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0862 - Der Leichenmantel

0862 - Der Leichenmantel

Titel: 0862 - Der Leichenmantel
Autoren: Jason Dark
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wurde.
    Der Geruch wollte nicht weichen. Ich schnupperte, was nicht geräuschlos ablief und Suko wieder zu einer Frage veranlaßte. »Was hast du denn? Willst du die komischen Nonnen riechen? Meinst du, daß sie etwas hinterlassen haben?«
    »Alles ist möglich.«
    »Oder unmöglich.«
    »Auch das.«
    Suko lächelte und schüttelte den Kopf. Er konnte meine Reaktion nicht nachvollziehen, aber ich selbst ärgerte mich ebenfalls darüber, daß ich keinen Beweis für mein Gefühl gefunden hatte.
    »Hast du einen Plan, wie wir vorgehen sollen, John? Das Kloster durchsuchen? Wenn ja, wo fangen wir an, und wo hören wir auf?«
    »Du kannst die Führung übernehmen, Alter.«
    »Warum ich?«
    »Weil du dich besser auskennst.«
    »Bitte, wie du willst.«
    Sollten alle Frauen verschwunden sein, würden wir uns automatisch fragen, wohin sie sich zurückgezogen hatten. Zudem mußten wir davon ausgehen, daß die Anführerin Gitta ihre Getreuen an einem anderen Ort gesammelt hatte, um wieder einen Orden aufzubauen. Sollte das tatsächlich zutreffen, würden wir sicherlich mit ihm in Konflikt geraten. Das alles konnte uns widerfahren, war aber noch Zukunftsmusik, und ich wollte seltsamerweise daran auch nicht so recht glauben, obwohl es auf der Hand lag. Aber da gab es Dinge, die mich störten, wie zum Beispiel der ungewöhnliche Geruch. Suko beobachtete mich mißtrauisch von der Seite her, als ich durch die Halle schritt.
    Viel verändert hatte sich nicht. Sie war nach wie vor kahl. Die wenigen Möbelstücke fielen kaum auf, nur an einigen Stellen entlang der Wände hingen nicht mehr die Schwerter und Lanzen, die einmal dort gehangen hatten, wie ich wußte.
    Sie waren verschwunden. Die Frauen hatte sie an sich genommen, um Suko, Naomi und den Abbé an ihrer Flucht zu hindern.
    Ich blieb stehen, räusperte mich, und Suko drehte sich um. »Hast du was herausgefunden, John?«
    Ich hob die Schultern. »Wenn ich mir das alles so anschaue, müssen die Frauen das Kloster fluchtartig verlassen haben, als hätte ihnen der Teufel auf den Schultern gesessen.«
    Er nickte. »So kann es gewesen sein. Sie sahen eben keine Perspektive mehr.«
    Ich zeigte mich stur. »Und das will ich nicht glauben.«
    »Warum denn nicht?«
    »Weil es mir zu simpel ist. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß sie so mir nichts dir nichts alles hingeworfen haben. Irgendwo paßt das einfach nicht.«
    Suko gab mir nicht recht, das sah ich ihm an. Er hielt sich mit seiner Meinung zurück und fragte:
    »Wo also sollen wir anfangen?«
    »Was meinst du?«
    »Mit der Suche.«
    »Du kennst dich aus.«
    »Nur einen Teil des Kellers.«
    »Dann werden wir dort beginnen.«
    Er hob die Schulter. »Wie du willst.«
    In der großen, leeren Halle kamen wir uns ein wenig verloren vor. In den oberen Etagen des Klosters waren wir noch nicht gewesen. Es gab eine große Treppe, aber daran ging Suko vorbei. Er öffnete eine Tür, hinter der ein Gang lag. »Der führt nicht zum Keller«, sagte er mir. »Da liegen einige Räume oder Zellen, in denen die…«
    Weiter sprach er nicht. Statt dessen blieb er stehen, als wäre er brutal gestoppt worden.
    Diesmal fragte ich ihn, ob er etwas hätte.
    »Verdammt«, murmelte er nur, trat zur Seite, und gab mir die Sicht in den Gang frei.
    Direkt vor uns lag die Tote!
    ***
    Also doch. Ich hatte mich nicht geirrt. Mein Gefühl war schon berechtigt gewesen, als ich mich gefragt hatte, ob der Tod wirklich zu riechen war. Jetzt sah ich ihn. Die Nonne lag verkrümmt auf dem Boden, die Arme angewinkelt und leicht vorgestreckt, dabei die Hände gekrümmt, als wollten sie mit den Fingernägeln den dunklen Stein aufkratzen, der den Flurboden bedeckte.
    Sie trug noch immer die schwarze Kutte. Nur hatte sie die Kapuze nicht über den Kopf gestreift. Sie war verrutscht, und wir schauten auf das dünne, bleiche Haar, das strähnenreich ihren Schädel bedeckte.
    »Bist du Hellseher gewesen?« fragte Suko mich.
    »Nein, bestimmt nicht.« Ich winkte ab. Es hatte keinen Sinn, zu großen Erklärungen anzusetzen.
    Außerdem wollte ich herausfinden, wie die Frau ums Leben gekommen war.
    Ich holte die Leuchte hervor und ging in die Knie, während ich sie einschaltete.
    Der Lichtstrahl traf zuerst ihr Gesicht, in dem die Augen nicht geschlossen waren. Mir begegnete der starre Blick einer Toten.
    Dennoch fühlte ich nach, weil ich auf Nummer Sicher gehen wollte. Ja, sie war tot, daran gab es nichts zu rütteln. Aber wie war die Frau ums Leben gekommen?
    Mit dem
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