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0867 - Die Pesthexe von Wien

0867 - Die Pesthexe von Wien

Titel: 0867 - Die Pesthexe von Wien
Autoren: Christian Schwarz
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sich gegenseitig vor.
    »Die Lage ist sehr ernst«, berichtete der Generalmajor. »In Wien machen Gerüchte die Runde, dass einige Fälle von Beulenpest aufgetreten seien. Vielleicht haben Sie das schon mitbekommen?«
    »Haben wir«, erwiderte Nicole. »In einigen Nachrichtensendungen wurde darüber spekuliert. Ihrem Intro zufolge scheint es sich aber nicht nur um bloße Gerüchte zu handeln.«
    »Sehr scharfsinnig, Frau Duval. In der Tat werden momentan in verschiedenen Wiener Krankenhäusern dreiundsiebzig Personen behandelt, die schwere Symptome der Bubonen- oder Beulenpest aufweisen. Es handelt sich sowohl um Touristen aus aller Welt als auch um Einheimische. Die Allermeisten hatten nichts miteinander zu tun. Eine Gemeinsamkeit konnten wir aber dennoch herausfinden.«
    Zamorra kniff die Augen zusammen. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihm breit. »Lassen Sie mich raten, Herr Generalmajor: Die Kranken haben allesamt die Kapuzinergruft besucht.«
    Czerny sah ihn verblüfft an. »Woher wissen Sie das, Herr Professor?«
    Der Meister des Übersinnlichen lächelte. »Nun, mit ein bisschen Kombinationsgabe kommt man schnell darauf. Wo gehen die meisten Wien-Touristen hin? Warum sprechen Sie wegen der Pestfälle gerade bei den Kapuzinern vor? Zählt man zwei und zwei zusammen, ergibt das Ergebnis automatisch Kapuzinergruft. Keine schlechte Leistung für einen angeblich Senilen, was?« Er warf Nicole einen triumphierenden Blick zu. Seine Lebens- und Kampfgefährtin hatte ihn nämlich neulich als solchen bezeichnet, wenn auch nur im Scherz.
    Der Generalmajor ging nicht darauf ein. »Ja, die Kaisergruft also. Alle Erkrankten waren in den letzten beiden Tagen drinnen. Deswegen werden wir die Gruft bis auf Weiteres für den Publikumsverkehr dichtmachen, Herr Abt. Und zwar ab sofort. Ein entsprechender Beschluss der zuständigen Behörden ist gefasst. Spezialisten werden die Gruft untersuchen. Zudem stehen alle Bewohner des Klosters sowie alle Personen, die in den letzten Tagen mit ihnen zu tun hatten, unter Quarantäne. Sie alle werden untersucht und vorbeugend mit Antibiotika versorgt. Sie, Herr Abt, werden mit Hilfe meiner Beamten eine möglichst umfassende Liste besagter Personen erstellen. Und zwar noch heute Abend.«
    »Haben Sie bereits Seuchenalarm ausgerufen?«, wollte Zamorra wissen.
    »Noch nicht. Wir hoffen sehr, dass wir diese Maßnahme vermeiden können. Eine Panik in Wien wäre das Letzte, was wir gebrauchen könnten.«
    Nicole lächelte wölfisch. »Ich habe mich schon gewundert, warum Sie den Abt wegen dieser Dinge nicht vertraulich sprechen wollten, Herr Generalmajor. Nun ist es mir klar. Da wir unter Quarantäne stehen, hätten wir es sowieso mitbekommen. Haben Sie keine Angst, dass wir uns ans nächste Telefon hängen und die Medien informieren?«
    »Sie müssten mit harten Strafen rechnen«, bluffte Czerny. »Wir haben uns bereits informiert, dass die Gerichte derartige Fälle als Widerstand gegen die Staatsgewalt werten. Aber wir appellieren ganz einfach an Ihre Vernunft.«
    »Natürlich. Das dürfen Sie getrost tun.« Nicole nippte an ihrem Rotwein. »Aber eins verstehe ich nicht: Die Pest ist doch heute kein Problem mehr. Mit Antibiotika-Cocktails kann man den kleinen fiesen Bakterien locker zeigen, wo der Hammer hängt.«
    Czerny lächelte hart. »Normalerweise ist das auch so, Frau Duval. Hier allerdings spricht kein einziger Befallener auf die Medikamente an.«
    Die beiden Franzosen starrten sich an.
    »Noch eine andere Frage, Herr Generalmajor«, hakte Nicole nach. »Wie kommt es, dass Sie sich einfach so zu uns setzen? Ich meine, haben Sie keine Angst davor, dass wir Sie anstecken könnten? Immerhin muss man uns als potentiell Befallene betrachten.«
    »Nun, Ihre Frage ist vollkommen berechtigt. Wir haben aber Erkenntnisse, dass sich die Seuche nicht von Mensch zu Mensch überträgt.«
    »Nicht?«
    »Nein. Kein Mensch, der in direktem Kontakt mit den Befallenen ist, hat sich bisher angesteckt. Daraus schließen wir, dass die Befallenen ganz direkt mit einer bestimmten Infektionsquelle in Berührung gekommen sein müssen.«
    »Haben Sie eine Vorstellung, um was es sich dabei handeln könnte?«
    Er seufzte. »Nicht die geringste. Wir vermuten aber, dass sich diese Quelle in der Kaisergruft befinden könnte. Sie haben nicht zufällig etwas Seltsames dort unten gesehen?«
    Die, die davon wussten, hüteten sich, etwas von einer Hexe namens Theresia Maria von Waldstein zu erzählen.
    Alle Anwesenden
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