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0722 - Eiswind der Zeit

0722 - Eiswind der Zeit

Titel: 0722 - Eiswind der Zeit
Autoren: M.H. Rückert
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Süden der USA. Dort sollst du deine ersten Opfer finden.«
    Er winkte den Wind zu sich heran und verstärkte dies mit einem Gedankenbefehl. Von der Stasis würde er ihn erst in Baton Rouge wieder befreien - zu seiner eigenen Sicherheit.
    Die Augen des Meisters schienen zu glühen, bevor er sich auf den Transport konzentrierte. Es sah aus, als wolle er seine Schöpfung umarmen.
    »Komm mit, mein Freund, eine ganze Welt wartet auf dich.«
    ***
    In Baton Rouge, der Hauptstadt des US-Staates Louisiana, trat er im gleichen Augenblick zwischen den Blütenkelchen ins Freie. Die Stelle, an der hier die Regenbogenblumen wuchsen, war geschützt vor Unbefugten. Sie befand sich in einem leeren, heruntergekommenen Hinterhof, zu dem man nur durch die Hintertür eines Treppenhauses gelangen konnte.
    Er ging zum Vordereingang, blickte prüfend um sich, dann nickte er. In Baton Rouge war früher Vormittag, die Sonne brannte nicht so stark, wie er befürchtet hatte und die Temperaturen waren erträglich. Außerdem befand sich im Augenblick niemand auf den Straßen. Zeit und Ort waren ideal für seine Zwecke.
    Er verließ das Haus durch die Vordertür und ging zielstrebig die Straße entlang. Die Häuser rechts und links wirkten zum größten Teil, als hätten sie ihre besten Zeiten schon hinter sich. Sie waren dreckig, teils bröckelte der Putz, teils waren die Fenster beschädigt, wenn sie nicht schon ganz fehlten. Mindestens jedes dritte Gebäude wurde von Graffiti verunziert. Es handelte sich nicht gerade um die beste Wohngegend.
    »Genau der richtige Ort, um mit einer kleinen Demonstration zu beginnen…«, murmelte der Meister.
    Nach kurzer Zeit hatte er einen Platz erreicht, an dem mehr los war: In der Nähe des Howell Park an der Winbourne Avenue. Diese Straße mündete in den Airline Highway. Dahinter floss ein Bach mit Namen Hurricane. Pendler befanden sich auf dem Weg zur Arbeit, etliche Autos fuhren vorbei. Es herrschte der ganz normale tägliche Wahnsinn.
    »Ein wenig muss ich noch warten. Sind noch zu wenig Leute für meine Show…«
    Er setzte sich auf eine nahe gelegene Bank und betrachtete die Vorbeieilenden, die ihrerseits keine Zeit hatten, auch nur einen Blick auf ihn zu werfen - oder auf den blauen Ball, der in Gesichtshöhe etwa einen Meter vor seinen Augen schwebte.
    Die wenigen, die beide - Meister und Schöpfung - unterbewusst bemerkten, sollten später daran erinnert werden.
    ***
    Eine halbe Stunde später, die Menge der Fußgänger und Autofahrer hatte zugenommen, hielt der Magier seine Zeit der Demonstration für gekommen. Zuerst machte er sich »unsichtbar«.
    Diesen Trick hatte er vor vielen Jahren bei einem tibetischen Mönch gelernt. Er ließ die »körpereigene« Aura nicht über die Grenzen seines Körpers hinaus, sodass sie von anderen nicht wahrgenommen werden konnte. Sie erkannten ihn nur, wenn er sie zufällig berührte, verloren ihn aber sofort wieder aus dem Gedächtnis, wenn er weiterging.
    Somit konnte er sich notfalls durch eine Menschenmenge bewegen, ohne »gesehen« zu werden.
    Dann erweckte er den Eiswind aus der Stasis.
    Die handgroße blaue Kugel erwachte zu teuflischem Leben. Sie wirbelte zuerst sehr langsam, dann immer schneller werdend, in der Kugelgestalt. Als sie eine bestimmte Schnelligkeit erreicht hatte, änderte sie zuerst langsam ihre Form und verwandelte sich dann innerhalb von Sekunden in eine hellblaue Windhose.
    Der Magier ließ sie höher steigen. Er schickte sie mit einem Gedankenbefehl an die Häuserfront auf der Straßenseite gegenüber. Dort schwebte sie entlang bis zu einer Bushaltestelle.
    Mehrere Busse, in denen schon Fahrgäste saßen, standen in einer Reihe. An einem Bus stand eine Menschenschlange, die ersten Leute stiegen gerade ein. Ein etwa 60-jähriger, korpulenter Mann mit rotem Gesicht und Halbglatze, der letzte in der Reihe, blickte gelangweilt die Häuserfassaden entlang, während er darauf wartete, dass die Schlange vor ihm kürzer wurde.
    Er zuckte zusammen, als er die hellblaue Windhose sah, die langsam in seine Richtung schwebte, wischte sich mit der rechten Hand über die Augen, während die Linke eine speckige Ledertasche hielt. Es half nichts, die Erscheinung blieb.
    Im Gegenteil, sie war keine Einbildung, sondern sie löste sich von der Häuserfront und kam langsam auf ihn zu.
    »Du sollst der Erste sein«, krächzte der Magier voller Vorfreude auf das kommende Ereignis.
    Der Mann in der Warteschlange legte seine Hand auf die Schulter der vor ihm
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