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0821 - Wo die Totenlichter leuchten

0821 - Wo die Totenlichter leuchten

Titel: 0821 - Wo die Totenlichter leuchten
Autoren: Jason Dark
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vorangekommen, um den Baum an der rechten Seite zu sehen. Er war noch in der tiefen Dunkelheit verschwunden, und ich wollte auch nicht an ihm vorbeigehen. Sicherheitshalber schaltete ich die kleine Bleistiftlampe ein und leuchtete nach rechts.
    Der bleiche Finger tastete sich erst über den Boden vor, dann hob ich die Hand, und wenig später fiel der Lichtkreis auf den Baum.
    Ein kurzes Lächeln huschte über meine Lippen. Bis zum Friedhof waren es nur mehr wenige Schritte, und schon sehr bald hatte ich das Areal erreicht.
    Unter dem Baum blieb ich stehen. Dessen Äste schwebten über mir, als wollten sie mich beschützen. Daran wiederum wollte ich nicht glauben, denn dieser Baum kam mir eher vor wie ein unheimliches Gespenst, das jeden Moment auf mich niederfallen konnte.
    Der Wind war einfach zu schwach, um die Äste zu bewegen. Es hing auch kein Blatt daran, und das Holz sah so bleich aus wie der Körper einer tagealten Leiche.
    Stille umgab mich.
    Nur wenn ich mich bewegte, raschelte es, so wie jetzt, als ich die Hand um meinen Hals legte, weil ich die Kette mit dem Kreuz über meinen Kopf streifen wollte.
    Es bestand zwar keine Gefahr, aber ich ging einfach davon aus, dass mir das Kreuz in diesem Fall als Indikator dienen konnte.
    Vielleicht würde es mir einen Hinweis auf die hier lauernde andere Kraft geben.
    Ich ließ es auf meiner linken Handfläche liegen und spürte nicht einmal die geringste Erwärmung. In der Dunkelheit schimmerte das Silber matt, ichhatte sogar den Eindruck, als hätte das Kreuz einen schmutzigen Rand bekommen.
    Wenig später veränderte ich seine Lage. Von nun an hielt ich die Kette fest und ließ das Kreuz nach unten hängen, als sollte es Pendelfunktionen ausüben, was auch geschah, denn durch mein Gehen über den Friedhof geriet es in diese leichten Bewegungen, schwang von einer Seite zur anderen, aber es reagierte nicht.
    Die kleine Leuchte hatte ich wieder verschwinden lassen. Nichts Fremdes, mich einmal ausgenommen, sollte diese bedrückende Stimme stören. Ich dachte darüber nach, ob sich hier etwas verändert hatte. Für mich jedenfalls war nichts zu spüren. Hier war alles unverändert geblieben.
    Ich drehte meine Runde.
    Der Boden war glatt. Nichts wies darauf hin, dass hier vor kurzem noch vier Grabsteine und ein Kreuz gestanden hatten. An keiner Stelle zeigte sich die Erde aufgewühlt.
    Vom Wald aus hatte ich die Größe des Friedhofs nicht richtig einschätzen können. Ich blieb ungefähr dort stehen, wo sich meinem Gefühl nach die Grenze befinden musste, aber auch hier tat sich nichts. Mein Kreuz konnte oder wollte keine Reaktion zeigen.
    Dieser unheimliche Flecken Erde war autark. Er ließ sich auch durch mich nicht beeinflussen, aber ich glaubte daran, dass der Hund zurückkehren würde. Der Förster hatte keinen Grund gehabt, uns anzulügen.
    Mutterseelenallein stand ich in der Nacht. Mein Blick glitt hoch zum Himmel, wo sich jetzt hinter einer dünneren Wolke eine bleiche Scheibe abmalte.
    Es war der Vollmond, der sein volles Licht noch nicht frei ausstreuen könnte, aber er schaute mit seinem blassen Auge wie ein Beobachter auf mich nieder.
    Er passte eben zu dieser bedrückenden Stille und auch Stimmung. Dass etwas passieren würde, stand für mich fest. Zwar hatte ich keinen Beweis, doch es lag etwas in der Luft, das ich nicht hätte beschreiben können, wenn man mich danach gefragt hätte.
    Vielleicht ein Kribbeln auf der Haut, das aber nicht von außen kam, sondern sich mehr in meinem Innern aufgebaut hatte und mich durchrieselte wie ein feiner Strom.
    Hier war etwas.
    Ich fühlte mich unwohl. Schlagartig war dieses Gefühl über mich gekommen. Einen Grund konnte ich nicht nennen, denn es hatte sich nichts verändert. Die Stille blieb, der düstere Himmel ebenfalls und auch der dunkle Boden, auf dem ich stand, obwohl es so aussah, als würde ich schweben, denn meine Schuhe und ein Teil meiner Beine waren im tiefen Gras versunken.
    Ich drehte mich um.
    Nichts tat sich. Hinter mir breitete sich die Dunkelheit aus. Sie lag wie ein tiefer Schatten über der Landschaft. In ihrem Innern konnten sich die unheimlichsten Dinge verbergen, die plötzlich herausgerissen wurden, um mich anzugreifen.
    Warten…
    Worauf?
    Auf das andere, das tief in der Erde lag und bestimmt darauf lauerte, zum Vorschein zu kommen.
    Mein Kreuz zeigte nicht an. Mir kam es vor, als hätte es mich einfach im Stichgelassen, und ich spürte, wie der Ärger allmählich in mir hochstieg.
    Hatte mich
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