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0894 - Seelenbrand

0894 - Seelenbrand

Titel: 0894 - Seelenbrand
Autoren: Adrian Doyle
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Ratten. Der Schmied…
    Wie aus Glas schienen sie mit einem Mal gemacht. Vom Silberlicht durchdrungen und erfüllt, schrien sie auf, kreischten sie, schrill, als kratzten tausend Fingernägel über eine Schiefertafel. Es schmerzte in den Ohren, stach wie mit Nadeln ins Trommelfell und weiter bis ins Gehirn.
    Dann war es vorbei.
    Mit einem seltsam hörbaren Rieseln wurden Tier und Mensch zu Staub, der sich wie feinster Pulverschnee über den Boden breitete.
    Meredith konnte der Versuchung nicht widerstehen und setzte den Fuß dorthin, wo sie eben noch der Ratten wegen nicht hinzutreten gewagt hatte.
    Sie spürte den Staub - war es zermahlenes Glas? - unter ihrer Sohle. Und als sie den Fuß wieder hob, war der Staub verschwunden. Nur das feine Knirschen, mit dem er sich vollends aufgelöst haben musste, lag noch einen Atemzug lang in der Nacht.
    Auch darüber konnte sie sich nicht länger wundern. Denn schon geschah die nächste Merkwürdigkeit.
    Das Silberlicht wurde heller. So sah es jedenfalls aus, solange Meredith den Blick noch zu Boden gerichtet hielt. Als sie aufschaute, erkannte sie, dass der Quell des Lichtes näher gekommen war. Der Tupfen, der grell leuchtete und doch nicht ihre Augen blendete, hing da, nicht ganz ruhig, sondern pulsierend, wie ein Herz, und er bewegte sich um eine Kleinigkeit hierhin und dorthin - bis Meredith endlich auf ihn zuging. Da wich er vor ihr zurück, wie ein Irrlicht über dem Moor, das sie narren wollte.
    Und wie einem Irrlicht, wie gebannt, fasziniert, folgte Meredith dem winzigen Silberstern.
    Wohin er sie auch führen mochte…
    9.
    Gegenwart
    Warum… hilft… mir… denn… keiner…?
    Bildete er sich das ferne Wispern nur ein - oder empfing er wahrhaftig einen verzweifelten Hilferuf, kaum dass er begonnen hatte, das Iron-Forge-Gemälde mit dem magischen Licht, das aus dem Amulett drang, abzutasten?
    Zamorra war wie elektrisiert. Der Teil in ihm, der vor Sehnsucht und Sorge um Nicole beinahe SCHRIE, wollte ihn überwältigen. Aber er schaffte es, seine Gefühle im Zaum zu halten und seinen Geist weiter in die vom Amulett frei gesetzte Energie zu kanalisieren. Sich von ihr mitreißen zu lassen. Dem fernen Ruf entgegen…
    Schon einmal hatte er hier vor dem Gemälde gestanden und gemeint, eine vage Verbindung zu einem fernen Gegenpol hergestellt zu haben. Da waren Stimmen gewesen, zumindest das Echo solcher, und bis heute fragte er sich, woher sie gekommen waren. Aus den Tiefen des Tate… oder noch über diesen Ort hinaus…
    NICOLE?, sandte er seinen eigenen Ruf aus.
    Er fieberte der Reaktion entgegen, aber er wartete vergeblich. Auch der Eindruck, Worte von jenseits der Verbindung zu empfangen, wiederholte sich nicht.
    Dennoch wertete er es als Teilerfolg. Und als Ansporn, jetzt nicht aufzugeben.
    Aber er war angreifbar, extrem angreifbar, während er mit der energetischen Aura des Amuletts verschmolz. Und innerhalb der Kunstgalerie war das auf Dauer mehr als fahrlässig.
    Wenn er überrumpelt und getötet wurde, würde das auch Nicoles Schicksal ein für alle Mal besiegeln, davon war er überzeugt. Nein, er musste - so schwer es ihm fiel -, Abstand wahren. Musste den Balanceakt, das Kunststück versuchen, fortzuführen, was er begonnen hatte, und zugleich ein waches Auge für die Umgebung des Gemäldes haben.
    Das ganze Gebäude schien fest in feindlicher Hand zu sein. Und es gab unzählige Möglichkeiten, ihm neue »Truppen« entgegenzuschicken…
    ... auch wenn es auffiel, dass es ruhiger geworden war.
    Nach der Attacke des Schmieds war kein neuer Angriff mehr erfolgt. Hieß das möglicherweise, dass der Feind seine Kräfte gerade anderenorts bündelte? Aber wofür? Um gegen… Nicole anzugehen?
    Der Gedanke mobilisierte noch einmal Zamorras ganze Willenskraft. Zwar löste er seinen Geist aus dem Suchstrahl des Amuletts, aber er beendete die Aktivität von Merlins Stern nicht.
    Im Gegenteil.
    Schnell waren die Glyphen darauf noch einmal verschoben, und als er das Amulett losließ, haftete es von selbst an der Gemäldestelle, gegen die Zamorra es zuvor energisch gepresst hatte.
    Der Energiestrom, der unsichtbar aus seiner Rückseite in das Gemälde eindrang, war von Zamorra noch einmal intensiviert worden.
    Noch kraftvoller pulste er in jenes andere Kraftfeld hinein, mit dem das Bild, die dahinterliegende Wand und weite Teile des Tate gesättigt waren.
    Mit blitzenden Augen sah er sich im Saal um.
    Immer noch gaukelte der Raum trügerischen Frieden vor.
    Die nächste
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