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0862 - Der Leichenmantel

0862 - Der Leichenmantel

Titel: 0862 - Der Leichenmantel
Autoren: Jason Dark
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war. Anna Frappi sprach es auch aus. Sie fragte mit leiser Stimme »Was sollen wir jetzt tun? Was können wir tun?«
    Ihr Mann hob die Schultern.
    Carla, die Tochter, saß in der Ecke und zitterte leicht.
    »Nichts«, antwortete Suko.
    Das gefiel Silvio überhaupt nicht. Er holte tief Luft. »Sollen wir uns abschlachten lassen?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Sie bleiben auf jeden Fall zunächst hier zusammen.«
    »Und Sie?«
    »Ich schaue mich um.«
    »Wo?«
    »Keine Sorge, ich bleibe im oder am Haus. Aber verhalten sie sich bitte still.«
    Die Frappis waren einverstanden und gaben dies auch durch ein Nicken bekannt.
    Als Suko den Raum verlassen wollte, wurde er noch von Carla aufgehalten. Sie zupfte an seiner Jacke. Suko blieb stehen. Er sah die großen fragenden Augen auf sich gerichtet. »Glaubst du denn, daß John es geschafft hat?«
    »Ich hoffe es.«
    »Und wenn nicht?«
    »Er hat es geschafft, keine Sorge.« Ob die Kleine damit beruhigt war, wußte Suko nicht. Er konnte sich auch nicht um sie kümmern, die Gestalt im Leichenmantel war wichtiger.
    An der Tür drehte er sich noch einmal um und schaute auf die im Bett liegende Naomi.
    Sie sprach nicht mehr, nur ihre Augen bewegten sich, und sie schaute in alle Richtungen, so gut es ihr möglich war. Selbst zur Decke warf sie einen Blick.
    Suko verließ das Haus. In der Kühle vor der Tür blieb er stehen, den Blick hinein in die Nacht gerichtet, in der sich die Häuser scharf konturiert in der Klarheit des dunklen Blaus abzeichneten.
    Auch die Berge grüßten wie gewaltige Wächter. Selbst sie schienen entrückt zu sein, um das Grauen nicht sehen zu müssen.
    Es gab keine Straßenlaternen in Trivino. Wenn Licht auf die schmalen Wege leuchtete, dann drang er aus den Fenstern der kleinen Häuser, in die sich die Menschen zurückgezogen hatten.
    Wahrscheinlich wußten alle, daß etwas passierte. Nur traute sich niemand aus seinem Haus hervor, aus Angst, einem mordenden Unhold in die Arme zu laufen.
    War er da, war er nicht da? Hatte sich Naomi alles eingebildet, oder hatte es zwischen ihr und dem anderen tatsächlich so etwas wie einen Kontakt gegeben?
    Suko erinnerte sich an den Besuch im Kloster. Dort hatten sie ihn gerochen, denn dieser Gestank nach alten Leichen war einfach nicht zu überriechen gewesen.
    Und jetzt?
    Nur die klare Nachtluft der Berge. Das Rauschen des Bachs, eine völlig normale Welt, in der nichts auf das anschleichende Grauen hinwies. Suko hatte auch die letzten Worte des Mädchens nicht vergessen, als nach John gefragt worden war.
    Ja, auch er machte sich Sorgen um seinen Freund. Er kannte das Kloster und stufte es durchaus als eine Falle ein, in der sich das Böse eingenistet hatte.
    Er wollte schon von der Haustür weggehen, als er aus dem Haus Stimmen hörte. Auch deshalb gut zu verstehen, weil Suko die Tür nicht hinter sich zugezogen hatte.
    Er blieb stehen und drehte sich um.
    Bevor Suko nachschauen konnte, wurde die Tür aufgezogen, und der Inspektor staunte nicht schlecht, als er Naomi vor sich sah. Ihr Verband leuchtete hell in der Dunkelheit. Sie sah aus wie jemand, der einen Turban trug.
    »Was machen Sie denn hier?«
    Silvio erschien. »Ich konnte sie nicht mehr halten. Sie wollte aus dem Bett, sie hat uns überrascht.«
    Er legte seine Hände auf ihre Schulter und hielt sie fest.
    Das gefiel Naomi überhaupt nicht. Mit einigen Drehbewegungen riß sie sich frei. Silvio wollte nachgreifen, doch Suko trat dazwischen. »Nein, laß sie in Ruhe.«
    Frappi hob die Schulter. »Das können wir nicht verantworten. Wenn sie aufsteht und verschwindet, dann kann…«
    »Nicht jetzt!«
    Silvio Frappi hatte endlich verstanden und zog sich wieder zurück in das Haus. Er blieb aber nahe der offenen Tür stehen, um mitzubekommen, was passierte.
    Neben Suko hielt sich Naomi auf. Sie bewegte etwas unkontrolliert ihre Arme, als wollte sie nach irgendwelchen Insekten fangen. Zudem sah sie nach links und rechts, als könnte aus dem schattigen Dunkel irgend jemand erscheinen.
    »Du spürst ihn?« fragte Suko.
    »Si…«
    »Und wo?«
    Naomi hob die Schultern. »Er… er… ist überall. Ich… ich… kann ihn riechen, ich kann ihn schmecken. Er will mich töten. Ich habe im Kloster gelebt, ich war gefangen, er will auch meine Haut, erst dann ist sein Mantel perfekt.«
    Suko hatte genug verstanden, um antworten zu können. »Er wird sie nicht bekommen, das schwöre ich dir.«
    »Er ist stark.«
    »Hast du ihn schon gesehen?«
    »Wo?«
    »Im
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