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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste
Autoren: Lee Child
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anließ. Legte den ersten Gang ein und gab so viel Gas, dass durch die Beschleunigung die offene Tür zuknallte. Dann blendete ich die Scheinwerfer auf, trat das Gaspedal durch und raste los. Summer wäre stolz auf mich gewesen. Ich hielt geradewegs auf die in einer Linie aufgefahrenen Panzer zu. Zweihundert Meter. Hundert Meter. Ich entschied mich für eine Stelle und raste mit über achtzig Sachen durch eine Lücke zwischen zwei Panzern.

    Nach einer Meile fuhr ich langsamer, nach einer weiteren hielt ich an. Marshall lebte, aber er war bewusstlos und blutete stark. Ich hatte gut gezielt. Er wies einen hässlich aussehenden Schulterdurchschuss rechts und mehrere Schnittwunden von herabgefallenen Trümmerteilen auf. Ich brachte ihn auf dem Beifahrersitz in eine sitzende Position und schnallte ihn fest. Dann holte ich den Erste-Hilfe-Kasten heraus, legte ihm einen doppelten Druckverband an der Schulter an und gab ihm eine Morphiumspritze. Mit Fettstift schrieb ich ein M auf seine Stirn, wie man’s im Gefecht tun sollte. Das verhinderte, dass er eine Überdosis Morphium bekam, wenn er ins Lazarett eingeliefert wurde.
    Dann ging ich eine Weile in der frischen Luft auf und ab. Schlenderte ziellos die Fahrspur entlang. Hustete, spuckte und klopfte mir den Staub aus der Kleidung. Ich hatte schmerzhafte Prellungen, wo mich Betonbrocken getroffen hatten. Zwei Meilen hinter mir hörte ich die Panzer noch immer schießen. Vermutlich warteten sie auf den Befehl Feuer einstellen! Sie würden ihre Übungsgranaten verschossen haben, bevor sie den bekamen.
     
    Die Klimaregelung 2-40 behielt ich auf der gesamten Rückfahrt bei. Ungefähr auf halber Strecke kam Marshall wieder zu sich. Ich beobachtete, wie er das Kinn hob. Sah ihn erst nach vorn und dann nach links zu mir blicken. Er war voller Morphium, und sein rechter Arm war unbrauchbar, aber ich war trotzdem auf der Hut. Griff er mir mit der Linken ins Steuer, konnten wir von der Spur abkommen, dabei auf einem Blindgänger landen oder eine Schildkröte überfahren. Also nahm ich die Rechte vom Lenkrad und schlug ihm mit dem Handrücken genau zwischen die Augen. Das war ein solider, kräftiger Schlag, von dem er sofort wieder bewusstlos wurde. Manuelle Anästhesie . Ihre Wirkung hielt an, bis wir den Stützpunkt erreichten.
     
    Ich brachte ihn geradewegs ins Lazarett. Rief Franz von der Notaufnahme aus an und bestellte einen Trupp Militärpolizisten
zu seiner Bewachung. Ich wartete auf sie und versprach allen, die mithalfen, dass Marshall vor Gericht gestellt werden konnte, Beförderungen und Auszeichnungen und wies sie an, ihn über seine Rechte zu belehren, sobald er aufwachte. Und ich ordnete an, ihn wegen Suizidgefahr ständig zu bewachen. Dann fuhr ich zu Franz’ Dienststelle zurück. Mein Kampfanzug war zerfetzt und noch immer voller Staub. Gesicht, Haare und Hände konnten nicht viel besser aussehen, weil Franz lachte, als er meiner ansichtig wurde.
    »Nicht so einfach, Schreibtischtäter festzunehmen, was?«, meinte er.
    »Wo ist Summer?«
    »Schickt Fernschreiben an die Dienststelle des Chefs vom Heeresjustizwesen«, antwortete er. »Telefoniert mit allen möglichen Leuten.«
    »Ich hab deine Beretta verloren«, beichtete ich ihm.
    »Wo?«
    »Wo eine Horde Archäologen hundert Jahre brauchen würde, um sie wiederzufinden.«
    »Ist mein Humvee in Ordnung?«
    »Besser als Marshalls«, sagte ich.
    Ich fand ein freies Zimmer in der Unterkunft für durchreisende Offiziere und stellte mich lange unter die heiße Dusche. Dann verstaute ich den Inhalt meiner Taschen in einem neuen Kampfanzug und warf den alten in den Müll. Ich war davon überzeugt, dass keine Kleiderkammer ihn noch zurücknehmen würde. Nachdem ich eine Weile auf dem Bett verschnauft hatte, ging ich in Franz’ Dienststelle. Dort fand ich eine strahlende Summer vor. Unter dem Arm hielt sie einen neuen Aktenordner, der schon viele Blätter enthielt.
    »Wir sind auf Kurs«, teilte sie mir mit. »Die Juristen bestätigen, dass die Verhaftungen rechtens waren.«
    »Hast du ihnen den Fall erläutert?«
    »Sie sagen, dass sie Geständnisse benötigen.«
    Ich schwieg.

    »Wir müssen uns morgen mit den Staatsanwälten treffen«, sagte sie. »In Washington.«
    »Du musst allein hin«, erwiderte ich. »Ich bin nicht dabei.«
    »Wieso nicht?«
    Ich gab keine Antwort.
    »Alles in Ordnung mit dir?«
    »Haben Vassell und Coomer ausgepackt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Sie sagen kein Wort. Das JAG Corps lässt sie
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