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0742 - Mein Bruder, der Dämon

0742 - Mein Bruder, der Dämon

Titel: 0742 - Mein Bruder, der Dämon
Autoren: Roger Clement
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dachte die Inspectorin.
    Es war, als hätte Sura ihre Gedanken gelesen. Vielleicht hatte er das auch. Asha Devi war sich niemals sicher, wie viele Fähigkeiten diese verfluchten Schwarzblütigen noch alle hatten.
    »Ich werde dich nicht töten, Asha. Ich verschone dein Leben. Und weißt du, warum? Nicht aus Geschwisterliebe. Wie dir bekannt ist, halten wir Dämonen nichts von solchen Gefühlen. Nein, ich lasse dich am Leben, weil ich ahne, dass du eines Tages eine von uns werden wirst. Du hast das Zeug zur Dämonin, meine kleine Asha.«
    »Niemals!«, schrie die Polizistin. »Das wirst du niemals erleben, du Ausgeburt der Hölle!«
    »Man soll nie nie sagen. Als ich noch ein Junge war und in kurzen Hosen nach England kam, hätte ich mir auch niemals träumen lassen, hier ein mächtiger Dämon zu werden. Wir sehen uns wieder, Schwesterchen.«
    Und bevor Asha es verhindern konnte, beugte sich Sura über sie und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn, knapp unterhalb des Kastenzeichens. Ihre Uniformmütze hatte sie bei dem Sturz verloren.
    Sura grinste Asha noch einmal an. Dann sprang er auf die Überreste der Mauer, breitete seine Schwingen aus und flog davon, ohne sich noch einmal umzusehen.
    Asha Devi weinte vor Scham und Enttäuschung. Das Gefühl, versagt zu haben, schnitt tief in ihre Seele. Außerdem brannte der Kuss des Dämons wie Feuer auf ihrer Haut.
    ***
    Zamorra und Nicole näherten sich der Tür. Nur ein schmaler Lichtstreifen deutete darauf hin, dass sich hinter der Tür überhaupt Leben befand.
    Merlins Stern zeigte schwarzmagische Aktivität an. Aber das war auch kein Wunder. Offenbar war das ganze Angelheart Castle hochgradig dämonisch verseucht.
    Der Dämonenjäger legte seine Handfläche auf das Türblatt. Die schwere Tür schien sich ein Stück weit aufdrücken zu lassen. Zamorra spannte seine Muskeln an. Nicole, die das Amulett nach ihrem letzten Ruf bei sich behalten hatte, hielt das Kleinod kampfbereit in den Händen.
    »Kommt herein. Es ist offen!«
    Die Stimme klang nach der eines alten Mannes. Gespannt schob Zamorra die schwere Eichentür ein Stück weit auf. Gerade weit genug, damit Nicole und er hineinschlüpfen konnten.
    Das Zimmer hinter der Tür war eine düstere und niedrige Stube. Durch ein schulheftgroßes Fenster drang kaum Tageslicht hinein. An einem kleinen Tisch mitten im Raum saß ein alter Mann auf einem niedrigen Hocker ohne Lehne. Vor sich auf dem Tisch befand sich ein Papierstapel. Das Licht eines großen Kerzenleuchters war nötig, damit der magere Graubart seiner Schreiberei nachgehen konnte.
    Mit einer Gänsefeder kritzelte er Buchstaben auf dieses Papier. Ab und zu musste er den Gänsekiel in ein bunt schillerndes Tintenfass tunken, um weiterschreiben zu können.
    Offenbar war er sehr in seine Tätigkeit vertieft. Jedenfalls würdigte er Zamorra und Nicole zunächst keines Blickes, auch wenn sicherlich er es gewesen war, der sie hereingebeten hatte.
    Der Dämonenjäger schaute sich genauer um. Wenn der Oldtimer nicht gerade selbst schrieb, war er offenbar mit Lesen beschäftigt. Jedenfalls waren alle vier Wände der Kammer mit Bücherregalen bedeckt, in denen Hunderte von dicken Wälzern auf ihren Einsatz warteten.
    Der Alte trug ein bodenlanges Gewand, das an einen christlichen Talar erinnerte. Doch ein solcher war es nicht. Der Schnitt war etwas anders. Und außerdem fehlten in dem engen Kabuff religiöse Symbole. Folgerichtig hing auch kein Kreuz um den Hals des Alten.
    »Wer bist du?«, wollte Zamorra wissen.
    Langsam schaute der Schreibende auf. Sein Blick war so abwesend, als wäre er gerade noch in Trance gewesen. Vielleicht hatte er ja so intensiv geschrieben.
    Der Schreiber hatte einen grauen Voll hart, der ihm bis zur Brust reichte. Seine Augenbrauen waren hingegen pechschwarz. Dadurch konstrastierten sie stark zum ebenfalls grauen Haupthaar. Die Augen unter den Brauen standen eng beieinander. Ihr Blick war undefinierbar.
    Zamorra fiel auf, dass die Tinte auf dem Papier leicht glänzte und schimmerte, bevor sie festtrocknete. Aber er dachte sich nichts dabei.
    »Man kennt mich als Branning. Aber ich habe viele Namen, in den unterschiedlichen Zeiten der Menschheit. Ihr könnt mich Branning nennen, wenn ihr wollt. Und wer seid ihr?«
    Zamorra und Nicole stellten sich selbst vor.
    Branning nickte vor sich hin. »So, ihr kommt also vom Festland. Aus dem Reich der Franken. Und was führt euch nach Camlac?«
    »Wohin, bitte?«
    »Nach Camlac, Nicole Duval. In diese
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