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081 - Hexentanz

081 - Hexentanz

Titel: 081 - Hexentanz
Autoren: Frank deLorca
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hatte.
    »Kommen Sie zu sich, Victor!«, bat ich.
    In meiner Aufregung sprach ich wohl lauter und schärfer als angebracht. Aber genau das schien die richtige Medizin zu sein für den in Trance befindlichen Mann. Er erwachte, schaute sich erstaunt um und fand sich nur langsam in die Wirklichkeit zurück. Sein Gesicht war unnatürlich bleich, gezeichnet von seelischer Erschöpfung.
    Vielleicht hätte ein Experte verstanden, die mediale Veranlagung des Invaliden auszunutzen. Mich erschreckte das ungewollte Experiment.
    »Merkwürdig«, murmelte Victor Babeuf. »Ich mußte immer an die Orientalin denken; Aber ich konnte sie nicht sehen. Sie schwamm in einem roten Nebelmeer. Sie drohte mir.«
    »Versuchen Sie sich zu erinnern«, bat ich.
    »Da ist nichts«, murmelte der Veteran erschöpft. »Aber ich habe Schrift gesehen. Eine Höhle. An der Wand stand etwas. Ich konnte es aber nicht entziffern. Es waren arabische Zeichen.«
    Babeuf blickte mich an.
    »Was haben Sie mit mir gemacht?« schrie er und packte mich am Arm. »Sie Satan! Sie haben sich verstellt. Sie kennen diese Dinge, Sie wissen alles. Sie können den Willen anderer ausschalten.«
    »Nichts dergleichen«, protestierte ich. »Kommen Sie zu sich. Sie sind in Trance verfallen. Aber ich habe damit nichts zu tun.«
    »Vielleicht habe ich mir alles nur eingebildet, wie? Vielleicht haben Sie mich aber auch ausgefragt? So etwas gibt es. Im Krieg habe ich einen in meiner Kompanie gehabt, wenn der im Bunker auf dem Strohsack schlief und man stellte ihm Fragen, antwortete er brav. Am nächsten Morgen konnte er sich an nichts erinnern. So haben Sie mich auch hereingelegt.«
    Der bärenstarke Mann stürzte sich auf mich. Er würgte mich. Ich hatte Mühe, mich freizumachen. Ich suchte keinen Streit. Ich wollte einen Fall lösen. Ich brauchte keine Schlägerei. Ich räumte das Feld.
    ***
    »Wir können nicht das ganze Fundament zerstören und aufs Geradewohl nach der toten Frau suchen«, lehnte Claire Clouet ab.
    Das Interesse, das ich dem Fall entgegenbrachte, tat ihr gut. Sie sprach gerne über ihre Sorgen. Nur glaubte sie offenbar, ich wolle ihrem Sohn helfen.
    Manchmal weigerte ich mich einfach, alles für bare Münze zu nehmen, was sich bislang ereignet hatte, nachdem ich in Bouillon hängen geblieben war. Genau genommen gab es nämlich nur Gerüchte, einige wenige stichhaltige Unterlagen und unsichere Zeugenaussagen. Aber hatte sich denn wirklich etwas ereignet? War jemand ums Leben gekommen? Wir kamen keinen Schritt weiter. Und wenn das, was wir erwarteten, wirklich eintrat, war es zu spät. Dann lebte Armand Clouet nicht mehr.
    Ich nahm einen letzten Anlauf, um alles auf die herkömmliche Weise zu regeln. Ich ging hinauf und klopfte an Armands Zimmertür.
    Zunächst erhielt ich keine Antwort.
    »Ich bin’s, Elger Douglas!« rief ich.
    »Was wollen Sie?«
    »Ich möchte Ihnen helfen.« Einen Augenblick herrschte Schweigen. Dann drehte sich der Schlüssel im Schloß. Armand öffnete.
    Er bat mich herein, nötigte mich, Platz zu nehmen und bot mir einen ausgezeichneten französischen Cognac an.
    »Sie sehen, mir mangelt es an nichts«, erklärte er spöttisch, ließ sich in einen Sessel fallen und schlug die Beine übereinander.
    Seine Stimme klang bitter.
    »Wir haben nicht mehr viel Zeit. Wenn wir Sie retten wollen, müssen wir uns beeilen«, eröffnete ich das Gespräch.
    »Es hat keinen Zweck. Meine unglücklichen Vorgänger haben nichts unversucht gelassen. Ich erwähnte das bereits. Es hat nicht geholfen. Morgen bin ich dran. Genau um Mitternacht werde ich Hand an mich selbst legen. Und wissen Sie was? Ich bin froh, daß es bald vorüber ist. Niemand hält ein Leben aus, wenn ihm klar ist, wann genau es endet. Wenn er Tag und Stunde kennt. Es raubt einem, jede Energie. Bei jedem Schritt ist man sich der Sinnlosigkeit seines Tuns bewußt.«
    »Je nach Veranlagung und Temperament«, korrigierte ich. »Sicher gab es unter Ihren Vorfahren einige, die im Gegenteil das Leben in vollen Zügen genossen, denen jede Minute kostbar war.«
    »Die haben nur versucht, sich zu betäuben. Solange sie in irgendwelchen Genüssen schwelgten, konnten sie wenigstens für Augenblicke vergessen, daß ihr Urteil feststand.«
    »Genau darüber wollte ich mit Ihnen sprechen. Ich werde den Verdacht nicht los, daß Sie wie gebannt auf Ihren Geburtstag starren. Das hat Folgen. Wäre es denkbar, daß Sie sich in die fixe Idee so verrannt haben, daß Sie prompt so handeln werden, wie man es
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