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0894 - Seelenbrand

0894 - Seelenbrand

Titel: 0894 - Seelenbrand
Autoren: Adrian Doyle
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erreichte die Tür, die ins Freie hinausführte.
    Draußen herrschte finstere Nacht.
    »Meredith!«
    Klang er wirklich wütend? War er wütend?
    (Na, klar ist der wütend. Soll er ja auch…)
    Meredith unterdrückte einen Aufschrei, würgte ihn ab zu einem Wimmern, das aus Verzweiflung geboren war.
    Was geschah nur mit ihr? Was war hier los?!
    Weg, nur weg!
    Vielleicht konnte sie davonlaufen, vor allem - vor Robert, vor diesem Haus, vor sich selbst, vor dem, was aus ihrem Leben…
    … aus meinem Tod…
    ... geworden war.
    Sie lief durchs Dunkel, über den Hof, in den noch dunkleren Schatten zwischen zwei Gebäuden, so tief hinein, bis sie seine Mitte, wo er am schwärzesten war, erreichte.
    Ein letzter Schritt und…
    Unter ihrem Fuß - etwas Weiches. Etwas, das sich bewegte. Und Laute von sich gab. Ein Fiepen. Ein… Fauchen? Wie das einer wütenden Katze…?
    Nein, keine Katze. Nur etwas, das annähernd so groß war wie eine Katze und das sich jetzt unter ihrem Fuß hervorwand und an ihrem Knöchel vorbeistrich.
    Dann spürte sie auch am anderen Bein eine Berührung.
    Und auf einmal, kaum dass ihre Augen mit der Dunkelheit halbwegs fertig wurden und wenigstens unterschiedliche Schattierungen ausmachten, schien sich der größte Teil des Bodens um sie herum zu bewegen, beinahe zu brodeln.
    Den Aufschrei, der ihr jetzt aus der Kehle hervorbrach, konnte Meredith nicht unterdrücken.
    Während der unartikulierte Schrei ihrem Mund entfuhr, formulierte ihr Denken einen anderen: Ratten!
    ***
    Sie waren… nein, nicht überall…
    … mach dich nicht verrückt…
    ... aber sie waren fast überall.
    Wo Meredith' Blick hinfiel, wuselte die Dunkelheit, trippelten und huschten Schatten hierhin und dorthin, glänzten und glitzerten winzige Punkte wie Tropfen geronnener Nacht, verschwanden und tauchten anderswo wieder auf.
    Dutzende (hoffentlich nur Dutzende) kleiner Augen, die sie musterten, mit ihrem Blick maßen, taxierten.
    Wozu?
    Wollte sie das wirklich wissen? Wollte sie darüber auch nur nachdenken? Bestand nicht die Gefahr, dass dies genau der Tropfen war, der noch fehlte, um das mit Wahnsinn gefüllte Fass, das in ihr war, zum Überlaufen zu bringen?
    Meredith machte einen vorsichtigen Schritt. Sie musste sich beherrschen, es kostete sie spürbar Kraft, den Fuß behutsam auf den Boden zu setzen.
    Ja, eine freie Stelle.
    G ut.
    Nächster Schritt. Und wieder gelang es ihr, ihn nicht auf eine Ratte zu setzen, sondern zwischen zwei, drei, vier oder wer weiß wie viele. Sie wollte die genaue Zahl von Ratten, die es brauchte, um einen Quadratyard Boden zu füllen, gar nicht wissen, wollte sich nicht vorstellen, was eine solche Menge Ratten bei Licht besehen für einen Anblick bieten musste.
    Während sie mechanisch einen Fuß vor den anderen setzte, irrten ihre Gedanken ab, zurück zu dem, was vorhin geschehen war, zurück ins Haus, zurück zu Robert.
    Er hatte versucht… ja, was hatte er versucht?
    (Mich zu vergewaltigen!)
    Hatte er das?
    Meredith zitterte - oder bebte sie?
    Hatte sie es nicht auch gewollt? Ein bisschen jedenfalls, ein… Teil von ihr?
    (Ich hab's bestimmt nicht gewollt!)
    Sollte sie ihn suchen, zu ihm gehen, mit ihm reden, über… alles.
    »Meredith?!«
    Sein Ruf fräste sich durch die Nacht. Meredith hatte gehofft, nun so etwas wie Sorge darin zu hören. Sie wünschte sich, er hätte Angst um sie, nachdem sie in die Nacht geflohen war.
    Aber so hörte es sich nicht an. Im Gegenteil, Roberts Stimme war rau vor Wut. Einer Wut, der Meredith sich nicht ausgesetzt sehen wollte, weil sie fürchten musste, ihr buchstäblich zum Opfer zu fallen.
    Also weiter, fort, tiefer hinein in die Nacht, irgendwohin erst einmal, ein Versteck suchen, abwarten, wenigstens bis es hell wurde…
    Das muss doch zu schaffen sein, versuchte Meredith sich Mut zu machen.
    Fast gelang es ihr, ein klein wenig zumindest - doch das winzige Flämmchen, das in ihr zu flackern begonnen hatte, erlosch wie ausgeblasen.
    Ausgeblasen von der Gestalt, die am Ende des Durchlasses zwischen den Gebäuden erschien. Schwarz, ohne Tiefe, wie ein Loch, das in die Nacht hineingeschnitten worden war.
    Ein Scherenschnitt in Menschenform.
    Aber es war nicht Robert. Das erkannte Meredith, und sie erkannte auch, wer da vor ihr stand, nur drei, vier Schritte entfernt.
    Der Schmied. Ein wirkliches Monstrum von Mensch.
    Denn diesmal war sie sicher, dass sie nicht nur zu sehen glaubte, was sie da sah. Die Umrisse des Schmieds waren in ständiger Bewegung, als
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