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0862 - Der Leichenmantel

0862 - Der Leichenmantel

Titel: 0862 - Der Leichenmantel
Autoren: Jason Dark
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Pflaumenschnaps.«
    »Pflümli?« fragte ich.
    »Genau. Sie möchten einen Schuß in den Kaffee?«
    »Gern.«
    »Sie auch, Suko?«
    »Nein, ich nicht.«
    »Er lebt sehr solide, im Gegensatz zu mir«, sagte ich.
    Lachend schenkte mir Silvio Frappi einen Schuß Pflümli in den Kaffee, und als ich probierte, da spürte ich im Mund diesen anderen Geschmack wie einen Nebel.
    »Na?«
    »Das ist ein Hammer«, sagte ich.
    »Aber echt, John, echt.«
    »Ich glaube Ihnen.«
    Er hatte die Flasche wieder neben sich gestellt. Dann schaute er mich und auch Suko skeptisch an.
    »Etwas ist mit Ihnen los, das spüre ich. Oder habe ich mich getäuscht?«
    »Nein, das haben Sie nicht.«
    »Was ist geschehen?«
    »Darüber wollten wir mit Ihnen sprechen und Sie gleichzeitig darum bitten, Stillschweigen zu bewahren.«
    »Das versteht sich.«
    »Wir waren im Kloster, Silvio«, sagte ich in meinem holprigen Italienisch.
    »Das wollten Sie auch. Und?«
    Ich ließ ihn erst einen Schluck trinken, bevor ich mit der Wahrheit herausrückte. »Sie waren tot, Silvio - alle. Es gibt keine Nonne mehr, die noch lebt.«
    Es war gut, daß er getrunken hatte, denn der Schreck ließ ihn zittern. Dabei wurde er bleich, schüttelte den Kopf und fragte flüsternd: »Was haben Sie da gesagt?«
    Ich wiederholte es.
    »Mein Gott, das ist nicht möglich!«
    »Glauben Sie mir, Silvio, das stimmt. Welchen Grund sollte ich haben, Sie zu belügen?«
    »Richtig. So habe ich das auch mit meiner Antwort nicht gemeint. Ich bin nur… nun ja, ich bin nur schockiert. Das hätte ich nicht für möglich gehalten.«
    »Wir auch nicht.«
    Er preßte seine Hände gegen die Stirn. »Was sollte es nur für einen Sinn gehabt haben?« flüsterte er.
    »Ich… ich… komme darüber nicht hinweg. Es ist mir unbegreiflich. Es war doch alles vorbei, denke ich. Es ist alles gelaufen und nun…«
    »Stimmt, Silvio, es war vorbei. Das haben wir auch gedacht. Aber es ist wohl nicht so.«
    »Wer hat die Frauen getötet?«
    »Sie sich selbst.«
    Jetzt stierte er mich an. »Bitte… bitte…? Wollen Sie damit sagen, daß die Frauen Selbstmord begangen haben?«
    »Genau das habe ich damit sagen wollen. Sie haben sich selbst getötet, indem sie Gift nahmen. Jede von ihnen hatte Schaum vor dem Mund. Sie lagen da wie Puppen, überall verteilt auf den Treppenstufen auch im Keller des Klosters. Ohne die Zwillinge und ohne Josephiel sahen sie wohl keinen Sinn mehr in der Zukunft.«
    »Ja«, murmelte er und schüttelte dabei den Kopf. Dann nahm er die Flasche und goß ein kleines Glas voll. »Entschuldigen Sie, aber den brauche ich jetzt.«
    »Kein Problem.«
    Silvio trank und stellte das Glas hart ab. »Ich habe über ihre Worte nachgedacht, John. Sie sagten, so sollte oder könnte man es sehen. Heißt es, daß Sie beide es nicht so sehen?«
    »Möglicherweise.«
    Frappi war für einen Moment irritiert. »Was… was… haben Sie sich denn gedacht?«
    »Es waren nicht alle tot, Silvio. Die Anführerin der Namenlosen Nonnen, Gitta, lebte noch. Ihre letzten Worte klangen nicht eben depressiv. Wir hatten eher den Eindruck, als wäre der Tod für sie und ihren Schwestern gleichzeitig so etwas wie ein Neubeginn.«
    »Hm.« Frappi überlegte. »Meinen Sie das möglicherweise im christlichen Sinn?«
    Ich trank Kaffee und schüttelte gleichzeitig den Kopf, was mir auch gut gelang. »Nein, so meine ich es nicht.«
    »Wie dann?«
    »Das ist die Frage.« Ich wollte dem guten Mann mit unseren Folgerungen keine Angst einjagen und tat so, als würde ich gerade von ihm eine gewisse Hilfe erwarten. »Sie gehen doch mit offenen Augen durch die Welt. Silvio, und Sie leben auch nicht erst seit gestern hier in Triviso. Sie kennen Ihr Dorf, Sie kennen auch das Kloster, und sie wissen, wer darin gelebt hat.«
    »Das stimmt.«
    »Kann es denn sein, daß Sie irgend etwas im Laufe der Zeit über die dort lebenden Nonnen erfahren haben, was uns hier und jetzt einen Schritt weiterbringen könnte?«
    »Oh, da fragen Sie mich aber was.«
    »Aus gutem Grund.«
    Er schaute ins Leere. »Nein, John, Sie wissen ja selbst, was hier gelaufen ist. Diese Frauen haben sich in dem alten Bau eingenistet, wollten aber mit uns nichts zu tun haben. Umgekehrt war es ebenso. Die Menschen in Triviso fürchteten sich vor ihnen. Das Kloster liegt zwar in der Nähe, dennoch ist es sehr weit entfernt, wenn Sie das verstehen.«
    »Sehr gut sogar. Ich kann zusammenfassen und behaupten, daß Sie nichts von ihren Plänen wissen. Ist das
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