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0816 - Der Todesbaum

0816 - Der Todesbaum

Titel: 0816 - Der Todesbaum
Autoren: Sylke Brandt
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Gespräch zu führen, kämpfte mit seinen paar Brocken Französisch und starrte dabei seiner Gesellschafterin unverwandt tief in den offenherzigen Ausschnitt. Nicole folgte seinem Blick, und dabei fiel ihr auf, dass die junge Frau ebenso wie die Wirtin eine Wunde am Hals hatte, genau in der Mitte unter der Kehle.
    »Entweder ist das genauso eine Erbkrankheit wie diese grünen Augen, oder sie haben hier sehr zielsichere Flöhe«, murmelte Nicole.
    Zamorra, der sich gerade über das dampfende und gut duftende Essen hermachte, schüttelte den Kopf.
    »Hier ist bestimmt etwas im Argen. Aber heute Abend werden wir nichts mehr herausfinden. Ich habe zumindest keine Lust, im Dunkeln durch das Dorf zu stolpern.«
    »Geht mir genauso. Im Übrigen bin ich müde.«
    Sie wusste, dass es ihrem Chef nicht so ging. Seine hauptsächliche Lebensund Arbeitszeit war die Nacht, was wohl daran lag, dass die meisten seiner »Klienten« um diese Stunden erst aktiv wurden. Im Guten wie im Bösen. Das Übersinnliche schien enorm an Wirkung zu verlieren, wenn es pünktlich zum Mittagessen im hellen Sonnenlicht erschien. Geister, Vampire und Dämonen wussten schon, was sie ihrem Ruf schuldig waren.
    »Morgen sehen wir uns in diesem hübschen Ort etwas genauer um«, erklärte Zamorra zwischen zwei Bissen. Das Essen war wirklich gut, und vor irgendeinem tückischen Gift brauchten sie sich auch hier nicht zu fürchten. Seit sie aus der Quelle des Lebens getrunken hatte, waren er und seine Lebensgefährtin gegen Gifte und Krankheiten weitgehend immun. Sie hätten auch einen Eintopf genießen können, wenn die Zyankali-Flasche noch gut sichtbar daneben gestanden hätte.
    »Ich bin gespannt, was wir finden werden.«
    »Diese Merille Sandson wäre ein guter Anfang. Obwohl grüne Augen hier kein echtes Unterscheidungsmerkmal sind. Vielleicht laufen wir ja morgen auch einfach Jules Leroc über den Weg, liebestoll und glücklich.« Nicole kniff die Augen zusammen und musterte erst die alte Wirtin und dann die Blondine, die jetzt fast auf Tuchfühlung mit dem beglückten jungen Touristen saß. »Meinst du, du könntest einen von ihnen hypnotisieren und ein paar ehrliche Antworten bekommen?«
    »Ich würde es lieber lassen«, erwiderte Zamorra nach kurzem Nachdenken. »Wenn sie deine Telepathie unterbinden, haben sie vielleicht auch einen Schutz gegen Hypnose. Und es könnte sich noch als vorteilhaft erweisen, vorerst mit meinen Fähigkeiten hinter dem Berg zu halten.«
    Sie beendeten ihr Abendessen schweigend und verließen die bedrückende Stille des Gastraums, die besser in eine Bibliothek gepasst hätte. Nicole konnte es der Blondine nicht verübeln, dass sie wie eine Klette an dem jungen Reisenden hing. Er bekam, im Gegensatz zu den griesgrämigen Einheimischen, zumindest die Zähne auseinander.
    Als sie an dessen Tisch vorbei zur Tür gingen, schnupperte Zamorra unmerklich.
    »Was ist?«, fragte Nicole auf der Treppe.
    »Ich habe das schon einmal gerochen. Ein süßliches Parfüm, sehr anregend. Und trotzdem unangenehm, wie ich finde.« Er dachte kurz nach.
    »So roch der Zettel, auf dem Merilles Hotelanschrift stand.«
    »Vielleicht haben die Mädels hier im Dorf alle das gleiche Parfüm. Handgekeltert aus heimischen Zutaten. Ihre Kleidung sieht ja auch so aus, als würden sie selber am Webstuhl sitzen.«
    Jemand hatte in ihrer Abwesenheit den Ofen angefacht, sodass es etwas wärmer war im Zimmer. Ohne Zweifel hatte dieser jemand auch einen vorsichtigen Blick in ihr Gepäck geworfen, aber das Verfänglichste, was er da entdeckt haben mochte, war Nicoles Unterwäsche. Der kleinere Aluminiumkoffer, den Zamorra gut sichtbar auf dem Tisch abgestellt hatte, war selbst für einen Profi schwer zu knacken, und den gab es hier im Ort sicherlich nicht.
    Während Nicole wieder ins Bett schlüpfte, öffnete Zamorra den Koffer und holte ein paar Kerzen, etwas Räucherwerk und eine spezielle Kreide heraus.
    »Sicher ist sicher«, meinte er, während er damit begann, Schutzzeichen an der Tür und dem Fenster anzubringen. »Die Wirtin mag eine Wald-und Wiesenhexe sein, aber immerhin ist sie stark genug, um dich abzuschirmen. Wir wollen lieber nicht riskieren, dass sie noch einen anderen Zauber an uns ausprobiert.«
    Mit gekonnten Bewegungen zeichnete er die komplexen Muster auf das raue Holz der Tür, des Fußbodens und das Fensterbrett. Dann entzündete er drei Kerzen und verbrannte einige Kräuter, deren Geruch Nicole die Nase rümpfen ließ.
    »Daran solltest
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