Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0761 - Der Angst-Atmer

0761 - Der Angst-Atmer

Titel: 0761 - Der Angst-Atmer
Autoren: Timothy Stahl
Vom Netzwerk:
verbliebenen Bohlen schienen wie aus Stein und knarrten nicht einmal, als Mathieu hinüberlief, wobei er die Lücken dazwischen geschickt umtänzelte.
    Claire fragte sich, was für eine Gewalt am Werke gewesen sein musste, um die jetzt fehlenden Bohlen zu zerstören…
    Mathieu winkte ihr vom Tor aus zu, Innerlich seufzend und mit bis zum Hals klopfenden Herzen folgte sie ihm.
    Drüben, kaum dass sie das Tor durchschritten hatten, verstärkte sich das Gefühl, beobachtet zu werden. Jetzt empfand Claire es nicht mehr nur wie die Berührung kalter Hände, sondern so, als legten sich diese Hände um ihren Hals, um langsam zuzudrücken.
    Unwillkürlich ging ihr Blick hoch zu den Fenstern des Hauptgebäudes, das links und rechts von wuchtigen Türmen gesäumt wurde.
    In den Fenstern rührte sich nichts. Auf den ersten Blick jedenfalls nicht.
    Auf den zweiten allerdings, und nur aus dem Augenwinkel wahrnehmbar, hinter einem der Fenster des Nordturms…
    Claire fuhr zusammen und schrie spitz auf.
    Mathieu fuhr zu ihr herum, »Was?«
    Die junge Frau schüttelte den Kopf. Als sie den Blick direkt auf den Nordturm richtete, bewegte sich dort nichts, und niemand war zu sehen.
    »Schon gut«, sagte sie deshalb nur mit erstickter Stimme und zittrigem Lächeln. »Ich hab mich geirrt.«
    »Dann komm.« Mathieu ergriff ihre Hand und zog sie mit sich über den Vorplatz mit einem Brunnen in der Mitte. Linkerhand befanden sich die ehemaligen Stallungen des Châteaus.
    Das Portal des Hauptgebäudes, das sie über eine breite Treppe erreichten, war abgeschlossen.
    Claire atmete auf. Wenigstens musste sie nicht in dieses gespenstische Gemäuer hinein, das geradezu nach Tod roch.
    Aber Mathieu bestand darauf, nach einem Hintereingang zu suchen, und führte seine Verlobte dazu um den Nordflügel herum durch eine kleine Parkanlage, in der allerdings schon lange nichts mehr wuchs und blühte.
    Zwischen den Seitenflügeln lag ein Swimmingpool, in dem sich natürlich kein Wasser mehr befand Dafür war er fast bis zum Beckenrand mit Unrat gefüllt. Ein polsterloser Liegestuhl stand auf halbem Wege zur Terrasse, die sich an die Rückseite des Hauptgebäudes anschloss. Das Glas der Fensterfront dahinter war größtenteils zerbrochen.
    »Na, wenn das keine Einladung ist«, sagte Mathieu Lafitte und wollte schon in Richtung der Terrasse loslaufen, als etwas anderes seine Aufmerksamkeit fand. Es war nahe der Ostmauer, ein Stück jenseits des Pools.
    »Das sieht doch aus wie…«, murmelte er, und schon ging er, Claire immer noch im Schlepp, auf die Ostmauer zu.
    Es war Claire, die den Satz vollendete: »… ein Friedhof?«
    Mathieu Lafitte nickte nur.
    Vor ihnen ragte ein gutes Dutzend Steinplatten etwa hüfthoch und teils schief aus dem kahlen Erdboden. Entweder standen diese Grabsteine schon sehr lange da, oder derjenige, der sie aufgestellt hatte, war ein Laie gewesen.
    Auf Letzteres ließ auch die unfachmännische Art schließen, in der die Namen in die Steine geritzt, gemeißelt und gegraben waren. Wer es auch getan hatte, er hatte sich zwar viel Mühe gegeben, dennoch erinnerten die Inschriften eher an Kindergekrakel als an professionell gefertigte Epitaphe.
    Einige der Namen kamen Mathieu bekannt vor. Er kannte sie aus den alten Geschichten, die ihm sein Großvater erzählt hatte.
    Ted Ewigk zum Beispiel.
    Und Rhett Saris ap Llewellyn.
    Ebenso Gryf ap Llandrysgryf und Teri Rheken.
    Und Nicole Duval natürlich…
    Nur den Namen des Schlossherrn, Zamorra de Montagne, fand Mathieu auf keinem der Steine.
    Er wollte Claire gerade sagen, wer diese Menschen waren, die hier offenbar begraben lagen, als hinter ihnen etwas fauchte!
    Fast im selben Moment zischte etwas Blassrotes und glühend Heißes dicht an ihnen vorbei und schlug wie ein nadelfeiner Blitz hinter den Gräbern in die Wehrmauer.
    Was es auch war, es verwandelte den Stein auf einer handtellergroßen Fläche umgehend in zähflüssige Glut!
    Synchron fuhr das junge Paar herum - und sah sich einer Gestalt gegenüber, die Claire aufschreien ließ und Mathieu die Sprache verschlug.
    Er musste an einen Schiffbrüchigen denken, der jahrelang auf einer einsamen Insel gehaust hatte. Wie man sich einen solchen vorstellt und wie sie in einschlägigen Filmen gezeigt werden, sah dieser unheimliche Fremde jedenfalls aus: mit wildem Bart und Haar, schmutziger, zerlumpter Kleidung, ausgemergelt, und in den Augen etwas Gehetztes - oder Irres…
    Der einzige, aber gravierende Unterschied zum Klischeebild
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher