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0862 - Der Leichenmantel

0862 - Der Leichenmantel

Titel: 0862 - Der Leichenmantel
Autoren: Jason Dark
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Verbrechen passiert, und daß die tote Serafina zerschmettert worden war, das wollten sie uns auch nicht abnehmen, zumal die Tote in einem zerstörten Haus gelegen hatte.
    So waren die Kollegen dann abgezogen und hatten uns nicht weiter beachtet. Sie wußten, wer wir waren, das hatte ihnen ausgereicht. Zudem hatten sie unten im Tal mehr zu tun. Die Gegend hier oben war für sie regelrechtes Ausland.
    Wir waren noch in Trivino geblieben. Wir hatten mit den Bewohnern gesprochen und auch von einigen Unterstützung erhalten, so daß das Eis zwischen ihnen und uns, den Fremden, getaut war.
    So war eben einiges dazwischengekommen, und unser Eintreffen hier im Kloster sollte so etwas wie ein Abschiedsbesuch sein. Jetzt aber kam es mir vor, als stünden wir wieder vor einem neuen Anfang.
    In der Halle blieb Suko stehen. »Die Treppe zum Keller ist ziemlich steil, aber das brauche ich dir ja nicht zu sagen.«
    »Was willst du dann…?«
    »Laß mal.« Er wischte über sein Gesicht. »Ich glaube mittlerweile, daß sie nicht die einzige Tote ist.«
    »Schauen wir nach.«
    Wir froren beide etwas, als wir auf die Kellertreppe zugingen. Der Geruch des Todes hatte sich zumindest meinem Gefühl nach wieder verstärkt. Er lag mir wie ein Klumpen in der Kehle, wie ein Stück Blei, und die Kälte auf meinem Rücken blieb bestehen.
    Im Hintergrund der Halle, wo das Tageslicht durch das Fenster fiel, befand sich der Zugang. Wir standen vor der Treppe und hielten beide unsere Lampen fest.
    Gemeinsam leuchteten wir in die Tiefe, und zugleich entdeckten wir das Unwahrscheinliche.
    »Mein Gott«, sagte ich nur und hörte Suko neben mir leise stöhnen. Auch ihn hatte das Bild geschockt, denn auf der langen Treppe lagen die Körper der toten Namenlosen Nonnen…
    Wir waren beide viel gewohnt, dieser Anblick aber ging uns unter die Haut. Das war auch keine Filmszene, da hatte sich niemand hingelegt, um eine Tote zu spielen, diese Frauen lebten tatsächlich nicht mehr. Sie waren den Weg ins Jenseits gegangen und hatten diesen Massenselbstmord in Kauf genommen.
    »Warum nur?« flüsterte Suko. »Warum haben sie das getan, verdammt noch mal?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Suko kaute an seiner Unterlippe. »Das ist schlimm, John, das ist so verflucht schlimm. Ich komme damit nicht zurecht. Ich… ich… weiß nichts mehr.«
    »Wie die Lemminge«, murmelte ich. »Ein Massenselbstmord.« Ich schüttelte den Kopf. »Das will mir nicht in den Sinn. Kannst du dir ein Motiv dafür denken?«
    »Überhaupt nicht. Es sei denn, sie haben sich umgebracht, weil Josephiels Brut ebenfalls nicht mehr lebt.«
    »Das kann sein. Ja, das ist es sogar. Ich kann mir nichts anderes vorstellen. Waren sie von den beiden so beeindruckt, daß sie ihnen ins Jenseits gefolgt sind? Treue bis in den Tod.«
    »Das gibt es«, sagte Suko. »Eine dämonische Treue.« Er bewegte seine Lampe, und der Strahl wanderte mit. Er glitt über die Stufen hinweg und erwischte auch die dunklen Körper mit den bleichen Totengesichtern, die im grellen Licht wie geschnitzt aussahen.
    Am schlimmsten war es immer dann, wenn sich das kalte Licht in den Augen verfing. Dann sahen sie jeweils aus wie Spiegel, die in die Totenwelt schauten.
    Acht Tote hatte ich bisher gezählt, und ich wußte nicht, ob wir im Keller noch mehr Leichen fanden.
    Sie konnten noch nicht lange tot sein, denn Verwesungsgeruch war noch nicht festzustellen. Nur dieser nicht erklärbare Geruch des Todes, den ich bei meinem Eintritt gespürt hatte, schwang uns entgegen.
    Suko hatte seine Starre als erster überwunden und löste sich von der oberen Stufe. Normal konnte er die Treppe nicht mehr hinabgehen. Er mußte einen bestimmten Weg finden, im Zickzack laufen, damit er nicht auf die leblosen Körper trat.
    Ich blieb dicht hinter ihm, den Lichtkegel meiner Leuchte nach unten gesenkt. Des öfteren glitt er über die steifen Körper hinweg und erfaßte auch die starren Gesichter, die sich wie Totenmasken von dem dunkleren Gestein abhoben.
    Am Fuß der Treppe wartete Suko auf mich. Auch sein Gesicht zeigte kein Leben. Nur in den Augen stand so etwas wie eine Frage und auch eine gewisse Verzweiflung. Er hatte die Lippen zusammengepreßt, und als er schluckte, bewegte sich seine Haut am Hals.
    Ich schaute ihn an. »Wo ist Naomi eingesperrt worden?«
    »Komm mit.«
    Er führte mich tiefer in einen Gang hinein, leuchtete wieder - und erwischte ein Ziel.
    Quer und in der Mitte des Ganges, zwischen zwei dicken Bohlentüren, lag eine weitere
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