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Königliche Republik (German Edition)

Königliche Republik (German Edition)

Titel: Königliche Republik (German Edition)
Autoren: Annemarie Nikolaus
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Neapel

    Donnerstag,
18. Juli 1647
    „Man
hätte den Fischer liegen lassen sollen, wo der Pöbel ihn
verscharrt hat.“ Der Sekretär des spanischen Vizekönigs
zog die Mundwinkel verächtlich nach unten. Er warf einen letzten
Blick auf den Trauerzug, der den Platz vor dem Schloss überquerte.
Ein Dutzend Männer mit phrygischen Mützen führten die
düstere Menge an, als wollten sie alle daran erinnern, dass
Masaniello einer der ihren gewesen war. Die Rufe der Menschen auf dem
Largo di Palazzo kamen nur gedämpft an – aber immer noch
deutlich genug: „ Viva il Re di Spagna; mora il malgoverno. “
    „So
lange sie ihrem König treu sind, mögen sie schreien.“
Rodrigo de Arcos steckte unbeeindruckt die Feder ins Tintenfass
zurück und streute Sand über das Dokument, das er gerade
unterzeichnet hatte.
    Der
Sekretär zog die schweren Vorhänge zu und hüllte den
Raum in Dämmerlicht. Eine Öllampe ließ Herzog de
Arcos, Vizekönig Seiner Katholischen Majestät in Neapel,
das nötige Licht zum Schreiben. Sein Besucher dagegen, der
Erzbischof von Neapel, wurde zu einem Schemen im Hintergrund des
Arbeitszimmers.
    „Ich teile
Eure Meinung nicht, Don Rodrigo.“ Ascanio Filomarino erhob sich
und ließ den Rosenkranz in den Falten seines Kardinalsrocks
verschwinden. „Mit Masaniello hat die Revolte zwar ihren
Anführer verloren, aber nicht ihren Kopf.“
    „Dafür
tragt Ihr die Verantwortung, Monsignore.“ Filomarino hatte die
Rolle des Mittlers zwischen den Aufständischen und dem Vizekönig
inne gehabt; nun konnte de Arcos ihm das Ergebnis vorwerfen. „Der
Trauerzug hat ihnen die Gelegenheit gegeben, sich zusammenzurotten.“
    „Ihr
habt auf die Privilegien geschworen, die der Rat Euch vorgelegt hat.“
Filomarino trat an die Fensterfront und zog einen der Vorhänge
wieder auf. Halb Neapel hatte sich dort draußen in Reue über
die Ermordung seines Generalleutnants versammelt. Wer auch immer
jetzt das Kommando übernahm, er würde keinen Frieden
bringen. „Aber nun, da ihr die Gabella auf das Obst doch
wieder erhebt, fühlt sich das Volk betrogen.“
    „Wir
werden damit fertig werden. Sobald Seine Majestät Entsatz
schickt. Bis dahin ...“ De Arcos zuckte die Achseln. „Der
König hat mir einen Auftrag gegeben und ich werde ihn
ausführen!“
    „Macht
Kompromisse, Don Rodrigo! Gebt den Menschen das Gefühl, dass Ihr
ihre Nöte versteht.“
    „Lassen
wir die Gäste nicht länger warten.“
    Der
Sekretär holte ein in Seide geschlagenes Päckchen aus einer
Schublade des Bücherschranks, bevor er den beiden Männern
die Tür öffnete und ihnen dann folgte. Entlang des
lichterfüllten Korridors, der zum Thronsaal führte, hielten
an jeder Tür zwei Alabarderos des Tercio de Nápoles Wache. Die Soldaten zogen ihre federgeschmückten Hüte und
salutierten; aber der Vizekönig winkte ab.
    Wegen
der sommerlichen Hitze standen die Fenster in der Galerie offen und
wieder klangen die Stimmen der Neapolitaner zu ihnen. Einer der Alabarderos öffnete die Saaltür; Musik übertönte
nun den Gesang des Trauerzugs und war gewiss auch auf der Straße
zu hören.
    „Macht
die Fenster zu!“
    Der
Soldat gehorchte, aber schon blieben die ersten unter den
erleuchteten Fenstern stehen und blickten hoch. Männer reckten
die Fäuste; die Frauen stemmten ihre geballten Hände in die
Hüften. „Es lebe der König von Spanien; Tod der
Missregierung!“
    Mit
verkniffener Miene sah Filomarino hinunter auf den Largo . „Ihr
habt von Entsatz gesprochen.“
    „Allein
mit den Soldaten der Garnison können wir den Aufruhr nicht
beenden.“
    „Ihr
hattet ihn schon beendet, Don Rodrigo! Das Volk war der Exzesse
überdrüssig geworden.“
    Der
Hofmeister neben der Saaltür klopfte zwei Mal mit seinem
Zeremonienstab; die Musik setzte aus. „Seine Exzellenz Rodrigo
Ponce de Léon y Álvarez de Toledo, Herzog de Arcos,
Markgraf de Zahara, Graf de Casares, Herr de Marchena, Vizegraf de
Bailén und Herr de Villagarcia, Vizekönig Seiner
Katholischen Majestät König Philipp IV. von Spanien.“
Er schnappte nach Luft. „Monsignore Ascanio
Filomarino Della Torre, Erzbischof von Neapel.“
    Der
Vizekönig schritt das Spalier seiner Gäste ab und grüßte
manche mit einem flüchtigen Nicken, andere mit ein paar Worten.
Niemand aus dem Patriziat der Stadt Neapel hatte es gewagt, diesem
Ball fernzubleiben. Aus der Provinz hatten sich sogar mehrere Barone
eingefunden.
    Vor
einem jungen Mädchen in fliederfarbenem Seidenkleid blieb de
Arcos
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