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0733 - Ort des Schreckens

0733 - Ort des Schreckens

Titel: 0733 - Ort des Schreckens
Autoren: Jason Dark
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einfach unheimlich.
    Als er nickte, entschlossen sie sich zu einem Lächeln.
    Westlake war eine elegante Erscheinung. Er trug einen Frack und hatte schneeweiße Handschuhe über seine Hände gestreift. Das Haar war sorgfältig gekämmt, es glänzte wie flüssiges Quecksilber, durch das sich einige graue Strähnen zogen. Westlake wußte, daß er schon als Erscheinung wirkte, und er sorgte stets dafür, daß dies auch so blieb.
    Noch einmal räusperte er sich. Dann schritt er parallel zum Vorhang entlang und ließ seine Fingerspitzen über die Innenfalten gleiten, als wollte er das Material genau prüfen.
    Auf seinem Gesicht lag ein Lächeln, die Augen waren dunkel, der Mund bildete einen Strich.
    Er wollte die Bühne von einer bestimmten Seite aus betreten. Das hatte er immer so gemacht, das würde er auch am heutigen Tag nicht ändern. Es gab da gewisse Rituale, die einfach eingehalten werden mußten, wenn nicht, fühlte er sich nicht wohl.
    Bevor er die Bühne betrat, zupfte er noch seine Kleidung zurecht. Nichts sollte falsch sitzen. Er wollte, daß er perfekt aussah, denn auch seine Darbietung war perfekt.
    Perfekt?
    Als er über dieses Wort nachdachte, geriet er ins Schwitzen. Dieser Ausdruck überfiel ihn nicht unmotiviert, er kannte ihn, und er hatte sich auch davor gefürchtet. Es geschah nicht bei jeder seiner Darstellungen, doch er mußte immer wieder damit rechnen, daß ihn kurz vor dem Auftritt die große Furcht überkam.
    Und immer wenn das geschah, dann lief seine Schau nicht so ab, wie er es sich vorgestellt hatte.
    Am liebsten hätte er die Darbietung abgebrochen. Er hatte auch schon in der Vergangenheit mit diesem Gedanken gespielt, war aber immer wieder hinausgegangen und hatte es durchgezogen.
    Ja, durchgezogen!
    Das war für ihn der richtige Ausdruck. Keine Kunst mehr, sondern ein reines Durchziehen, was ihm überhaupt nicht paßte und worüber er sich auch ärgerte.
    Er mußte raus, er konnte nicht mehr warten. Zudem wäre auch der Mann von ihm enttäuscht worden, den er bewußt in seine Vorstellung eingeladen hatte, und zwar in der Hoffnung, daß es geschah.
    Und es würde geschehen! Er hatte es im Gefühl. Es war ihm, als hätte er eine Botschaft aus einem fernen Reich und von einer sehr entfernten Person bekommen.
    Ja, es würde klappen.
    Wieder einmal!
    Und dann?
    Er strich über sein Silberhaar, wobei sich seine Gedanken mit Susan Carter beschäftigten. Schon jetzt bedauerte er das junge Mädchen. Es würde in einen gefährlichen Kreislauf hineingezogen werden, für den es keine Erklärung gab.
    Er hatte sie gewarnt, sie aber hatte einfach abgewinkt, wollte es durchziehen und so berühmt werden.
    Möglicherweise wurde sie auch berühmt, allerdings auf eine andere Art und Weise, als sie es sich vorgestellt hatte.
    Ein Glas mit frischem Wasser stand immer bereit. Er trank es zur Hälfte leer, konnte aber den schlechten Geschmack nicht völlig aus dem Mund spülen.
    Die Zuschauer warteten. Er spürte die Unruhe. Sie war ein Zeichen dafür, daß die Zeit fast abgelaufen war. Noch ein Blick auf die Uhr.
    Ja, er mußte raus!
    Westlake holte noch einmal tief Luft, fuhr mit den Fingern zwischen Kragen und Hals entlang, öffnete den Spalt im Vorhang und betrat die Bühne, wo er dem Zentrum entgegenschritt und ins Scheinwerferlicht trat.
    Jetzt konnte er nichts mehr ändern, jetzt nahm das Schicksal seinen Lauf…
    ***
    Beifall empfing den Illusionisten!
    Er brandete ihm wie eine gewaltige Woge entgegen, die kein Ende finden wollte.
    Mister Mirakel wußte, was er sich selbst schuldig war. Er mußte jetzt schauspielern und den Überlegenen markieren. Niemand sollte etwas von seiner Unsicherheit merken.
    Westlake lächelte.
    Er trat vor die schwebende Jungfrau, hob die Arme, legte die Hände zusammen und verbeugte sich tief vor seinen Zuschauern, die ihm ihre Referenz erwiesen, indem sie noch immer klatschten.
    Als er sich aufrichtete, winkte er mit beiden Händen ab. Diese Geste war international verständlich, und die Menschen reagierten hier ebenso wie in Kairo oder Sydney.
    Allmählich flaute das Klatschen ab. Vereinzelte Pfiffe noch, hier und da ein Trampeln, dann wurde es still.
    Das Theater hatte eine gute Akustik, deshalb konnte Hugo Westlake auf ein Mikrofon verzichten. Er trat bis dicht an den Rand der Bühne. Ein weiterer Scheinwerfer strahlte herab und erfaßte nur ihn, während sich die anderen drei nach wie vor auf die schwebende Jungfrau konzentrierten.
    »Ladies and Gentlemen«, begann
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