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0720 - Teufelsnächte

0720 - Teufelsnächte

Titel: 0720 - Teufelsnächte
Autoren: Claudia Kern
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Grinsen jedoch auf seinem Gesicht. Es war ein einfacher weißer Umschlag mit einer gedruckten Adresse und dem knappen Hinweis privat. Einen Absender gab es nicht, aber der war auch unnötig, denn Ian wusste genau, was er in dem Umschlag vorfinden würde.
    Trotzdem riss er ihn mit dem Daumen auf und zog nach kurzem Zögern ein schwarzes Stück Papier von der Größe einer Spielkarte heraus. Vorsichtig, so als hielte er Sprengstoff in der Hand, legte er sie vor sich ab und stützte den Kopf in die Hände. Die schwarze Karte war leer, ohne Schrift, ohne Symbole, aber Ian konnte mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, weshalb er sie bekommen hatte.
    Es war eine Einladung.
    »Oh nein«, flüsterte Ian. »Ich will das nicht mehr… Ich kann das nicht mehr…«
    »Was ist los? Schlechte Nachrichten?«
    Er zuckte erschrocken zusammen und drehte den Kopf. Charlie stand mit einer Teekanne und zwei Tassen in der Tür. Sein Blick wirkte besorgt.
    Ian zwang sich zu einem sicherlich verkrampft wirkenden Lächeln. »Nein, alles in Ordnung. Mir ist nur gerade eingefallen, dass ich etwas vergessen habe…«
    Er bemerkte, dass Charlie die Karte betrachtete und legte den Umschlag darauf. Wie gerne hätte Ian ihm alles erzählt, angefangen von der Nacht vor zwanzig Jahren und den Nächten, die auf sie folgten - einmal in jedem Jahr. Doch das ging nicht, denn damit hätte er Charlie zum Tode verurteilt oder schlimmer noch, zum gleichen Schicksal, unter dem er selbst litt.
    Niemals, dachte er, das darf nie geschehen…
    ***
    Zamorra drückte dem Pagen eine Pfundmünze in die Hand und schloss die Tür seines Zimmers. Wider Erwarten hatte er das Hotel Copthorne lebend erreicht. Er musste zugeben, dass Timbles Entscheidung, Kathy Harrold als Fahrerin einzusetzen, zwar zweifelhaft war, er dafür aber einen Treffer bei der Auswahl des Hotels gelandet hatte. Es lag unmittelbar an den noblen Salford Quays, bot einen Blick über den Mersy River und war keine zehn Fußminuten von der Innenstadt entfernt. Selbst das Polizeirevier konnte er von hier aus zu Fuß erreichen, was seinen Bedarf an Kathys Fahrkünsten zu seiner Erleichterung erheblich reduzierte.
    Zamorra stellte die Klimaanlage auf erträgliche zweiundzwanzig Grad und öffnete ein Fenster, um den völlig überheizten Raum abzukühlen. Bei seinen Aufenthalten auf der Insel war ihm schon öfter aufgefallen, dass die Engländer nur zwei Zimmertemperaturen kannten: Dreißig Grad oder zehn Grad. Unwillkürlich fragte er sich, ob es vielleicht zwei miteinander konkurrierende Schulen von Zimmermädchen gab, die für diese Diskrepanz verantwortlich waren.
    Er warf sich auf das breite Bett, griff nach dem Telefonhörer und tippte eine lange Zahlenfolge ein. Es dauerte einen Moment, dann hörte er ein Freizeichen.
    »Château Montagne«, sagte die stets etwas indigniert klingende Stimme des schottischen Butlers William.
    »Hallo William, geben Sie mir doch mal Nicole.«
    »Einen Augenblick, Professor.«
    Ein Knacken in der Leitung, dann meldete sich seine Gefährtin Nicole Duval.
    »Ich habe schon auf deinen Anruf gewartet, Cheri. Wie ist das Wetter auf der Insel?«
    Zamorra warf einen kurzen Blick auf das Schneetreiben vor dem Fenster. »Noch schlechter als sein Ruf.«
    Mit einigen Worten brachte er Nicole auf den neuesten Stand. Sie hatten sich nach dem Hilfsgesuch aus Manchester entschieden, getrennt vorzugehen. Zamorra wollte den Morden vor Ort nachgehen, während Nicole mögliche Zusammenhänge in der Datenbank überprüfte. Wenn es wirklich einen satanischen Hintergrund bei diesem Fall gab, dann hatte vielleicht ein Dämon, den sie bereits kannten, seine Finger im Spiel.
    »Der Mörder«, fuhr Zamorra fort, »sagte während seiner Tat immer wieder das Wort Lugosi.«
    »Wie in Bela Lugosi?«, fragte Nicole.
    »Ganz genau. Vielleicht findest du ja unter dem Eintrag irgendwas.«
    »Moment.«
    Er hörte das Klacken einer Computertastatur und stellte sich vor, wie Nicole den Begriff eingab und die Parameter festlegte, nach denen die Datenbank ihre Suche einteilen sollte. Sie hatten Jahre gebraucht, um die enthaltenen Daten einzutragen und selbst heute war sie noch längst nicht komplett.
    »Okay«, sagte Nicole nach einem Augenblick. »Wir haben einen italienischen Vampirkult aus den Siebzigern, der sich figlio di lugosi nannte. Die haben einige Leute gebissen, aber nie jemanden ernsthaft verletzt. Seit sie 1975 von der Polizei zerschlagen wurden, hat man nichts mehr von ihnen
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