Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0720 - Teufelsnächte

0720 - Teufelsnächte

Titel: 0720 - Teufelsnächte
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
Forschungsstation.
    Mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, drehte sie sich unter dem Tonnengewicht. Dreck stach in ihren Augen, der Atem wurde ihr vom Mund weggerissen, aber nach einem Moment sah sie endlich den Blaster, der verkantet zwischen zwei Grabsteinen lag.
    Nicole streckte den Arm aus, schob sich über den Boden und griff nach der Waffe. Die Anstrengung, die sie benötigte, um zurückzukriechen, ließ ihre Beine zittern, aber schließlich lag sie wieder neben Kathy und drückte ihr den Blaster in die Hand.
    »Warte, bis ich den Befehl gebe«, sagte Nicole atemlos, »dann schießt du auf Irina, keine Sekunde früher, verstanden?«
    Sie achtete nicht auf Kathys Antwort, sondern griff nach dem Dhyarra-Kristall in ihrer Tasche. Man brauchte Konzentration und eine sehr genaue Vorstellungskraft, damit der Kristall das bewirkte, was man von ihm forderte. Beides fiel Nicole im Moment schwer, aber sie hatte keine andere Chance.
    Sie konzentrierte sich, versuchte an ein Luftkissen zu denken, das sich unter Zamorra erstreckte, seinen Fall bremste und ihn sanft zu Boden gleiten ließ. Die Vorstellung zerfaserte, als ein Ast sie in den Rücken traf. Nicole schüttelte den Kopf, versenkte sich erneut in den Kristall. Sie war fast soweit, nur noch ein wenig…
    Ein Schuss.
    Irina stürzte stumm und mit einem Loch in der Stirn zu Boden.
    Der Sturm brach abrupt ab, und das Gewicht verschwand von Nicoles Schultern.
    Nein , dachte sie.
    Nur Sekunden später schlug Zamorra neben ihr auf.
    ***
    Neun Komma acht Meter in der Sekunde, Fallgeschwindigkeit.
    Das war der einzige Satz, den Zamorra immer wieder dachte, während er der Erde entgegenfiel. Keine Erinnerungsbilder zogen an ihm vorbei, er sah sein Leben nicht wie einen Film, sondern nur diese beiden Zahlen:
    9.8
    Er wusste nicht, wie hoch über dem Boden er war, vielleicht fünfzig oder sechzig Meter, aber das spielte keine Rolle. Den Aufprall würde er nicht überleben.
    Die Bäume rasten auf ihn zu. Er sah die Grabsteine größer werden, die Menschen, die zwischen ihnen lagen. Er hoffte, dass zumindest einige diesen Alptraum überlebten.
    9.8
    Aber das konnte nicht sein. Es war zu schnell, viel zu schnell für all die Zeit, die sein Sturz brauchte. Er glaubte seit Minuten zu fallen, spürte den Wind nicht mehr an sich vorbeischießen, sondern nachlassen.
    Zamorra sah nach unten. Der Boden kam ihm entgegen, langsamer jetzt, als habe sich ein Fallschirm geöffnet.
    In diesem Moment schlug er auch schon auf, wurde vom eigenen Schwung nach vorne gerissen und prallte gegen einen Körper. Jemand stöhnte, lachte dann plötzlich.
    »Cheri!«
    Zamorra setzte sich auf, nur um wieder am Boden zu landen, als Nicole ihn umarmte.
    »Bis zuletzt war ich nicht sicher, ob der Dhyarra versteht, was ich von ihm will«, sagte sie. »Ich musste mich so schnell entscheiden…«
    Er erwiderte ihre Umarmung, küsste sie und stützte sich dann auf die Ellenbogen auf.
    »Was machst du eigentlich hier?«, fragte er verwirrt.
    ***
    Einen Tag später
    Zamorra setzte seine Unterschrift auf Kathy Harrolds eingegipsten Fuß und reichte den Stift an Nicole weiter.
    »Bist du nicht krank geschrieben?«, fragte er die Polizistin.
    Sie nickte. »Doch, aber der ganze Presserummel lässt sich davon nicht aufhalten. Der Superintendent steht unter Druck wegen Timble, die Public-Relations-Abteilung versucht, die angebliche Zerschlagung eines Satanistenrings auf das Pluskonto der Polizei zu setzen, Ian Pritchard sieht im Krankenhaus mehr Reporter als Ärzte - und ich bin die Einzige, die auch nur halbwegs versteht, wie alles zusammenhängt.«
    Zamorra lehnte sich gegen den Türrahmen. Zum Glück für ihn und Nicole hatte die Polizei Kathy in den Vordergrund gestellt und die Beteiligung von Satanismus-Experten aus dem Ausland heruntergespielt. Zamorra hatte darum gebeten und er war sicher, dass die PR-Abteilung das Angebot nur zu gerne angenommen hatte.
    Es war beinahe ein Wunder, dass alle außer Irina das Ritual überlebt hatten. Ian und Rachel lagen im Krankenhaus, die anderen waren mit Schrammen davon gekommen. Nur Sergej lag im Koma.
    Letzten Endes war jeder von ihnen ein Opfer.
    »Was ist mit Kenneth?«, fragte Nicole. »Wird er wegen Mordes angeklagt?«
    »Anstiftung zum Mord in vier Fällen, aber ob man ihn wegen Irinas Tod vor Gericht stellen wird, bezweifele ich noch.«
    Zamorra runzelte die Stirn. »Nun gut, man könnte es als Notwehr auslegen…«
    »Darum geht es nicht«, sagte Kathy. »Irinas
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher