Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0787 - Das Medium

0787 - Das Medium

Titel: 0787 - Das Medium
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
denn Banken waren geschaffen worden, um zu verdienen und zu spekulieren. Und sie verdienten verdammt gut, denn sie hatten es auch geschafft, im Laufe der Jahre ihre Macht immer mehr auszubauen. Wenn ich an die zahlreichen Beteiligungen dachte, die Banken an vielen Firmen hatten, konnte ich nur mit dem Kopf schütteln.
    In der großen Schalterhalle war es mir zu warm. Jemand hatte den Boden so blank geputzt, dass ich automatisch an das zurückliegende Glatteis dachte und deshalb sehr vorsichtig ging. In der Decke waren die Lampen eingelassen worden. Sie schickten ihre Strahlen wie dreieckige Lichtpyramiden in die Tiefe, und die Kegel hinterließen auf der glatten Bodenfläche ebenfalls schimmernde Spiegel. Hinzu kam noch, dass die Lampen Wärme abgaben, und ich hätte mir am liebsten die Jacke über den Arm gehängt. Das tat ich nicht, dafür näherte ich mich dem großen achteckigen Arbeitsdeck in der Mitte der Halle. An den Seiten standen zahlreiche Schreibtische, an denen die Mitarbeiter saßen, die Kunden beraten wollten. Ging es um große Summen, verschwanden Kunden und Berater in den entsprechenden Büros.
    Dorthin brauchte ich nicht. Ich hatte erstens keine Schulden und zweitens auch wenig auf dem Konto. Das überließ ich anderen, die mehr verdienten.
    Ich hatte mich auf eine gewisse Wartezeit eingerichtet und wurde nicht enttäuscht. Vor allen Schaltern standen die Kunden. Sie hatten sich gleich verteilt, so dass es keine Rolle spielte, welche der Schlangen ich verlängerte.
    Vor mir standen noch fünf weitere Kunden. Ich hoffte nur, dass nicht jeder eine Viertelstunde zu tun hatte, denn wohl fühlte ich mich in diesem summenden Bienenhaus nicht. Da hockte ich lieber in meinem kleinen Büro, das im Vergleich zur Bank so provinziell wirkte und außer der Telefonanlage keine Spur von High-Tech zeigte.
    Ich wartete, schaute mich um, blickte in die Gesichter der Kunden und versuchte daraus zu lesen, ob sie glücklich oder traurig waren.
    Manche lächelten, als sie sich auf den Ausgang zubewegten, andere wiederum sahen verbissen aus, wieder andere schüttelten die Köpfe, wenn sie auf ihre Unterlagen schauten, und es gab auch welche, die mit zitternden Fingern ihre Geldscheine zählten, bevor sie diese sorgfältig verstauten. Hinter jedem Gesicht verbarg sich ein Schicksal, und das war nicht immer sehr positiv.
    Vor mir stand eine ältere Frau, die einen verschlissenen blauen Wintermantel trug. Die Frau blätterte ihr Sparbuch durch, sie schüttelte dabei hin und wieder den Kopf und murmelte etwas, das ich nicht verstand.
    Ich wartete.
    Angestellte huschten vorbei. Hektisch, immer in Bewegung. Die Frauen mit ihrer typischen Bankerkleidung, den Kostümen, die Männer in Anzügen oder Kombinationen und stets, das war bei beiden der Fall, einen wichtigen Ausdruck auf den Gesichtern. In den Augen glaubte ich das Schimmern irgendwelcher Münzen zu sehen, aber das war nur Einbildung und möglicherweise auch ein Vorurteil.
    Die ältere Frau wollte nur etwas Geld abheben. Fünfzig Pfund, mehr nicht. Sie bekam den Schein und beschwerte sich dann über die Geldentwertung, was der junge Beamte nur mit einem Heben der Schulter beantwortete. »Sorry, Madam, ich kann nichts dafür. Das ist hohe Politik.«
    »Europa, nicht?«
    »Auch. Wir sind ja seit dem ersten Januar wieder ein Stück zusammengewachsen.«
    »Ja, ich weiß – leider.« Die Frau steckte den Schein in die Manteltasche und schuf mir Platz. Ich dachte über Europa anders als sie, akzeptierte aber auch ihre Meinung. Meinungsvielfalt ist das Lebenselixier einer Demokratie.
    »Sir…?« Der Knabe lächelte mich an. Er trug ein braunes Jackett und ein weißes Hemd. Seine Krawatte zeigte ein Blumenmuster, das Lächeln auf seinen Lippen war rein geschäftsmäßig, und die Augen hinter der Brille funkelten.
    »Es geht um die Veränderung einiger Daueraufträge. Zudem möchte ich die Auszüge meiner Konten haben und auch Zinsen gutschreiben lassen.«
    »Gern, Sir, wenn Sie mir Ihre Kontonummer nennen würden…«
    Ich tat es.
    Es lief hier alles völlig normal an. Vorgänge, die sich tagtäglich wiederholten, und ich hatte keinen Grund, misstrauisch zu sein. Zudem war ich es auch nicht.
    Ich schaute in das Achteck hinein, wo mehrere Angestellte tätig waren, die wirklich ihren Stress hatten und auf die zahlreichen Kundenwünsche eingehen mussten.
    Sie sahen alle normal aus, sie kannten sich aus, sie waren in ihrem Job routiniert, und einige von ihnen kannte ich auch vom
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher