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0821 - Wo die Totenlichter leuchten

0821 - Wo die Totenlichter leuchten

Titel: 0821 - Wo die Totenlichter leuchten
Autoren: Jason Dark
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Es roch nach frischem Holz, nach Heu und nach Tannen. Es war ein Geruch, der gut tat, zumindest Suko und mir, denn oft genug hielten wir uns in den Häuserschluchten Londons auf, da konnten wir schon zufrieden sein, wenn uns die freie Natur umgab.
    Die hatte unser Begleiter jeden Tag.
    Er hieß Wayne Turney, war Förster und gleichzeitig der Mann, der uns bei Einbruch der Dämmerung zu einem von ihm gebauten Hochsitz geführt und uns mit Nachtgläsern ausgerüstet hatte. Nun standen wir vor der Leiter und schauten zu der Sitzfläche hoch.
    Ich schnupperte, weil ich den Holzgeruch mochte. »Der Stand ist noch neu, wie?«
    »Ein paar Tage alt, John.«
    »Hält er unser Gewicht aus?« erkundigte sich Suko.
    Turney lachte leise. »Bestimmt. Sogar meine Schwiegermutter war schon hier oben, und das ist ein Kaliber, kann ich Ihnen sagen.«
    »Dann gehen Sie mal vor.«
    »Gern.«
    Wayne Turney sahen wir an, dass er den Hochsitz nicht zum ersten Mal bestieg. Er bewegte sich geschickt und trittsicher, hatte die Plattform schnell erreicht und winkte uns von oben zu.
    »Du oder ich?« fragte Suko.
    »Schönheit geht vor.«
    »Dann warte mal.«
    Ich grinste und schlug ihm auf die Schulter. »Sicher, Alter, ab mit dir.«
    Suko kletterte in die Höhe. Ich blieb unten und schaute mich um.
    Viel war nicht mehr zu erkennen. Die Dämmerung war in die Dunkelheit übergegangen, die alles bedeckt und ineinander verschwimmen ließ. So war es uns kaum möglich, mit dem bloßen Auge Einzelheiten der Landschaft zu erkennen. Hohe Berge gab es hier nicht, dafür viel Wald, Hügel und Wiesen.
    Auch Suko hatte seinen Platz erreicht. Ich hörte seine Stimme, schaute hoch und sah ihn winken. Ich machte mich an den Aufstieg, und dann wurde es ziemlich eng auf der Sitzbank.
    »Alles klar?« fragte Wayne.
    »Ja.«
    »Dann schauen Sie durch die Gläser.«
    Die Geräte, ausgestattet mit einem Restlichtverstärker, hingen vor unserer Brust. Wir hoben sie an und schauten in die Richtung, in die auch der Förster blickte.
    Es war schon toll, wie man trotz einsetzender Dunkelheit alles um einen herum erkennen konnte. Von dem kleinen Ort jedoch war nichts zu sehen, auch nicht von der Straße, die an ihm vorbeiführte, denn beide lagen hinter einem Hügel versteckt. Unsere Gläser bewegten sich von diesem Ort weg nach links hin, wo die Stelle liegen sollte, die dem Förster so große Probleme bereitet hatte. Es war ein Platz des Schreckens, des Todes und der angeblichen Rückkehr aus dem Jenseits.
    Ich bewegte das Glas sehr langsam. Ein Waldrand wanderte vorbei, ich sah schmale Wege, auch Wiesenflächen, dann einen kleinen Anstieg und hörte das Flüstern des Försters.
    »Sehen Sie an der rechten Seite den Baum, der keine Blätter hat, schief gewachsen ist und aussieht wie ein Skelett?«
    »Ich kann ihn erkennen«, meldete ich mich.
    »Ebenfalls«, sagte Suko.
    »Es ist das Zeichen.«
    »Für was?« fragte ich.
    »Eine Art Aufpasser oder Wächter. Eben für das Gelände, auf dem sie verschwinden.«
    »Sie sprechen von einem Friedhof«, sagte Suko.
    »Ja, von dem Geisterfriedhof.«
    »Ihn sehe ich nicht.«
    Der Förster gab einen Laut ab, der an das Jaulen eines Tieres erinnerte. »Das ist eben das Problem. Es gibt diesen Friedhof, er ist immer da, wenn er gebraucht wird. Er kommt aus dem Nichts, und er holt sich seine Opfer.«
    Ich ließ mein Glas sinken. »Dann ist er so etwas wie ein Geister-Friedhof.«
    Der Förster senkte seine Stimme zu einem Flüstern. »Sie haben es erfasst, John. Was hier geschieht, dafür… dafür gibt es keine rationale Erklärung. Das ist einfach Wahnsinn. Wer das erlebt, dreht hoffentlich nicht durch.« Turney strich über seine Stirn. Dann hustete er. »Ich habe es jetzt zweimal gesehen. Man … man … kann es nicht richtig erklären. Man muss es erlebt haben, und das ist gefährlich.«
    Wir wussten ungefähr, wovon er sprach. Es ging um ein Licht, einen Friedhof, ein Skelett, das dieses Licht abgab. Es ging um verschwundene Menschen und Tiere, die eigentlich nicht richtig verschwunden waren, sondern wieder zurückkehrten, doch das schien der Förster nicht zu wissen.
    Er schaute auf die Uhr. Seine Zungenspitze fuhr aus dem Mund und leckte über die Lippen. Wayne Turney war ein großer, knochiger Mensch, der selbst aussah, als wäre er aus einem Baum in seinem Wald geschnitzt worden. Seine kräftige Nase wuchs in Höhe der dunklen, balkenförmigen Augenbrauen dicht zusammen.
    Darüber befand sich die breite Stirn, und sein
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