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0894 - Seelenbrand

0894 - Seelenbrand

Titel: 0894 - Seelenbrand
Autoren: Adrian Doyle
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erledigt hatte.
    Es waren Dutzende.
    Aber die Genugtuung darüber erhielt einen herben Dämpfer, als er dort, wo er gerade »aufgeräumt« hatte, überall neue Ratten sah, die sich anstelle der getöteten positioniert hatten. Dutzende… nein… Barnabas wischte sich abermals den Schweiß aus Gesicht und Augen… es mussten Hunderte sein!
    Wo kamen die alle her? Eine solche Masse an Schädlingen hatte er nicht erwartet und erst recht nicht…
    ... dass sie sich so willfährig abschlachten ließen.
    Warum flüchteten sie nicht? Angesichts dieser Ratt enflut musste es auch zahllose Löcher, Gänge und Unterschlupfe geben, in die sie sich hätten zurückziehen können.
    Sie taten es nicht. Es war fast, als wollten sie von ihm hingemetzelt werden…
    Er stöhnte auf, weil ihm selbst das Heben der Stange, mit der er ausholen wollte, bereits schwer fiel. Irgendwie war es heller in der Schmiede geworden. Das Licht der Petroleumlampe reichte bis in die verstecktesten Winkel, wo weitere Heerscharen von Ratten bereitstanden. Überall war ein Fiepen, das jeden Versuch Bales, seine Gedanken zu ordnen, zum Scheitern verurteilte.
    »Was…« Kratzig setzte er zu einem Fluch an.
    In diesem Moment sprang die Ratte, auf die er gerade noch hatte einprügeln wollen, es aber nicht schaffte, weil die Eisenstange plötzlich Zentner zu wiegen schien.
    Sie sprang, als wäre sie von einem Katapult abgefeuert worden, und landete genau auf der Brust des Schmieds, wo ihn die Lederschürze leidlich schützte. Er legte sie nur ab, wenn er zu Bett ging, ansonsten hatte ihn niemand auf dem Anwesen jemals ohne sie gesehen.
    Und jetzt…
    Bale hatte das Gefühl, den Blick nur widerstrebend auf die Ratte richten zu können. Irgendetwas verlangsamte inzwischen auch seine Reflexe.
    ... jetzt bohrten sich die rasiermesserscharfen Krallen durch den Lederschutz und gruben sich ins Fleisch des Schmieds.
    Er schrie überrascht auf. Die Ratte hob den Kopf und blinzelte bösartig zu ihm herauf.
    Bale packte mit der freien Hand zu, bekam das Biest im Genick zu fassen und zerrte es mit einem Ruck von sich weg. Es zappelte in seiner Pranke, und dort, wo es sich festgehalten hatte, sprudelte seltsam gelb leuchtendes Blut aus Bales Wunden.
    Wie Eiter , dachte er benommen.
    Die Ratte in seiner Faust schrie schrill auf und brachte sich in Erinnerung. Bale mobilisierte noch einmal seine Wut und schleuderte den Nager gegen einen nahen Stützbalken. Der Aufprall brachte den Schrei zum Verstummen. Aber Barnabas Bale blieb keine Zeit, sich zu sammeln und die Situation neu zu bewerten. Die Ratten ließen ihm keine Gelegenheit. Sie waren plötzlich von allen Seiten heran, und als sie an ihm emporkletterten, war er außerstande, ihnen überhaupt noch Gegenwehr entgegenzubringen.
    Innerhalb weniger Sekunden bildeten sie ein wildes Knäuel um ihn herum, und ihr Gewicht wurde so immens, dass der Schmied darunter zusammenbrach. Röchelnd rang er nach Luft. Aber selbst in seinem Mund steckte inzwischen ein Rattenkopf, und kleine Pfoten drängten tiefer in seinen Schlund, tiefer und tiefer…
    ***
    Als er sich wieder erhob, war alle Schwäche von ihm abgefallen. Im Gegensatz zu den Ratten, die immer noch zu Dutzenden an ihm hingen. Sie vollzogen jede Bewegung mit, baumelten nur noch wie schmückende Accessoires an ihm. Sie hatten sich in seiner Kopfhaut verbissen, seinem Rumpf, seinen Armen und Beinen, selbst dort, wo das Gekröse des Schmieds unter Kleidung verborgen lag, schaukelten zwei, drei Nager wie tot hin und her.
    Barnabas Bale beachtete sie nicht weiter. Er wusste, was zu tun war, wusste es genau. Und obwohl ihm die Ratten die Augäpfel aus den Höhlen gefressen hatten, fand er sich blind in der Schmiede zurecht.
    Als Erstes ging er daran, das erloschene Feuer in der Esse neu zu entfachen. Während es von einem unnatürlichen Wind rasend schnell zur Weißglut getrieben wurde, suchte Bale das beste Stück Eisen aus, das seine zerstörten Augen finden konnten.
    Bald darauf hallten wuchtige Hammerschläge durch die Nacht, die aber wenige Schritte von der Schmiede entfernt jäh an Lautstärke verloren, als würden sie von einem Vakuum aufgesogen.
    Niemand auf dem Gut wurde von dem nächtlichen Treiben geweckt. Und wer wach war, bekam davon ebenfalls nichts mit. Das Anwesen war nur noch ein Schatten seiner früheren Pracht und diejenigen, die hier noch lebten, kümmerten sich mehr um sich selbst als um andere.
    Bale hatte bessere Zeiten erlebt. Aber dann war Lady Grosvenor
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