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0860 - Die Blutbank von Venedig

0860 - Die Blutbank von Venedig

Titel: 0860 - Die Blutbank von Venedig
Autoren: Earl Warren
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Hochachtung zu erweisen.
    »Die Sonne geht auf!«, rief er.
    Nicole küsste ihn.
    »Und du bist der Sonnenkönig«, sagte sie kapriziös. Sie schaute auf ihre winzige, teure Uhr, bei der sich Zamorra immer wieder fragte, wie sie darauf die Zeit erkannte. »Wir müssen uns beeilen.«
    Das Lächeln, das Nicole auf seine Miene gezaubert hatte, glitt von Zamorras Gesicht. »Wenn Vampire die Zubers erwischt haben, ist es jetzt schon zu spät, sie zu retten. Die armen jungen Leute. Sie waren so verliebt und so glücklich. Es dreht mir das Herz um, wenn ich daran denke, dass sie Vampiropfer wurden.«
    »Noch wissen wir es nicht mit Bestimmtheit.«
    Aber die schlimme Ahnung hatten sie beide, und sie glaubten nicht, obwohl sie es nicht aussprachen, dass diese sie trog.
    ***
    Venedig war auf 117 Inseln erbaut, die über 400 Brücken miteinander verbanden. Es galt als eines der schönsten Städte der Welt. Es gab hier keinen Autoverkehr und keine Motorinos und Motorräder, die für junge Italiener sozusagen ein Lebenselixier waren. Bei vielen von ihnen schien der Hauptzweck des Lebens darin zu bestehen, den ganzen Tag auf einem Zweirad-Knatterer durch die Gegend zu düsen, sich den Signorinas zu zeigen und ab und zu einmal, wenn das Benzin ausging, auf der Piazza zu sitzen, laute Musik zu hören und mit Gleichaltrigen Espresso oder Softdrinks zu schlürfen.
    In Venedig gab es jedoch Powerboote, außer den beschaulich zu üppigen Preisen für die Touristen dahingleitenden Gondeln mit den hohen, schwertartigen Kielen. Die Gondeln waren teils überdacht, sie und Ruderboote, allerdings weniger herausgeputzt als die für den Tourismus, dienten auch dem Privat-und Geschäftsverkehr.
    Rinaldo Tortone war ein typischer venetianischer Gondoliere, 28 Jahre alt, untersetzt, mit eng anliegenden Hosen, in die er eine Hasenpfote steckte, um ein übergroßes Geschlechtsteil vorzutäuschen,, offenem weißem Hemd, unter dem ihm krause schwarze Haare auf der Brust wucherten. In diesem Haargestrüpp glänzte an einer massiven Goldkette ein goldenes Kreuz fast von Daumengröße. Nicht weil Tortone fromm war, er war Atheist und wählte regelmäßig die kommunistische Partei. Doch so eine schwere Goldkette samt dem Zierat gehörte zum Outfit.
    Er hatte mit seiner Gondel an der Ponte di Rialto angelegt, der Seufzerbrücke, und war auf Touristenfang.
    Strahlend lächelte er, als sich ein deutscher Studienrat und dessen Gattin an ihn wendeten und er mit ihnen handelseinig wurde. Als sie in seine Gondel stiegen, die den klangvollen Namen »La Graciosa« trug, wollte er ihnen Details über die mit prachtvollen Steinmetzarbeiten verzierte Brücke erzählen.
    Tortone sah sich auch als Fremdenführer, was dem Geschäft und der Trinkgeldzahlung zuträglich war, und hielt viel von sich.
    Doch als er in gebrochenem Deutsch loslegte, unterbrach ihn der Studienrat: »Seien Sie ruhig, guter Mann. Rudern Sie einfach, ich weiß mehr als Sie. - Uno Momento.«
    Aus seinem Reiseführer las der Studienrat seiner Gattin vor, dass die Rialtogbrücke 48 Meter lang und 22 Meter breit sei.
    »Malerische Andenkenläden und Geschäfte von Juwelieren und dergleichen stehen in zwei Reihen darauf«, erklärte er.
    »Das sehe ich doch«, sagte die Gattin.
    »Ja, aber dass die Brücke ursprünglich aus Holz erbaut war, bis 1854 die einzige Brücke über den Canale Grande war, die Hauptverkehrsader Venedigs, die sich 3,8 Kilometer lang S-förmig durch die Stadt windet…«
    »Balduin, bitte, hör auf. Ich kann selber im Reiseführer lesen und bin keine Schülerin von dir.«
    Der Studienrat schwieg verschnupft. Der Gondoliere grinste verstohlen, denn dass der Tedesco [4] eine Zurechtweisung erfuhr, begriff er. Rinaldo Tortone trieb die Gondel mit dem einen Ruder voran.
    Er passte auf, dass er seinen gut gebauten Oberkörper in Position brachte, denn er befand sich im seitlichen Blickfeld seines weiblichen Fahrgasts.
    Der Gondoliere war wie viele andere einem amorösen Abenteuer mit einem weiblichen Fahrgast nicht abgeneigt. Auch bei den Gondoliere gab es Papagalli, bis hinauf in die älteren Jahrgänge. Hier allerdings würde es nichts werden, denn es handelte sich bei den beiden Deutschen offensichtlich um ein Ehepaar mittleren Alters - aus Duisburg, wie der Gondoliere aus ihrem Gespräch mitbekam, und die schon etwas verblühte Frau sah nicht so aus, als ob sie Abwege suchen würde.
    Ein Motorboot jagte vorbei, ein Lagunenraser, wie sie hier genannt wurden, den Bug hoch aus dem
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