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0787 - Das Medium

0787 - Das Medium

Titel: 0787 - Das Medium
Autoren: Jason Dark
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schreckliche Bild in Szene setzen zu können.
    Über allem schwebte der beißende Rauch des Todes. Noch immer loderten und zuckten die Brände. Sie gaben diesen Gestank ab, und der Wind spielte mit dem Rauch wie mit dunklen Trauerfahnen.
    Wayne Aldrin ging nicht mehr weiter. Er hatte es im Prinzip nicht gewollt, aber er war trotzdem stehengeblieben und schaute sich um.
    Er bewegte den Kopf, nur sah er nichts. Das heißt, er sah das Grauen, er war nur nicht stark genug, es in all seinen Einzelheiten aufzunehmen. Vielleicht begriff er es empirisch, aber die Details kamen ihm zu schrecklich vor. Sein Verstand wehrte sich dagegen, und doch machte er weiter. Schaute hin, nahm vieles auf und merkte nicht, dass aus einer Wunde an seinem Kopf das Blut rann.
    Wayne stand unter Schock. Er weinte.
    Die Tränen liefen an den Mundwinkeln vorbei. Die Lippen zuckten, er bückte sich und hob etwas auf, das nicht verbrannt war.
    Es war kein Mensch, nur ein Gegenstand, der einem jungen Menschen einmal viel bedeutet haben musste, denn der Mann hielt eine Puppe in der Hand. Ihr helles, rundes Gesicht war noch so gut wie unversehrt, nur die hellen Haare zeigten einen Grauschleier, denn sie waren durch das Feuer angesengt worden.
    Er ließ die Puppe wieder fallen. Wie mochte das Kind ausgesehen haben, dem die Puppe gehörte? Es war nicht mehr festzustellen, denn die Menschen waren in dem furchtbaren Inferno umgekommen. Die Gewalten konnten keine Rücksicht auf Material und Menschen nehmen, alles war in diesen verfluchten Feuersturm hineingeraten und vernichtet worden.
    Vorbei…
    Alle sahen gleich aus. Alle rochen gleich. Verbranntes und verkohltes Fleisch, es gab keinen normalen Körper mehr, es war wie nach einem Atomkrieg.
    Auch der Himmel war verschwunden. An seiner Stelle hatte sich ein gewaltiger Schleier ausgebreitet, eine Rauchdecke, die sich kaum vom Fleck bewegte, weil kein Wind wehte.
    Hier hatte der Tod seine Sense gleich mehrmals geschwungen, um auch alle zu treffen.
    Alle?
    Plötzlich stoppte Wayne seine schwankenden Schritte. Er hatte etwas gesehen, das es eigentlich nicht geben durfte. Mühsam hob er die Hand und wischte mit der Fläche über seine Augen. Er konnte das Bild nicht fassen, es bedurfte einer Erklärung, und die wiederum kam ihm nicht in den Sinn.
    Als er die Hand wieder sinken ließ und noch einmal hinschaute, da sah er das gleiche.
    Es lebte jemand.
    Aus den Trümmern des abgebrochenen Vorderteils war eine lebendige Frau gestiegen…
    ***
    Auch wenn ihn jemand angesprochen hätte, Wayne wäre nicht in der Lage gewesen, eine Antwort zu geben. Diese Frau, die sich mit geschickten Bewegungen über Flugzeugtrümmer hinwegschwang, durfte es einfach nicht geben. Sie war zu anders, sie konnte nicht überlebt haben, wo doch alle den Tod gefunden hatten. Sie war eine fremde Person, die musste nicht zur Besatzung und auch nicht zu den Passagieren gehören, sie war wie vom Himmel gefallen.
    Und doch gab es sie.
    Diese Frau war körperlich, sie existierte, sie ließ sich überhaupt nicht beirren, denn sie ging einfach weiter und kam auf ihn zu. Erst als sie einige Schritte gegangen war, konnte er sich die Person genauer anschauen.
    Haare von undefinierbarer Farbe umwehten ihr Gesicht. Sie konnten dunkel, aber auch heller sein. Jedenfalls waren sie lang und hoben sich von der helleren Gesichtsfarbe deutlich ab. In diesem schrecklichen Chaos bewegte sich die Frau mit einer seltenen Anmut voran, sie setzte ihre Schritte zielsicher und dennoch vorsichtig.
    Sie umrundete die kleinen Feuer und schien auch vor den Rauchschwaden Respekt zu haben, die über das Trümmerfeld wehten.
    Wayne spürte den eigenen Herzschlag an seinen Rippen. Er sah die Frau nicht mehr als einen normalen Menschen an, sondern mehr als ein Wesen, das von irgendwoher gekommen war. Einfach aus dem Himmel gestiegen, nach unten gefallen, ein ätherischer Körper, der auf dem Weg zur Erde Gestalt angenommen hatte.
    Ging sie? Schwebte sie?
    So genau war es nicht zu erkennen, aber sie trug über dem Kleid oder Kostüm einen langen Mantel, den sie nicht geschlossen hatte.
    Er wehte hinter ihr her, als wollte er sie wie ein großer Schutz vor den weiteren Unbillen bewahren.
    Wayne hörte sie auch nicht. Diese Person bewegte sich so gut wie lautlos, und sie interessierte sich für die schreckliche Umgebung, die sie durchquerte.
    Immer wieder blickte sie nach rechts und links. Auch schaute sie längere Zeit zu Boden, als wollte sie dort etwas Bestimmtes entdecken.
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