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0872 - Die Urbanen

0872 - Die Urbanen

Titel: 0872 - Die Urbanen
Autoren: Volker Krämer
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brannte schmerzhaft in ihm. Wann er zuletzt getrunken hatte, wann er warmes Blut geschmeckt hatte, verschwamm in seinen Erinnerungen.
    Warum war er überhaupt hierhin gekommen - nach Finnland, ganz in die Nähe des Ortes, an dem er einst Khira Stolts Geburt und ihre ersten Lebensjahre miterlebt hatte? Das war lange her. Khira lebte nicht mehr - Sarkana existierte nicht mehr. Ein Kapitel war abgeschlossen worden, denn gemeinsam mit Professor Zamorra hatte Laertes den Vampirdämon schließlich besiegen können. Was also wollte Dalius hier? Sterben? Er wusste es selbst nicht. Zu viel war in der letzten Zeit geschehen.
    Lange hatte Dalius Laertes das Rätsel seiner Vergangenheit mit sich herum getragen. Nach und nach hatten sich einige der weißen Stellen seiner Erinnerung wieder gefüllt. Doch die wirklich entscheidenden Fragen hatte ihm niemand beantworten können. Nicht hier, nicht auf einer der mittlerweile zerstörten Spiegelwelten. Dann war alles viel schneller gegangen, als Laertes es je geglaubt hatte.
    Stygia, die Fürstin der Finsternis, hatte einen erneuten Versuch gestartet, das Zamorra-Team zu schwächen - sie hatte einen Giftanschlag auf Laertes verübt… besser gesagt, sie hatte ihn in Auftrag gegeben, denn ein direktes Eingreifen vermied sie nach Möglichkeit ja immer.
    Auf Château Montagne hatten Zamorra und Nicole Duval alles versucht, dem Vampir zu helfen, doch zunächst waren ihre Versuche gescheitert. Vielleicht war es die absolute Todesnähe, die eine Blockade in Dalius' Bewusstsein aufbrach? Die Puzzleteile fügten sich nach und nach zu einem Gesamtbild zusammen, zu einer Wahrheit, die Laertes in ein tiefes Loch zu stürzen drohte. [1]
    Seine letzte reale Erinnerung war die gewesen, dass er gemeinsam mit seinem Sohn Sajol ihre Heimatwelt Uskugen verlassen hatte. Sajol hatte sich als übermächtig starke magische Begabung erwiesen, die eine große Gefahr für den gesamten Planeten darstellte. Laertes wählte die Flucht, denn die Alternative wäre Sajols Verbannung, vielleicht sogar sein Tod gewesen. Dann jedoch endeten Dalius' Erinnerungen.
    Als das Dunkel in ihm sich endlich aufhellte, musste er die schreckliche Wahrheit erkennen: Viele Jahre waren Vater und Sohn durch die Galaxis geirrt, immer auf der Suche nach einer Welt, die beide aufnehmen wollte - die sie ertragen konnte. Denn immer deutlicher hatte sich in Sajol die dunkle Seite seiner schlummernden Fähigkeiten gezeigt. Irgendwann hatte er das Kommando über das kleine Raumschiff übernommen. Er setzte Kurs zurück nach Uskugen! Laertes war entsetzt, denn das musste er unter allen Umständen verhindern.
    Es war zum Kampf zwischen Vater und Sohn gekommen. An dessen Ende lag die Bruchlandung auf einer unbewohnten Welt, die beide schwer verletzt überstanden. Laertes kämpfte mit seinem Tod, doch in Sajols tiefer Ohnmacht begann seine Magie eine ganz eigene Welt zu erschaffen. Es war eine Welt voller Willkür, voller ständiger Wechsel, die ihre Bewohner unter die Knute eines einzigen Wesens zwang, das über Leben und Tod entschied, über Liebe und Hass… über Tag und Nacht.
    Alles schien nur ein großes Spiel zu sein, doch dieses Spiel konnte töten! Und Laertes war gezwungen, all die Spielzüge zu durchleben…
    Als er den Ausweg zurück in die Realität fand, da war sein eigenes Ende so gut wie besiegelt. Sajol jedoch kannte erneut nur ein einziges Ziel - zurück in seine Heimat. Zurück zu Mutter und der Zwillingsschwester Jicada. Was er seiner Heimatwelt damit wahrscheinlich antun würde, war ihm gleichgültig.
    Ein letzter Kraftakt des sterbenden Vaters brachte schließlich die Wende. Er schaffte es, sein eigenes Ich in den Sohn zu transferieren - die magische Zeitbombe so zu umschließen und zu beruhigen. Wie lange dieser Zustand anhalten mochte… Laertes wusste es nicht.
    Er wusste nur, dass der Körper von Dalius Laertes, sein Körper, irgendwo im All auf einem unbedeutenden Planeten in der Erde versenkt wurde. Dalius Laertes war gestorben, doch er lebte! So wahnwitzig sich dies auch anhören mochte. Es entsprach den Tatsachen…
    Einen Elch als Opfer zu erwählen… der Durst muss dir schon den Verstand zerfressen haben. In seinem Zustand wäre ein nicht so wehrhaftes Tier sicher die bessere Wahl gewesen. Doch als er den Elch gesehen hatte, war jeder Rest von Logik von ihm abgefallen. Es war ein unglaublicher Zufall, dass er einen solchen Burschen überhaupt zu Gesicht bekommen hatte, denn viele von ihnen gab es nicht
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