gab keinen Croydon mehr, er explodierte auch nicht wie Dennis Cross, er verging auf eine andere, nicht weniger schaurige Art und Weise.
    Seine roten Knochen, die bisher normal hart gewesen waren und auch einen gewissen Widerstand mit einbrachten, lösten sich plötzlich auf. Sie weichten ein, wurden zäher, sogar flüssig, denn sie liefen ineinander. Ob im Kopf, ob im Körper, keine Stelle blieb aus, und wie ein roter Saft fielen die Knochenstücke zusammen. Als wären sie nur mehr mächtige Tropfen.
    Der Geist des Zauberers verging geräuschlos. Es gab keine Zeugen, abgesehen von Barney und mir.
    Kein Klappern der Knochen, kein Schaben oder Brechen, es war einfach nichts zu hören.
    Kleidung sackte zusammen, fiel in die Lache hinein, und zuletzt folgte der fratzenhafte Kopf, der aussah, als wäre er von oben her plattgedrückt worden.
    In der Lachenmitte schimmerte mein Kreuz.
    Ich bückte mich und nahm es an mich. Nicht mal ein Tropfen fiel von ihm ab.
    Einen letzten Blick warf ich gegen den Rest. Zwei dunklere Augen schwammen zitternd in der weichen Masse. Dann glichen auch sie sich an, und ich wußte, daß ich die Reste nur mehr wegzuspülen brauchte. Es gab den Geist des Zauberers nicht mehr, und leider waren durch ihn noch zwei gute Menschen gestorben…
    ***
    Als ich in das Haus zurückgekehrt war, blieb der Junge an meiner Seite. Er schaute und hörte zu, wie ich nach einem Rettungswagen telefonierte. Er wollte wissen, für wen.
    »Für deine Eltern.«
    Bevor Barney zu stark erschrecken konnte, beruhigte ich ihn. »Beide leben, mein Junge. Es dient einzig und allein ihrer Sicherheit. Sie werden einige Tage im Krankenhaus zur Beobachtung bleiben müssen. Die Zeit wirst du doch überstehen, oder?«
    Er zögerte zunächst. »Ja, bestimmt.«
    »Na bitte.«
    »Kann ich denn nach oben?«
    »Nein«, erwiderte ich leise. »Du mußt mir schon vertrauen. Da oben«, ich hob die Schultern, »tja, was soll ich dazu sagen? Dort ist etwas passiert, über das wir besser nicht sprechen sollten. Wichtig ist nur, daß es dir und deinen Eltern gutgeht.«
    Barney schaute mich an. Er fixierte mich wie etwas völlig Fremdes. Dann warf er sich plötzlich in meine Arme, fing an zu weinen, und ich hörte ihn auch sprechen.
    »Ich mag dich, John«, flüsterte er unter Tränen. »Ich mag dich wirklich, ganz ehrlich.«
    »Toll. Danke, Barney, ich dich aber auch.« Dann lächelte ich, denn ein derartiges Kompliment kriegt man nicht alle Tage…
    ENDE
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