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0862 - Der Leichenmantel

0862 - Der Leichenmantel

Titel: 0862 - Der Leichenmantel
Autoren: Jason Dark
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er war auch bereit, seinen alten Racheschwur zu erfüllen, auch an den Nachkommen derjenigen, die ihn damals hatten erfrieren lassen.
    Ich wußte jetzt Bescheid.
    Es war eine alte Geschichte, wie ich sie oft genug gehört und auch erlebt hatte. Aber sie war wieder sehr variantenreich gewesen, denn ein dämonisches Wesen, das sich mit mir als schreibendes Etwas in Verbindung setzte, hatte ich noch nicht erlebt.
    Trotz des mich umgebenden Grauens war ich fasziniert und schaute auch zu, wie die Schrift allmählich verblaßte. Er hatte sich mir mitgeteilt, es gab nichts mehr zu erklären zwischen uns, sondern nur noch die Todfeindschaft.
    Das bräunliche Skelett stand in der Wand. Noch immer lebte dieses Bild, und ich wollte es anfassen.
    Die Finger meiner ausgestreckten Hand erreichten die Wand zwar, aber sie fühlten nur den normalen harten und auch kalten Widerstand des Gemäuers. Für mich öffnete sich die neue oder andere Dimension leider nicht.
    Das war ärgerlich, es machte mich aber nicht hilflos, denn ich war nicht ohne Waffen erschienen.
    Die wichtigste Waffe, mein Kreuz, lag griffbereit in der rechten Jackentasche.
    Ich holte es mit einem schnellen Griff hervor, war aber nicht schnell genug, denn urplötzlich fiel das Bild mit dem Skelett vor mir zusammen.
    Schlagartig wurde es finster!
    Ich stand da inmitten des üblen Geruchs und konnte erst wieder etwas sehen, als ich meine dünne Leuchte hervorgeholt und sie eingeschaltet hatte.
    Aber kein Skelett befand sich in der Wand. Sie war kahl, leer und grau wie immer.
    Wie ging es jetzt weiter? Was sollte ich tun? Ich dachte daran, mit welch einer Intensität und Inbrunst die Gestalt sich mir offenbart hatte. Sie existierte einzig und allein für ihre Rache. Der Leichenmantel hatte ihr die nötige Kraft gegeben, um Menschen töten zu können. Dieser Erasmus besaß eine mörderische Waffe. Ich hatte sie nicht übersehen.
    Für ihn gab es nur eine Lösung.
    Ab in den Ort, um dort ein Blutbad zu hinterlassen.
    Bei diesem Gedanken kriegte ich Magenschmerzen.
    Plötzlich hatte ich es sehr eilig.
    ***
    Silvio Frappi hatte von draußen Bretter geholt, lange Nägel und einen entsprechenden Hammer.
    Auch wenn die Schläge die Nachtruhe störten und jedes Echo durch den Kopf der kranken Naomi wie ein Blitzschlag huschte, er nagelte das Loch im Boden zu.
    Auch die anderen befanden sich noch im Zimmer. Sie schwiegen, sie waren ruhig und trotzdem nervös. Immer wieder glitten ihre Blicke hin zum Fenster, doch hinter den Scheiben blieb es ruhig.
    Des öfteren strich Anna Frappi eine Haarsträhne aus der Stirn. Ihr schweres Atmen unterbrach dabei die Stille, die nach Silvios Arbeit eingetreten war.
    Naomi lag wie eine Leiche im Bett. Sie hielt die Augen fast geschlossen, die Hände waren zu Fäusten geballt. Halboffen stand ihr Mund. Manchmal zuckten die Wangen.
    Suko fühlte sich fremd und eingeschlossen. Er dachte noch immer darüber nach, ob es eine gute Idee gewesen war, John gehen zu lassen. Wie lange sein Freund verschwunden war, wußte er nicht.
    Er hatte beim Abschied nicht auf die Uhr geschaut.
    Träge krochen die Minuten dahin. Keiner wußte so recht, was er sagen sollte, aber in den Blicken der Frappis lag die nackte Furcht.
    Eine unterbrach das Schweigen. Und zwar so plötzlich, daß sich die anderen erschreckten.
    »Er kommt!«
    Auch Suko schaute hoch, denn er hatte Naomi ebenfalls verstanden. Sie lag noch immer auf dem Rücken, aber nicht mehr so still. Ihre Hände bewegten sich schabend über die Bettdecke hinweg.
    Der Mund zitterte, die Augen waren starr.
    »Wer kommt?« fragte Silvio.
    Sie schwieg.
    »Bitte, Naomi, sag uns, wer kommt.«
    Die junge Frau schaute zum Fenster.
    Suko lief hin und zerrte es auf.
    Kalte Luft traf ihn. Er hatte leider keinen so guten Ausblick, und zwischen den Bäumen war keine Bewegung zu erkennen.
    Er hatte das Fenster noch offen, als er Silvio Frappis Frage hörte. »Ist es John Sinclair?«
    Als Naomi antwortete, drehte sich Suko um. »Nein, nein…« Ihre Stimme zitterte. »Es ist nicht John Sinclair. Es ist ein anderer. Er war schon bei mir. Es ist das Böse, der Teufel, die Hölle.« In ihrer Panik brachte sie alles durcheinander.
    Der Inspektor blieb am Fußende des Bettes stehen. »Wenn du ihn spürst, kannst du sagen, ob er schon nahe ist?« radebrechte er.
    Sie nickte. »Sehr nahe, glaube ich…«
    »Und John Sinclair.«
    »Weiß ich nicht.«
    Suko sah die Blicke der anderen auf sich gerichtet und wußte, daß er gefordert
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