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0722 - Eiswind der Zeit

0722 - Eiswind der Zeit

Titel: 0722 - Eiswind der Zeit
Autoren: M.H. Rückert
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Professor.
    Für die nur wenige Minuten später ankommenden Polizei- und Krankenwagen war er dank seiner Fähigkeit ebenfalls »unsichtbar«.
    ***
    Die sensationelle Nachricht verbreitete sich in Windeseile dank der neuen Medien. Natürlich konnte keiner der Berichterstatter mit wirklichen News herhalten, aber teils aus Unwissenheit, teils aus Angeberei oder Sensationsmache, wurde hier und da etwas dazugeschwindelt, sodass am Ende der »Krieg der Welten« ein Kinderspiel gegen dieses unheimliche Phänomen war.
    Manche Reporter verstiegen sich sogar zu der Behauptung, eine Terroristenbande habe eine neue Bio-Waffe zum Einsatz gebracht.
    Im Dorf unterhalb von Château Montagne saß Pascal Lafitte, Zamorras »Vorkoster« in Sachen »Internationale Zeitungen«, vor seinem Computer. Zamorra hatte etliche Gazetten abonniert, und Pascal Lafitte durchforschte sie nach Berichten über übersinnliche oder sonst wie ungewöhnliche Ereignisse. Wurde er fündig, schickte er die eingescannten Texte per DFÜ direkt in die von Olaf Hawk erst vor kurzem modernisierte EDV-Anlage des Châteaus, oder er kam persönlich vorbei.
    Nachdem er die Nachrichten im Fernsehen miterlebt hatte, stöberte Pascal im Internet herum. Die betreffende Seite hatte er schnell gefunden und den Bericht gleich heruntergeladen.
    Unschlüssig rieb er sich das Kinn mit der Hand.
    »Hm, das muss der Prof sofort sehen«, nuschelte er vor sich hin.
    Er schickte erst den Bericht per E-Mail zu Zamorras Computer, dann griff er zum Telefon und wählte die Nummer von Château Montagne.
    Am anderen Ende der Leitung hob der Professor nach dem dritten Läuten ab, nachdem er auf dem Visofon-Monitor die Telefonnummer der Lafittes gelesen hatte. Zamorra seufzte. Es war ihm natürlich nicht recht, dass er angerufen wurde, wenn er Besuch hatte, andererseits würde sich Lafitte nicht ohne zwingenden Grund melden.
    »Was gibts Dringendes, Pascal?«, meldete er sich deshalb gleich, ohne seinen Namen zu nennen.
    »Ich habe dir eine Nachricht zugemailt, Zamorra«, begann Pascal Lafitte, überrascht über diese Begrüßung. »Wenn nur ein Viertel von dem stimmt, was eben über E-Mail hereingekommen ist und was die gerade in den Nachrichten im Fernsehen bringen, dann ist das der Hammer. Ist eben gerade in Baton Rouge passiert…«
    »Baton Rouge?«, unterbrach Zamorra verblüfft. »Vielleicht etwas mit Ombre ?« Es lag nahe, dass er zuerst an Yves Cascal dachte, den alle nur den Schatten nannten und der in der Hauptstadt des US-Bundesstaats Louisiana wohnte.
    »Schau es dir an«, antwortete Pascal kurz angebunden. Mit einem »Au revoir« verabschiedete er sich und ließ einen grübelnden Professor im Château Montagne zurück.
    ***
    Die Leichen der beiden Männer waren gerade in Zinksärge gelegt und in zwei Leichenwagen verstaut worden. Den Männern und Frauen, welche diese traurige Arbeit verrichten mussten, graute es jetzt noch. Sie erlebten jeden Tag aufs neue schlimme Unfälle, sowohl auf der Straße als auch in den Betrieben. Bei einer Stadt mit mehr als 200 000 Einwohnern, mit bedeutenden Ölraffinerien, chemischer Industrie, einem kleinen Hafen und einem Flughafen gab es Unfälle am laufenden Band. Abgerissene Arme, zermalmte Beine, aufgeschlitzte Bäuche waren fast schon ein gewohnter Anblick für die Sanitäter und Notärzte, aber das hier war einmalig.
    Männer, denen sonst nichts dabei einfiel, wenn sie abgetrennte Gliedmaßen aufsammelten, um sie in einen Plastiksack zu legen und gleich darauf mit Eis zu kühlen, damit sie wieder angenäht werden konnten, mussten gegen aufkommende Übelkeit ankämpfen.
    Besonders das abgefallene, verschrumpelte, blutleere, blauweiße Fleisch von Armen oder Wangen versetzte sie in diese Stimmung.
    Zwei Krankenwagen, ein Notarztwagen und gleich vier Einsatzfahrzeuge der Polizei hatten sich nur wenige Minuten nach dem Unheimlichen Geschehen hier versammelt.
    »Wer immer auch dafür verantwortlich ist«, bellte die Notärztin, eine schlanke, sehr attraktive junge Frau, nachdem die Leichenwagen fort waren, um die sterblichen Überreste zur Gerichtsmedizin zu bringen, »hat den Tod verdient. Aber einen ganz langsamen.«
    »Der ist noch zu schnell dafür, Judith«, gab ihr Fahrer, ein glatzköpfiger Mann mit Hakennase, der gerade eingestiegen war, seinen Senf dazu.
    »Ach was, Dale. Hast du auch schon Vorschläge dafür?«
    »Da gabs in der Antike doch so herrlich grausame Strafen: In siedendem Öl baden…«
    Judith Durham, die Notärztin,
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