Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0795 - Vater, Mutter, Satanskind

0795 - Vater, Mutter, Satanskind

Titel: 0795 - Vater, Mutter, Satanskind
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
beinahe der Mund offen, als er sah, was sich am Ende der Treppe abspielte. In die Gestalten war Bewegung geraten. Für den Kommissar stand fest, dass das Fest begonnen hatte…
    ***
    Er wäre am liebsten verschwunden, aber er blieb. Eine ihm nicht bekannte Kraft zwang ihn dazu, und er leuchtete schräg in die Höhe, ohne dass sich die Gestalten um den Lampenschein kümmerten, in den sie hineingeraten waren.
    Die Musik hatte sie angetörnt, sie sorgte dafür, dass sie sich so verhielten, wie sie es mussten. Ihre Körper bewegten sich zur Seite, sie gingen mit kleinen Schritten, sie stießen gegeneinander, es sprach niemand ein Wort, und alles geschah mit einer beinahe erschreckenden Tonlosigkeit.
    Paare fanden sich.
    Die Szene glich einer makabren Operette, die über all die Jahrzehnte verstaubt war und erst jetzt wieder zu Leben erweckt worden war. Das hatte nichts mehr mit einem normalen Leben zu tun, das hier war wie von der Bühne geholt worden, und die Frauen gingen zu den Männern und umgarnten sie, klammerten sich an deren Armen fest, und es gab keine Einzelperson mehr.
    Alle Paare hatten sich gefunden.
    Und alle gingen die Treppe hinab.
    Harry Stahl wunderte sich über die außergewöhnliche Disziplin, denn kein Paar tanzte aus der Reihe. Männer und Frauen blieben diszipliniert, stolz und gleichzeitig hölzern schritten sie zu den Klängen der Polonaise die Treppe hinab, wo ein starrer Kommissar stand und im Augenblick die Welt nicht mehr verstand.
    Es war für ihn unbegreiflich und einfach nicht nachzuvollziehen, dass so etwas überhaupt geschehen konnte. Diese Armada des Schreckens bewegte sich so leicht wie möglich auf der Treppe, als wollten sie bewusst keine Geräusche verursachen.
    Die Handflächen schleiften über das Geländer hinweg. Unter den Füßen quoll Staub in die Höhe, niemand stolperte, und mit einer gespenstischen Gleichmäßigkeit ließen sie Stufe für Stufe hinter sich.
    In der Halle erklang die Musik.
    Dort würden sie sich versammeln, davon ging der Kommissar aus, und er dachte daran, sich zurückzuziehen. Er wollte ihnen nicht im Wege stehen, deshalb drehte er sich um, riss den Vorhang zur Seite, und stand wenig später in der großen Hotelhalle, wo die Musiker tatsächlich ihre angestammten Plätze eingenommen hatten.
    Einer saß vor dem verstaubten Klavier, das verstimmt war und auch einfachen Ansprüchen auf keinen Fall gerecht werden würde.
    Die Geiger ließen ihre Bögen über die Saiten tanzen, und ihre Musik klang so schrill, wie sie der Komponist sicherlich nicht gewollt hatte.
    Harry wich zurück.
    Nur einmal leuchtete er die drei Musiker an. Keiner von ihnen rührte sich. Es machte ihnen nichts aus, dass helles Licht zuckend über ihre Gesichter huschte. Sie spielten, als würden sie dafür bezahlt werden.
    Der Kommissar schaute sich um, weil er nach einem Platz suchte, an dem er sich verstecken konnte. Er wollte nicht unbedingt im Zentrum stehen, aber er wollte alles überblicken und sehen können, ohne selbst entdeckt zu werden.
    Neben der großen Tür befand sich nicht nur ein schmaler Gang, der zu den Speiseräumen führte, dort stand auch ein schwarzer thronartiger Stuhl mit einer breiten Sitzfläche, die zugleich sehr tief war. Eine Säule stand neben dem Stuhl, und sie warf einen sehr düsteren Schatten. In ihn hinein tauchte der Kommissar.
    Es war dunkel in der Halle. Er hatte das Licht seiner Lampe gelöscht, und er war gespannt darauf, wie sich die Personen in der Dunkelheit zurechtfanden.
    Sein Blick glitt in die Höhe.
    Nicht nur das dunkle Loch in der Decke fiel ihm wieder auf, er entdeckte erst jetzt richtig den Lüster mit den hängenden Armen.
    Hier hatte es Elektrizität gegeben. Auch der Fahrstuhl lief nicht ohne elektrische Kraft.
    Noch hatten die Paare die Halle nicht erreicht. Dafür spielten die Musiker das Stück bereits zum zweiten Mal.
    Die ersten Paare tauchten auf. Harry konnte sie kaum sehen, mehr ahnen.
    In der Dunkelheit bewegten sie sich wie noch dunklere Schatten aus einer Unterwelt. Wie ein Lindwurm schlängelten sie sich in die Halle, und sie schafften es auch, nicht an die Tische und Sessel zu stoßen, die ihnen überall im Weg standen.
    Sie bewegten sich sogar nach dem Rhythmus der Musik. Dem Kommissar kam es vor wie eine perfekte Inszenierung, die aus einer verstaubten Schublade geholt worden war.
    Was würde passieren?
    Es passierte tatsächlich etwas.
    Das Licht am Kronleuchter strahlte nicht auf, es flackerte nur. Jede einzelne Birne
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher