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0816 - Der Todesbaum

0816 - Der Todesbaum

Titel: 0816 - Der Todesbaum
Autoren: Sylke Brandt
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Geheimnisse.
    »Wahrscheinlich haben sie die Hühner gemolken und sind dann ins Bett gegangen«, sagte Nicole düster, während sie den Blick über die üppigen Gärten gleiten ließ, die im Dämmerlicht zu grauen Schatten wurden.
    »Warum bist du so grantig?« Zamorra sah das Schild eines Gasthauses, ein kleines Gebäude mit sicherlich nicht mehr als drei Zimmern, aber ein Tribut an den Tourismus.
    »Ich weiß nicht. Vielleicht habe ich schlecht geschlafen.«
    »Oder?« Der BMW glitt auf einen kleinen Platz an einer Hecke.
    »Oder mir gefällt hier irgendetwas nicht«, schloss Nicole. Zamorra fragte nicht weiter, während er ihr Gepäck herausholte und sie die paar Meter auf das Gasthaus zugingen. Nicole hatte die Fähigkeit, Dinge zu spüren, die mit dunkler Magie zu tun hatten. Wenn dieses Dorf ihr irgendwie unangenehm war, konnte es daran li egen, dass ihre Para-Sinne ansprangen. Oder einfach an der schlechten Laune nach einem langen Tag.
    Zwei ausgetretene Steinstufen führten sie durch eine Holztür in den Vorraum des Gasthauses - es ein Foyer zu nennen, hätte sogar das schäbige Pariser Hotel beleidigt, in dem Merille Sandson abgestiegen war. Es war kühl im Raum, nur eine verzierte Öllampe brannte, und all es hatte die Aura ehrwürdigen Alters. Durch die Tür zu treten war fast so, als ginge man einen Schritt rückwärts durch die Zeit. Auf der dunklen Theke lag zusammengerollt eine große rote Katze und schlief.
    Mit übertriebenem Schaudern zog Nicole ihren neuen Mantel enger um sich und sah ihren Lebensgefährten, der gerade eine kleine Klingel betätigte, herausfordernd an.
    »Wenn die Gästezimmer hier auch so schlecht geheizt sind, dann wirst du dir etwas anderes einfallen lassen müssen, um mich warm zu kriegen!«
    Zamorras Antwort wurde durch das Auftauchen einer Frau verhindert, die im ersten Moment so alt wirkte, dass sie perfekt zur Einrichtung zu passen schien. Irgendwie hatte Nicole erwartet, dass sie unfreundlich sein würde. Aber obwohl ihr Französisch den seltsamen Akzent der Bretagne hatte, waren ihre Worte höflich, sie lächelte an den richtigen Stellen und schien insgesamt freundlich und bemüht.
    Nicole überließ es ihrem Chef, das Zimmer zu mieten, und sah sich etwas um. Bei genauerer Betrachtung gab es sogar Anzeichen der modernen Zeit in dem Vorraum - ein Münztelefon und eine elektrische Lampe, die aber nicht benutzt wurde. An der Wand hing ein altes Foto des Gasthauses. Vor der Tür stand eine gut aussehende Frau in mittleren Jahren. Wenn das die Wirtin war, war auch das Foto sehr, sehr alt. Nicole war froh, dass ihr das Altem erspart bleiben würde. Dafür sorgte das Wasser der Quelle des Lebens, von dem Zamorra und sie getrunken hatten.
    Während sie das Foto betrachtete, hörte sie ein leises Schwirren. Als sie sich zu einem kleinen, halb geöffneten Fenster umdrehte, saß dort ein-Vogel und starrte sie aus seinen schwarzen Knopfaugen an. Er trippelte einmal hin und her, wie um nach der Landung das Gleichgewicht zu finden, dann saß er ganz still. Er war klein und hübsch und irgendwie… seltsam. Nicole schüttelte sich und wandte sich ab.
    Der Raum bot sonst nicht viel Interessantes. Eine schmale Treppe führte zu den Gästezimmern nach oben, und eine Tür öffnete sich ins Speisezimmer, wo sie nachher ein Abendessen bekommen würden. Zurzeit gab es nur einen anderen Gast, ein Rucksacktourist aus Deutschland, wie Zamorra der Wirtin entlocken konnte.
    »Wir hatten gehofft, hier auf einen guten Bekannten zu treffen«, plauderte Zamorra, während er bezahlte; die misstrauische Alte bestand auf einer Vorauszahlung, was ungewöhnlich war, aber sie waren nicht zum Streiten hergekommen. »Ein Mann aus Paris, so Mitte vierzig, dunkles Haar, gepflegte Erscheinung.«
    Die Frau schüttelte den Kopf. Für ihr Alter wirkte die Wirtin auffallend gesund und rüstig. Aber an der Kehle, das sah Nicole, als ihre Gastgeberin sich vorbeugte und Zamorra einen Schlüssel reichte, hatte sie eine rote Verfärbung wie eine alte Wunde. Nicole musterte die Wirtin jetzt genauer und griff mit ihrem telepathischen Sinn hinaus, um zu erkennen, ob die Antwort gelogen sein würde.
    »Aus Paris? Nein, tut mir Leid. Ich kenne Ihren Freund nicht - wir haben wenig Fremde hier in Bocage-Noir«, antwortete die Frau. Ihre Augen waren sehr grün, und sie warf Nicole plötzlich einen Blick zu, der etwas Spöttisches hatte. »Soll ich Ihnen Ihr Zimmer zeigen?«
    »Nein, danke. Das schaffen wir.« Zamorra nahm die
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