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0890 - Die Vergessenen

0890 - Die Vergessenen

Titel: 0890 - Die Vergessenen
Autoren: Jason Dark
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froh, daß nichts weiter passiert war.
    Uns umgab eine kühle Winterluft, durchzogen von den herrlichen Gerüchen des Weihnachtsmarktes, so daß sich bei mir ein gewisses Hungergefühl einstellte.
    Bill erging es nicht anders, und er wettete darauf, daß wir uns die eine oder andere Bratwurst schmecken lassen würden. Dabei erinnerte er mich an einen Fall, der gut zwei Jahre zurücklag. Damals hatte ich gemeinsam mit der Familie Conolly in einem kleinen Feriendorf im Bayrischen Wald Urlaub gemacht, und auf dem dortigen Weihnachtsmarkt hatten wir köstliche Speisen gegessen.
    »Denk nur nicht, daß du hier die gleichen Spezialitäten bekommst«, warnte ich Bill.
    »Warum denn nicht?«
    »Hier ist nicht Germany.«
    »Aber Europa.«
    »Das schon. Ob allerdings auf Weihnachtsmärkten schon europäisch gedacht wird, steht in den Sternen. Ich jedenfalls kann es mir kaum vorstellen.«
    »Wir werden sehen.«
    Zunächst kümmerten wir uns um die Zimmer. Da wir den Wagen direkt vor dem Gasthaus hatten parken können, brauchten wir nicht weit zu laufen. Der Bau war nur ein Stockwerk hoch, auf seinem Dach schimmerte grünes Moos, und aus seinem Schornstein quoll dicker Rauch in den Himmel, der sich ebenfalls grau und bedeckt zeigte und so gar nichts mit winterlicher Klarheit zu tun hatte.
    Es gab nur einen Eingang. Bill, der vorging, schob die Tür auf. Uns hallte Lachen entgegen, in das sich auch der Klang einiger Männerstimmen mischte. Wir standen in einem Flur, sahen vor uns eine Treppe, aber der Weg in die Gaststube führte nach links.
    Es war ein großer Raum mit niedriger Decke, die im Laufe der Zeit eine Patina aus Rauch und Staub bekommen hatte und sich kaum vom Himmel draußen unterschied.
    Ein Wirt, der ein längliches Gesicht hatte und traurige Augen, schaute von seinem Zapfhahn hoch, als wir den Raum betraten. Er zog seine Brauen zusammen, grinste dann und meinte, ohne die Arbeit des Zapfens zu unterbrechen.
    »Sie sind die beiden Bekannten, die Ferry geschickt hat.«
    »Ja«, sagte Bill, »sind wir.«
    »Moment.« Er zapfte weiter, drehte aber den Kopf und rief über die Schulter zurück. »Milly.«
    Eine Tür öffnete sich. Heraus trat eine rundliche Frau im weißen Kittel, den sie über ihren Pullover gezogen hatte. Sie wischte ihre Hände ab, denn sie sah so aus, als wäre sie gerade aus der Küche gekommen.
    »Was ist denn?«
    »Hier sind die beiden Gäste.«
    »Aha.«
    »Kümmerst du dich um sie?«
    »Klar, mach ich.« Sie gab uns mit der Hand ein Zeichen und bat uns zugleich, in den Flur zu kommen, wo wir alles regeln würden.
    Dort trafen wir zusammen. Milly lächelte. In ihrem runden Gesicht sahen die Wangen rot und frisch aus, und um die Augen herum hatten sich Kränze aus kleinen Falten gebildet. »Es kommt nicht oft vor, daß wir hier Gäste haben, aber ich habe ihnen die beiden besten Zimmer gegeben. Angemeldet sind Sie ja.«
    »Das stimmt.«
    »Gut«, sagte sie, nickte uns zu und suchte in ihrer Kitteltasche nach den Schlüsseln. Bill bekam einen und ich ebenfalls.
    »Wenn Sie einige Minuten warten, kann ich Sie selbst nach oben bringen. Ich muß in die Küche und für den Abend einiges vorbereiten. Wir haben die Gaststube voll. Es wird ein Geburtstag gefeiert und da…«
    »Nicht nötig«, sagte Bill. »Wir finden die Zimmer allein. Die Nummern stehen ja auf den kleinen Plättchen.«
    »Schön.«
    Bill und ich stiefelten die Treppe hoch. Unsere Zimmer lagen sich gegenüber und direkt am Anfang eines Flurs. Es war wie so oft, wir schlossen auf, und ich war überrascht von der Sauberkeit, der Größe und auch dem Bett.
    Ein großes Bett mit einem gewaltigen Oberbett, das sich wie eine große Landschaft hervorwellte.
    Zwei Fenster konnte ich öffnen, tat es auch und schaute hinab auf den Kirchplatz, wo einige Menschen zusammenstanden und mit dem Pfarrer sprachen.
    Ich schloß das Fenster wieder, weil es geklopft hatte. Bill trat ein. »Vermißt du auch eine Dusche?«
    »Ja, aber ich habe ein Waschbecken.« Es war hinter der Tür im toten Winkel angebracht.
    Der Reporter grinste. »Na ja, wie früher. Willst du auspacken, oder sollen wir zu einem Rundgang starten.«
    »Wir können auch anrufen.«
    »Bei Ferry.«
    Bill schüttelte den Kopf. »Klar, wie konnte ich das vergessen.« Er hatte sich die Nummer aufgeschrieben. Der Zettel steckte in seiner Hemdtasche.
    Ein Telefon gab es im Zimmer nicht, aber im Flur hatte ich eines gesehen, unten, neben der Küchentür. Ich gab dem noch immer zapfenden Wirt
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