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0890 - Die Vergessenen

0890 - Die Vergessenen

Titel: 0890 - Die Vergessenen
Autoren: Jason Dark
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grinste. »Wisch dir mal den Senf von den Lippen.«
    »Ach ja, danke.«
    Ich stopfte auch den letzten Rest von Brötchen und Wurst in den Mund, kaute, schluckte und dachte daran, daß sich mein Durst vergrößert hatte.
    Bei diesem naßkalten Wetter würde ein Glühwein guttun, und mit einem Auge schielte ich bereits zum Glühweinstand hinüber, wo das rote Zeug in den Tassen dampfte.
    Ich ließ die Serviette in den Papierkorb fallen, drehte mich Bill zu, hatte schon den Arm angehoben, um auf den Stand zu weisen, als ich stehenblieb.
    Etwas stimmte nicht.
    Bill sah es meinem Gesicht an. Er stellte aber keine Frage, sondern spürte es auch, denn sein Gesichtsausdruck veränderte sich ebenfalls.
    Unter unseren Füßen vibrierte der Boden…
    ***
    Der Tag war nicht richtig hell gewesen, und besonders schattig hatte er sich dort präsentiert, wo kein künstliches Licht seinen mausgrauen Nebel durchbrach.
    Die Dämmerung ließ sich nicht aufhalten. Sie war wie ein schleichendes Raubtier, das sich jeden Tag aufs Neue seine Beute holte. Sie war nicht zu hören, nur zu sehen, und der Himmel ließ immer mehr von seinen Vorhängen herab. Sanft kämmte der Wind das Gras. Auch die Oberflächen der zahlreichen Gewässer blieben nicht mehr so glatt. Sie bekamen eine gekräuselte Haut, die in kleinen Wellen bis hin zu den Ufern rann und sich dort verlief.
    Auch bei dem größeren, ölig wirkenden See spielte sich so etwas ab. Er hatte seine Ruhe verloren, die schmutzig-dunkle Oberfläche war in Bewegung geraten. Zitternd lief sie von Ufer zu Ufer, kleinere Wellen holten sich gegenseitig ein, peitschten einander, fielen übereinander her, zuckten und tanzten.
    Und es geschah noch etwas.
    Eine andere und fremd wirkende Unruhe entstand auf der Mitte des Sees. Dort zeichneten sich Wellen ab, für die der erste Abendwind keine Verantwortung trug, sondern da war etwas in der Tiefe in Bewegung geraten, das mit dem Wasser spielte, einen gewissen Druck nach oben brachte, den Grund sogar aufwühlte.
    Schaumiges, düsteres Wasser, vermischt mit Unrat, der sowohl organisch als auch anorganisch war. Der See war zu einem gewaltigen Magen geworden. Er brach das aus, was er nicht mehr wollte. Zu viele Fremdkörper in ihm, die er nicht mehr verdauen konnte.
    Der See wehrte sich. Er schüttelte sich. Er wollte nicht mehr länger so bleiben wir früher.
    Es mußte etwas geschehen!
    Aus der Tiefe hatten sich Gegenstände gelöst. Als düstere Schatten trieben sie an die Oberfläche, wo die Wellen sie auffingen und mit ihnen spielten.
    Noch waren sie bewegungslos, überließen sich selbst den Wellen, die mit ihnen spielten, sie vorschoben, sie auch herumwälzten, aber nicht dem Ufer entgegentrieben, dafür waren die drei Gegenstände selbst verantwortlich.
    Sie stemmten sich hoch.
    Ruckartig, zugleich, sehr schnell, und plötzlich standen sie im Wasser und lagen nicht mehr.
    Sie zeigen sich offen, und der heimliche Beobachter am Ufer hätte sich gefragt, wer sie waren.
    Menschen? Nein…
    Tiere? Auch nicht…
    Geschöpfe waren es. Wesen, die lange, sehr lange in der Tiefe des schlammigen Sees gelauert hatten, die sich nun, wo sich der Tag dem Ende zuneigte, entschlossen hatten, ihre angestammten Plätze zu verlassen, um das Grauen in eine Welt zu bringen, in die sie beim besten Willen nicht hineingehörten.
    Sie traten Wasser.
    Sie schwammen vor.
    Sie waren mit Schlamm und Tang bedeckt. Sie ruderten mit den Armen, sie bewegten die Beine, und Haare hingen wie Tang vor ihren Gesichtern. Sie waren furchtbare Geschöpfe, freigegeben vom Grund eines schrecklichen Gewässers, das diese drei Monstren nicht mehr wollte.
    Es hatte sie losgelassen, um sie hinauszuschicken in eine feindliche Welt, wo Menschen als Opfer auf sie warteten.
    Die Wellen blieben, produziert von ihnen selbst, als sie sich nebeneinander hergehend auf das Seeufer zubewegten.
    Sie gingen weiter. Dabei bewegten sie die Arme im selben Rhythmus wie die Beine. Mit den Füßen wühlten sie den Schlamm auf, der in die Höhe trieb und sie als dunkle Wolken begleitete.
    Auf den Körpern saßen die Köpfe. Bei jedem Schritt bewegten diese sich nickend nach vorn. Sie sahen manchmal so aus, als würden sie abfallen, aber letztendlich blieben sie auf den Schultern und führten erneut die Nickbewegungen durch.
    Hinter dem Gestrüpp aus Haaren schimmerten die Augen. Leere, mit kaltem Licht gefüllte Kugeln, Kein Gefühl, keine Wärme, keine Liebe, das Unmenschliche siegte, und das Unmenschliche
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