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0816 - Der Todesbaum

0816 - Der Todesbaum

Titel: 0816 - Der Todesbaum
Autoren: Sylke Brandt
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definitiv nicht dazu.
    »Das ist es nicht. Was auch immer diesen Garten da in seinen Farbenrausch versetzt, es ist nicht richtig.« Nicole seufzte und schüttelte den Kopf. »Lass uns Jules Leroc finden, von hier verschwinden und das nächste große Problem suchen. Ich habe lieber einen anständigen Dämon vor mir, auf den ich ein bisschen schießen kann. Da weiß ich zumindest, woran ich bin.«
    Sie folgten der Hauptstraße weiter und sahen, dass Bocage-Noir sogar einen kleinen Laden hatte. Das Geschäft war in einem der Wohnhäuser untergebracht und unterschied sich von ihnen nur durch ein Schild und allerlei Waren, die sich in den Fenstern stapelten. Es schien das für so kleine Orte übliche Gemisch an Lebensmitteln, Haushaltsdingen und Krimskrams zu sein, ein paar Antiquitäten für den Besucher und sogar einige vergilbte Postkarten der Gegend, die in einem Ständer draußen an der Wand hingen.
    »Mal schauen, was der Typ hier zu sagen hat. Vielleicht kann er uns weiterhelfen.«
    Zamorra öffnete die Tür, eine kleine Klingel ertönte, und der Mann hinter dem abgeschabten Verkaufstresen blickte langsam auf. Dann, als er erkannte, dass es keine Leute aus dem Dorf waren, klappte er rasch das dicke Buch zu, in dem er gerade gelesen hatte, und ließ es unter dem Tisch verschwinden.
    »Was kann ich für Sie tun?«, fragte er mit einer seltsam nasalen Stimme und blinzelte sie durch seine Brille an.
    »Wir schauen uns nur ein wenig um«, erwiderte Zamorra.
    »Und haben Sie Schokolade?«, sprang Nicole ein, um die Aufmerksamkeit des Mannes auf sich zu ziehen.
    Während der Verkäufer ihr ein paar Tafeln und einige angestaubte Pralinenschachteln zeigte, streifte Zamorra durch den kleinen Raum. Seit sie den Laden betreten hatten, wirkte er angespannt, was allerdings nur Nicole bemerkte - für jeden, der ihn weniger gut kannte, war der Mann in dem hellen Anzug die Verkörperung von Müßiggang.
    Nicole spielte ihre Rolle und plapperte etwas von verschiedenen Sorten, der Schokoladensucht einer Tante und allerlei anderes sinnloses Zeug. Dabei stellte sie mit Erleichterung fest, dass der Ladenbesitzer keine grünen Augen hatte und - soweit sie das bei dem zugeknöpften Hemd sagen konnte - auch keine Wunde am Hals. Irgendwie fand sie das ein gutes Zeichen.
    Vorsichtig begann sie das Thema zu wechseln - vom Wetter auf die schöne Gegend und das hübsche Dorf -, um dann dazu zu kommen, dass ein Freund ihnen den Ort empfohlen hatte.
    »Eigentlich hatten wir gehofft, ihn hier zu treffen«, sagte sie dann. »Er wollte irgendwann in diesen Tagen auch herkommen.«
    »Ein junger Mann mit einem Rucksack?«, näselte der Verkäufer, und Nicole schüttelte den Kopf. Dabei sah sie, dass ihr Chef einen seiner Tricks probierte: Er machte sich unsichtbar. Langsam wurde er immer schwerer zu erkennen. Nicht, weil das Licht durch ihn hindurch gehen würde, sondern weil er immer unwichtiger erschien. Obwohl sie genau wusste, wo Zamorra stand - und obwohl er ihr nun ganz sicherlich nicht unwichtig war! - hatte sie Mühe, ihn wirklich zu sehen.
    Da ist nichts, sagte ihr eigener Verstand. Da brauchst du gar nicht hinschauen.
    Es war ein prima Trick, den Zamorra vor langer Zeit von einem Mönch in Tibet gelernt hatte. Diese Fertigkeit hier anzuwenden, war allerdings gewagt, denn auch wenn der Verkäufer ihn jetzt nicht mehr wahmehmen konnte, mochte er sich doch ganz einfach fragen, wo denn sein Kunde geblieben war.
    Nicole verdoppelte ihre Anstrengungen, den Ladenbesitzer beschäftigt zu halten, und lehnte sich auf den Tresen. Ihre Stimme wurde verschwörerisch.
    »Der junge Kerl aus dem Gasthaus? Nein, nein, mein Freund ist ein richtiger Mann, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich glaube sogar«, ihre Stimme wurde fast ein Flüstern, und der Ladenbesitzer beugte sich unwillkürlich tiefer zu ihr, »dass er eine Freundin hier im Dorf haben könnte.«
    »Das bezweifle ich«, wehrte der Mann sofort ab und wirkte etwas verärgert. Oder ängstlich. Nicole hakte sofort nach.
    »Wirklich? Ich will ja über niemanden schlecht reden, aber mein Freund ist ein wirklicher Frauenheld. Er hat mir noch vor zwei Tagen von einer umwerfenden Brünetten mit sehr grünen Augen vorgeschwärmt. Er meinte, sie käme aus der Bretagne. Na ja, und dann wollte er hierher. Ist das nicht auffällig?«
    »Hier in dem Dorf leben nur anständige Mädchen«, beharrte der Verkäufer, und Nicole brauchte keine Telepathie, um zu erkennen, dass er log. Sie sah aus den Augenwinkeln
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