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0736 - Jäger der Nacht

0736 - Jäger der Nacht

Titel: 0736 - Jäger der Nacht
Autoren: Jason Dark
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Gefängnis!
    Sie war eingesperrt und hatte das Gefühl, auf etwas Schlimmes zu warten. Obwohl die Haustür nicht verschlossen war, fürchtete sie sich davor, hinzulaufen, sie zu öffnen und zu verschwinden.
    Statt dessen blieb sie im Wohnraum hocken wie eine Besucherin.
    Sie hatte auf der Vorderkante des Sessels ihren Platz gefunden, die Beine angezogen und nebeneinander gelegt. Ihr Atem ging heftig, es kostete May Mühe, die Beherrschung zu bewahren. In diesen vier Wänden wirkte sie wie eine Besucherin.
    Auch auf dem Sessel hielt sie es nicht mehr lange aus. Innerlich war sie einfach zu aufgewühlt. Immer wieder rollten Szenen aus ihrer Vergangenheit ab. Die schrecklichen Bilder kehrten zurück. Sie glichen dabei Wellen, die sich zunächst in der Ferne aufbauten, hochtürmen und mit Brachialgewalt über sie hinwegbrandeten.
    Dann war sie das Blatt im Sturm der Erinnerungen, mit dem man machen konnte, was man wollte.
    Sie seufzte auf.
    Anne war weg.
    Eine ganze Weile schon. Sicher hatte sie einen Lover gefunden, mit dem sie das Leben auskosten konnte. Sie war ein Typ, der sich gern amüsierte. Manchmal konnte Anne sehr aggressiv sein. Dann legte sie die Hemmungen ab und gab sich voll und ganz ihren Gefühlen hin.
    May kannte Anne zwar kaum, aber sie hatte es gespürt. Da war sie besonders sensibel.
    Sie erhob sich, lenkte ihre Schritte auf das Fenster zu und blieb davor stehen.
    Die Welt draußen sah aus, als wäre ein dunkler Vorhang zugezogen worden, der all den Schrecken und das Grauen verbarg. Er wollte dem Betrachter nicht zeigen, wie furchtbar alles sein konnte.
    Die Dunkelheit des Abends verbarg vieles. Auch die zahlreichen Lichter halfen da kaum etwas. Sie ballten sich sowieso in Höhe des Erdbodens, und May schaute über die meisten von ihnen hinweg.
    Die Ereignisse hatten ihr Leben verändert, und zwar auf eine radikale Art und Weise. Ihr war längst klar, daß es nicht mehr so weitergehen konnte wie früher. Dazu war der Einschnitt einfach zu groß gewesen. Sie mußte diesem Teil der Vergangenheit Tribut zollen und irgend etwas anderes machen.
    Aber was?
    May wußte es nicht. Sie traute sich auch nicht, irgendwelche Bekannte anzurufen. Eigentlich hatte sie sich in der letzten Zeit zu sehr auf Hugo Westlake verlassen. Sie war nicht nur seine Mitarbeiterin gewesen, sondern viel mehr.
    Er hatte sie vereinnahmt. Sie hatte immer das tun müssen, was er verlangte. Er hatte ihr gezeigt, wo es langging, denn er wollte nie die Kontrolle über sie verlieren, das hatte der außergewöhnliche Job so verlangt, war seine Meinung gewesen, denn zwischen dem Hypnotiseur und seiner Assistentin mußte einfach ein besonderes Vertrauensverhältnis herrschen. Das waren die Dinge, über die sie nachdachte, und sie fragte sich im nachhinein, ob sie richtig gehandelt hatte.
    Wie dem auch war, ein Zurück gab es nicht mehr. Wieder einmal war sie ins Wasser geworfen worden. Einfach hinein, ohne schwimmen zu können, und der Name Westlake wollte ihr nicht mehr aus dem Sinn. Er hatte sich festgebrannt, und plötzlich kam sie zu einem Entschluß.
    May atmete tief ein.
    Es war das äußerliche Zeichen dafür, daß sie einen Vorsatz gefaßt hatte. Wenn sie schon nicht mit Anne Wilde reden konnte, dann wenigstens mit Hugo Westlake. Er allein war der Mann, auf den es ihr ankam. Er hatte dafür gesorgt, daß ihr Leben in diese Bahn hineingeraten war, und er sollte ihr auch weiterhelfen.
    Möglicherweise hatte sich auch Westlake Fragen gestellt, hatte nach ihr suchen lassen. Es war nicht normal, daß plötzlich Menschen verschwanden und sich auf eine so schreckliche Art und Weise veränderten. Oder dachte Westlake anders darüber?
    Sie schüttelte den Kopf. Nur nicht mehr über die Vergangenheit nachdenken, das brachte nichts. Wenn sie sich immer die Details vor Augen hielt, drehte sie noch durch.
    Hinter ihr stand das Telefon. Sie brauchte nur den Hörer in die Höhe zu nehmen und zu wählen.
    Westlake würde sich melden, er würde…
    Plötzlich riß ihre Gedankenkette. May hatte den Eindruck, in einer Klammer zu stecken. Nicht daß sie innerlich vereiste, aber sie fühlte sich überhaupt nicht gut. Eine Gänsehaut rann über ihren Körper.
    Sehr deutlich spürte sie das Kribbeln.
    Draußen war etwas!
    Sie hätte nicht sagen können, was es war, aber sie bildete es sich auch nicht ein.
    Da bewegte sich etwas…
    May Feldman hielt den Atem an. Sie hörte, wie ihr Herz überlaut in der Brust schlug. Auch das Blut pochte hinter ihren
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