Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0890 - Die Vergessenen

0890 - Die Vergessenen

Titel: 0890 - Die Vergessenen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
entdeckt.
    »Wie du willst.«
    Auch unsere Landsleute wußten die Qualität der Würste aus Thüringen zu schätzen, denn es war ziemlich voll, und die beiden Verkäuferinnen die den runden Schwenkgrill umstanden, hatten wirklich alle Hände voll zu tun, um die Wünsche der hungrigen Kunden zu befriedigen. Ein Mann stand etwas abseits. Er war damit beschäftigt, kleine Brötchen aus einem großen Karton zu holen, sie einzuschneiden und sie auf ein Tablett zu legen. In den Schnitt wurden die Würste gelegt. Senf stand auch bereit, und ich ging etwas zur Seite, denn Bill wollte ja zwei Würste kaufen.
    Um mich herum schaute ich in die Gesichter von Frauen, Kindern und Männern. Die Kinder freuten sich besonders. Sie hatten ihren Spaß, wenn sie sich an den Spielzeugbuden etwas anschauen konnten, was aus dem Rahmen fiel und so gar nichts mit Gameboys oder Computern zu tun hatte, sondern da war, um die Phantasie zu fördern.
    So gab es viele Puzzles und Steckspiele aus Holz. Man konnte auch Bücher kaufen oder lustige Stofftiere. Die noch immer vorhandenen Dinos waren inzwischen zu Ladenhütern geworden. Sie waren out.
    »John!«
    Bill hatte meinen Namen über die Köpfe der Besucher hin weggerufen.
    Ich reckte den Hals und sah ihn wie einen Turm im Gedränge stehen, die beiden Hände mit den Wurstbrötchen angehoben.
    Ich nahm ihm eines ab, schaute es mir an und sah auch den hellen Streifen Senf auf der Wurst.
    »Na, was sagst du?«
    Ich nickte. »Sieht gut aus.«
    Bill kaute schon. »Es schmeckt auch gut. Wenn ich ehrlich sein soll, kann ich keinen Unterschied zu der Wurst erkennen, die wir in Germany gegessen haben.«
    Da wollte ich lieber selbst probieren und mußte meinem Freund recht geben, was ich durch mehrmaliges Nicken, denn mit vollem Mund spricht man ja bekanntlich nicht, tat.
    Wir aßen eine Wurst, was Bill aber nicht genug war. »Ich muß noch eine zweite haben«, sagte er. »Man sollte jede Chance nutzen, denke ich mal.«
    »Ja, dann bring mir auch noch eine mit.«
    Er strahlte mich an. »Ich wußte es. Ich wußte es genau, Mr. John Sinclair.«
    Die Hände hatte ich mir an der Serviette abgeputzt und wartete auf die nächste Wurst.
    Seit unserer Ankunft war einige Zeit vergangen, und das Licht hier draußen hatte sich auch verändert. Der Nachmittag neigte sich dem Ende entgegen, der nahe Abend war zu spüren, und die Dämmerung streckte bereits ihre ersten Fühler aus.
    Ich hatte mich so hingestellt, daß ich nicht weitergeschoben werden konnte. Immer wieder glitten meine Blicke über die Gesichter der Menschen hinweg, und ich war erstaunt, daß ich in denen der Erwachsenen nicht viel Fröhlichkeit entdeckte.
    Sie wirkten irgendwie verbissen, auch etwas ängstlich, als würde ein jeder gewissen Sorgen mit sich herumtragen.
    Ich war hier ein Fremder. Man schaute mich an, man war skeptisch und vorsichtig, man sprach mich aber nicht an. Die Menschen behielten ihre Gedanken lieber für sich.
    Warum?
    War ihnen das gleiche widerfahren wie uns? Hatten sie ebenfalls die unheimliche Kraft gespürt, die dicht unter der Erde dahingerast war?
    Bill kam mit den beiden Würsten zu mir. »Eines sage ich dir, ein drittes esse ich nicht.«
    Er hob die Schultern. »Das ist eben dein Problem.«
    »Stimmt.«
    Meinem Freund schmeckte es. Er unterschied sich in nichts von den anderen Besuchern des Weihnachtsmarktes. Bei jedem Biß in die Wurst breitete sich Fröhlichkeit auf seinem Gesicht aus.
    Ich dachte daran, wenn ich die letzten Jahre Revue passieren ließ, daß es uns oder mich eigentlich immer erwischt hatte. Dämonen kannten keine Weihnachtsferien, und auch mit dieser Reise so kurz vor dem Fest hatte ich nicht gerechnet.
    Ich würde aber, falls wir den Fall lösten, nicht mehr zurück nach London kehren, sondern gleich weiterfahren nach Schottland, denn das Versprechen, seit Jahren mal wieder Weihnachten mit meinen Eltern zu feiern, wollte ich unter allen Umständen halten. Ich hatte ja schon Urlaub und hätte eigentlich auf dem Weg sein müssen, statt dessen trieb ich mich in dieser Ecke herum.
    »Worüber denkst du nach?« fragte Bill.
    Ich biß ein Stück Wurst ab und hob die Schultern.
    »Willst du es mir nicht sagen?«
    »Doch, ich dachte gerade daran, daß sich meine Eltern verdammt freuen werden, wenn ich bei ihnen pünktlich auftauche.«
    Über sein Brötchen hinweg schaute mich Bill mit großen Augen an.
    »Warum solltest du unpünktlich sein?«
    »Man weiß ja nie, wie es läuft.«
    »Da hast du recht.« Er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher