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0720 - Teufelsnächte

0720 - Teufelsnächte

Titel: 0720 - Teufelsnächte
Autoren: Claudia Kern
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fragte sich, warum das Amulett nicht reagierte, während ein anderer seine Finger dazu zwingen wollte, die Hieroglyphen zu verschieben. Der Befehl kam zu spät. Zamorra fühlte, wie er den Kontakt zum Boden verlor und nach oben schwebte. In der Luft öffnete er die Augen und sah die dunklen Konturen der Baustelle einige Meter unter sich. Beinahe verzweifelt suchte er nach einem Gegner, nach irgendetwas, dem- er sich entgegenstellen konnte, aber er schien allein mit dieser unheimlichen Kraft zu sein.
    Zamorra aktivierte mit einem Gedankenbefehl das Amulett. Seine Finger schlossen sich um die Hieroglyphen, versuchten, die Metallscheibe zu einem Angriff zu zwingen, doch sie reagierte nicht.
    Der nächste Schlag kam, so wie er es befürchtet hatte. Er schleuderte ihn durch die Luft, dem Erdboden entgegen. Zamorra rollte sich noch im freien Fall zusammen, schlug in einer Wolke aus Sand und Schnee auf. Er überschlug sich, wurde hin und her geschleudert und schließlich mit einem dumpfen Knall gestoppt.
    Zamorra spürte, wie eine Plastikplane über ihn hinwegrutschte und blieb liegen. Dreck rutschte nach, drang ihm in Augen und Mund, aber er verhielt sich völlig ruhig. Die Plane verdeckte ihn und der Schneematsch, in dem er lag, machte ihn für Blicke von oben fast unsichtbar. Er hoffte, dass das reichte - und wartete auf den nächsten Schlag…
    ***
    Johnny Prased Singh fuhr sich nervös mit der Hand durch die kurzen schwarzen Haare. Der Monitor, der ihm das Bild der äußeren Überwachungskamera zeigte, flackerte. Es war nur ein Zufall, dass er den Mann bemerkt hatte, der sich Lugosi's genähert hatte. Normalerweise saß hier ein Angestellter und achtete darauf, dass nur die richtigen Gäste den Club betraten, aber seit ein paar Tagen renovierten sie den Club und da hatte Johnny die abendliche Ruhe genutzt, um sich mit der Buchhaltung zu beschäftigen.
    Fast wünschte er, nichts gesehen zu haben. Der Fremde war meterhoch durch die Luft geschleudert worden und dann irgendwann hinter dem Bauzaun verschwunden. Johnny wusste nicht, ob er tot war, aber er nahm es an.
    Er spulte die Aufnahmen der Kamera zurück, bis er die Sequenz erreichte, in der er das Gesicht des Fremden erkennen konnte.
    Kein Zweifel, dachte er dann. Er ist es. Shit…
    Noch an diesem Morgen hatte er das gleiche Gesicht in den Lokalnachrichten auf Channel 4 gesehen, als über die neueste Presseerklärung des Sondereinsatzkommandos berichtet wurde. Es war kein gutes Foto gewesen, vermutlich von irgendeinem Buchumschlag eingescannt, aber er war trotzdem einwandfrei als der gleiche Mann zu erkennen, der ihn auf dem zittrigen Standbild der Überwachungskamera ansah.
    Hat er etwas gewusst?, fragte sich Johnny. Zamorra, ein Experte für Okkultismus und Satanismus, taucht vor meinem Club auf. Das kann kein Zufall sein.
    Er stand auf und ging in dem kleinen Raum auf und ab. Kurz überlegte er, über den Bauzaun zu klettern, um sich zu vergewissern, dass Zamorra wirklich tot war, aber dann entschied er sich dagegen. Vielleicht hatte jemand außer ihm den Vorfall beobachtet und die Polizei gerufen. Die Gefahr, entdeckt zu werden, war zu groß. Außerdem würde der Mord ohnehin in den Morgenzeitungen stehen. Bis dahin musste er sich gedulden.
    Doch selbst wenn Zamorra tot war, ging immer noch eine Gefahr von ihm aus. Irgendetwas hatte ihn auf die Spur des Clubs gebracht und wenn dieses Etwas noch existierte, kamen vielleicht andere.
    Johnny fluchte leise. Er musste dringend mit jemandem reden. Nicht nur wegen der Einladung, die er am Morgen in seinem Briefkasten gefunden hatte, sondern vor allem wegen Zamorra und dem Zusammenhang, den sein Auftauchen zwischen ihnen und den Morden herstellte.
    »Ian«, sagte Johnny leise zu sich selbst. Er hatte immer die Antwort auf alle Fragen gekannt - wenn man einmal von der einen fatalen Nacht absah, in der sie den schwersten Fehler ihres Lebeng begingen.
    ***
    Kenneth Webber trommelte ungeduldig mit den Fingern auf dem Rad seines Rollstuhls.
    »Nur noch ein wenig«, sagte er in den Telefonhörer. »Es ist bald geschafft… Ja, ich bin sicher… Du hältst das schon durch…«
    Er beendete den Anruf und warf das Telefon achtlos auf seinen Schreibtisch. Es rutschte ein Stück über die polierte Holzplatte und blieb neben einem Umschlag liegen, aus dem eine schwarze Karte ragte.
    »Was für eine Scheiße«, sagte Kenneth leise. Er wendete den Rollstuhl und lenkte ihn zu den Bücherregalen, die eine Wand seines Zimmers einnahmen.
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