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Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst
Autoren: Jim Butcher
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Prolog

    Der Wehrhof lag mehrere Meilen südlich der verwüsteten Ödnis, die einst Alera Imperia gewesen war, und er war alt. Windmähnen waren hier seit über sechshundert Jahren nicht mehr gesichtet worden, und Elementarstürme hatte es sogar noch länger nicht mehr gegeben. Das Land bildete seit Jahrhunderten im Umkreis von Meilen einen Flickenteppich aus Äckern, Wehrhöfen, Dörfern und Straßen. Wilde Elementare waren so selten und schwach, dass sie als so gut wie ausgestorben galten.
    Infolgedessen war der kleine Wehrhof nicht mit steinernen Umfassungsmauern errichtet worden, auch nicht mit einer soliden zentralen Halle aus Stein, die Zuflucht vor Elementarunwettern bot. Stattdessen bestand er aus einer Ansammlung von Hütten und bescheidenen Häusern, in denen einst jeweils eine Familie getrennt von den anderen in ihrem eigenen Haushalt gelebt hatte.
    Aber das war gewesen, bevor die Vord gekommen waren.
    Invidia Aquitania stand verborgen in den Schatten am Rande des kleinen Wehrhofs.
    Schatten gab es, wenn sie es recht bedachte, in diesen Tagen reichlich.
    Der neugeborene Vulkan, der als Grabmal für Gaius Sextus aufragte, des letzten Ersten Fürsten von Alera, hatte in den Tagen und Wochen nach seiner Erschaffung weiter dunkle Rauch- und Aschewolken ausgespien. Sogar jetzt war der Himmel von tiefhängenden Wolken bedeckt, die in launischen Schauern oder heftigem Platzregen für Frühlingsregen sorgten. Manchmal war der Regen gelb oder rot, zuweilen auch grün. Die Wolken selbst wurden sogar nachts von einem zornigen, scharlachroten Licht aus dem Feuerberg im Norden schwach beleuchtet – und aus jeder anderen Richtung vom gleichmäßigen, gespenstischen Schimmer des Kroatsch , der wachsartigen Wucherung, die den Boden, die Bäume, die Gebäude und alle anderen markanten Punkte des Landes bedeckte, das die Vord in Besitz genommen hatten.
    Hier hatten die Vord sich besonders tiefgreifend durchgesetzt. Hier, im Herzen dessen, was einst Alera gewesen war, hatten sie sich mehr geholt als irgendwo sonst. Das Kroatsch , die lebende Gegenwart der Vord, bedeckte alles in einem Umkreis von hundert Meilen in jeder Richtung und erstickte jegliches andere Leben im Land.
    Nur hier nicht.
    Der kleine Wehrhof grünte und blühte. Sein Küchengarten gedieh schon gut, obwohl es noch nicht ganz Sommer war. Sein bescheidener Acker versprach bereits eine schöne Getreideernte. Der Wind rauschte in den Blättern seiner gewaltigen alten Bäume. Sein Vieh graste auf einer üppigen Weide. In der Dunkelheit wirkte er, wenn man von dem gespenstisch beleuchteten Himmel, dem grünen Schimmer des Kroatsch , das sich in alle Richtungen bis an den Horizont erstreckte, und dem gelegentlichen, fremdartigen Kreischen der Vord absah, wie ein gewöhnlicher, wohlhabender aleranischer Wehrhof.
    Invidia schauderte.
    Der Parasit an ihrem Oberkörper reagierte mit einem unbehaglichen Zucken auf die Bewegung. Da seine zwölf in Dornen auslaufenden Beine sie umschlangen und die scharfen Spitzen mehrere Zoll weit in ihr Fleisch gedrungen waren, verursachte das Schmerzen, aber es war nichts im Vergleich zu den Qualen, die sie litt, wenn er den Kopf verdrehte. Das augenlose Gesicht samt den verzweigten Mundwerkzeugen im Fleisch steckte zwischen zweien ihrer Rippen und grub sich in ihre Eingeweide.
    Invidia verabscheute das Geschöpf, auch wenn sie wusste, dass es sie am Leben hielt. Das Gift von dem Balestrenbolzen, der sie fast getötet hätte, hatte sich in ihrem gesamten Körper ausgebreitet. Dort hatte es geschwärt und sie so schnell und heimtückisch von innen aufgezehrt, dass selbst ihre Fähigkeiten im Elementarwirken nichts dagegen hatten ausrichten können. Tagelang hatte sie dagegen angekämpft, als sie aus der Zivilisation geflohen war. Sie war kaum bei Bewusstsein und der festen Überzeugung gewesen, verfolgt zu werden, während der Kampf in ihrem Körper tobte. Sie hatte sich an einer bewaldeten Hügelflanke befunden, als ihr schließlich klar geworden war, dass dieser Kampf nur einen Ausgang nehmen konnte: Sie würde sterben.
    Dann aber war die Vordkönigin zu ihr gekommen. Das Bild dieser Kreatur, die ohne einen Anflug von Mitleid oder Einfühlungsvermögen auf sie herabgestarrt hatte, hatte sich tief in ihre Erinnerung eingebrannt und verfolgte sie in ihren Träumen.
    Invidia war verzweifelt gewesen. Verängstigt. Wahnsinnig vor Gift und Fieber. Ihr Körper war aufgrund des Schüttelfrosts so verkrampft gewesen, dass sie buchstäblich
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