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0890 - Die Vergessenen

0890 - Die Vergessenen

Titel: 0890 - Die Vergessenen
Autoren: Jason Dark
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gefallen, setzen wir uns wieder in den Wagen und fahren zurück. Die hundertfünfzig Meilen bis London rutschen wir auf einer Backe ab.«
    »Einverstanden.«
    »Dann steig ein.«
    Wir kletterten wieder in den Wagen. Diesmal mit ziemlich starren Gesichtern und sehr nachdenklich. Einen kleinen Vorgeschmack hatten wir gekommen, denn da mußte es eine Kraft oder Macht geben, die selbst die Natur manipulieren konnte.
    Wer war das?
    Ich startete, und Bill grinste mich von der Seite her an. »Können die Toten unter dem Erdboden wegrollen?« fragte er.
    »Wenn sie schnell genug sind, warum nicht?« Ich mußte lachen, und auch mein Freund lachte, doch beides klang nicht echt…
    ***
    Es war ein See, der wie ein übergroßer Ölfleck in der Landschaft lag, umgeben von einem dicht bewachsenen Ufer aus Bäumen, Gestrüpp, Schilf und kratzigen Buschgruppen.
    Das Gewässer gehörte zu den Flecken in der Umgebung, die gemieden wurden. Höchstens Fremde verirrten sich an seine Ufer. Das Wasser stieß einfach ab. Es war nie richtig klar, weder im Sommer, noch im Winter.
    Es hatte einen trüben, graugrünen Glanz. In der kalten Jahreszeit, wenn das herabfallende Laub auf der Oberfläche lag, wurde das Gewässer noch dunkler.
    Die Menschen mochten den See nicht. Sie haßten ihn sogar. Und was man haßte, wollte man auch zerstören. Sie konnten ihn nicht leerpumpen, deshalb versuchten sie es auf eine andere Art und Weise.
    Sie benutzten den See als Müllkippe. Heimlich schafften sie den Abfall an die Ufer und versenkten ihn im See. Natürlich fühlte sich niemand schuldig. Hätte man im Ort nachgefragt, wäre man nur auf Verwunderung und Ablehnung gestoßen, denn niemand wollte es etwas mit der Verseuchung des Gewässers zu tun haben.
    So war das Gewässer schon längst umgekippt und nur mehr eine stinkende Kloake.
    An manchen Sommertagen reichten die widerlichen Geruchsfahnen bis in den kleinen Ort Madston und erinnerten seine Bewohner somit an die Umweltsünden, deren sie sich schuldig gemacht hatten.
    Der See blubberte vor sich hin. Das Wasser war ein gewaltiges Verdauungssystem, das diverse Faulgase produzierte.
    Leben oder überleben konnte in dieser Brühe niemand, kein Fisch, kein Frosch, keine Kleinstlebewesen.
    Der See war einfach Gift. Er war widerlich, er war ein träges Massengrab, und ihn umgab etwas, über das die Anwohner nicht gern sprachen. Ein Geheimnis.
    Ein gefährliches und böses Geheimnis. Unheimlich grauenvoll. Niemand wollte daran erinnert werden. Es hatte etwas mit Tod, Mord und Vergessen zu tun. Mit uralten Mächten und Kräften, und jeder, der davon wußte, konnte nur hoffen, daß der See sein Geheimnis für immer und alle Zeiten behielt.
    Das aber hatte er nicht getan. Er hatte sich gerächt, und das wußte man auch in Madston. Man versuchte zwar, die Angst zu verbergen, doch vergeblich, denn die Drohung aus dem See war nach wie vor vorhanden und blieb auch.
    Er lag stets in einer seltsamen Stille.
    Eine Grabesruhe umgab ihn. Wenn der Wind nur leicht wehte, schaffte er es kaum, Wellcnmuster auf die ölige Oberfläche zu zeichnen. Wehte er stark, dann wühlte er das Gewässer auf, machte es noch schmutziger, und es dauerte immer lange, bis sich das Wasser wieder beruhigt hatte.
    Der Geruch hing über dem Gewässer, wie eine unsichtbare Gardine. Er setzte sich aus verschiedenen Ingredienzien zusammen. So stank er nach altem Wasser, nach verfaultem Laub, aber auch nach Verwesung.
    Als hätte Aas zu lange in der Sonne gelegen. Der See hatte sein Geheimnis, das stimmte, aber er war dabei, es wieder freizugeben, und wenn das Böse nicht wieder in das Gewässer zurückkehrte, dann litten diejenigen darunter, die dem Bösen begegneten.
    Es wußten viele, aber niemand handelte, bis auf sehr wenige Ausnahmen. Zu ihnen gehörte Ferry Grey, der Reporter, der Ruheständler, der übersieh selbst lachte, wenn er das Wort hörte, denn mit seinen dreiundfünfzig Jahren dachte er noch nicht wie ein Rentner.
    Ihm war nur der Londoner Trubel auf die Nerven gegangen. Er hatte bei seiner Zeitung gekündigt und sieh aufs Land zurückgezogen.
    Der Gelegenheit war günstig gewesen, denn eine verstorbene Tante hatte ihm ein Haus zusammen mit einem großen Grundstück hinterlassen. Es lag am Rand von Madston, war für eine Person zwar etwas zu groß, aber er hatte es nicht vermieten wollen und es deshalb zu seinem Domizil ausbauen lassen.
    Von außen alt, von innen neu.
    Nach dieser Devise hatte der Mann gehandelt. In der letzten
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