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0709 - Märchenfluch

0709 - Märchenfluch

Titel: 0709 - Märchenfluch
Autoren: Timothy Stahl
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ganz um.
    Doch Billings stand weder hinter ihm noch in der Nähe. Der Zigarrengeruch wurde einen Moment lang intensiver, dann zog er an Osway vorbei und verging - gerade so als wäre Lester Billings unsichtbar an ihm vorbeigeschritten und davongegangen.
    »Lester? Lester!« Der Nebel dämpfte Osways Rufe.
    Trotzdem rief er weiter nach seinem Freund, während er die alte Kirche einmal umrundete und dann noch ein zweites Mal. Er suchte und rief weiter, erst in der näheren, dann in der etwas weiteren Umgebung.
    Ohne Erfolg.
    Lester Billings war spurlos verschwunden.
    Und er blieb es.
    ***
    Sonntagmorgen, acht Uhr »Ist das nicht herrlich?«, meinte Nicole, in der Hand eine erstaunlich detailgetreue Nachbildung des Mount Everest in Marmelade auf einem halben Brötchen balancierend. »Draußen herrscht tatsächlich so was wie Sommer, wir sind allein, weil Patricia mit Lord Zwerg und Fooly zum Picknick an die Loire ausgeflogen ist - ein Sonntag wie aus dem Bilderbuch.«
    »Eher wie aus dem Märchenbuch«, entgegnete Zamorra, »beinahe zu schön, um wahr zu sein.«
    »Alte Unke!«
    Nach dem Frühstück, widmete sich Zamorra dem, was Butler William außer Essbarem noch aufgetischt hatte - ein flacher Stapel von Computerausdrucken. »Mal sehen, was Pascal Interessantes aus dem Netz der Netze gefischt hat«, meinte der Parapsychologe und nahm die Blätter zur Hand.
    »Och, bitte nicht!« Nicole zog einen Schmollmund.
    »Es könnte etwas Wichtiges darunter sein.«
    »Genau das befürchte ich ja.« Zamorra schenkte ihr ein Lächeln. Natürlich wusste er, dass sie nicht wirklich sauer war. Immerhin nahm sie ihren gemeinsamen Job nicht weniger ernst als er. Und die Hölle kannte nun mal keine Sonntagsruhe und - gemütlichkeit.
    Bei den Ausdrucken, die Zamorra sich jetzt vornahm, handelte es sich um Artikel aus internationalen Zeitungen. Pascal Lafitte, der mit Frau und Kindern drunten im Dorf wohnte, hatte die Aufgabe, Zamorra mit Meldungen aus aller Welt zu versorgen, in denen es - und sei es nur dem geringsten Anschein nach - um dämonische Aktivitäten gehen könnte.
    Früher hatte Pascal diese Meldungen noch aus den Druckerzeugnissen selbst ausgeschnitten. Inzwischen graste er das Internet danach ab, lud entsprechende Berichte herunter, und Butler William servierte dann anstelle einer »echten« Zeitung diese druckfrischen Meldungen des eventuell Unerklärlichen, wenn der Professor sich zuvor nicht schon selbst bedient hatte.
    Zamorra las die Ausdrucke quer und nickte versonnen. Eines musste man Lafitte lassen, er hatte wahrlich eine Spürnase für Nachrichten entwickelt, die mehr waren, als sie auf den ersten Blick verrieten. Was freilich nicht hieß, dass wirklich hinter jeder dieser Meldungen ein handfester Dämon oder Ähnliches steckte. Zamorras eigener Riecher funktionierte in dieser Hinsicht sehr gut. Instinktiv wusste er, welche Artikel er unter P wie Papierkorb ablegen konnte. Am Ende seiner Lektüre hatte er drei Berichte zur Seite gelegt. Er würde Pascal Bescheid sagen, damit der für ein paar Tage Ausschau nach eventuellen Folgeberichten hielt. Erschien nichts mehr darüber, würden sich die Sachen wahrscheinlich von selbst erledigt haben. Momentan hoffte er insgesamt darauf. Er war nicht unbedingt darauf erpicht, schon wieder irgendwo eingreifen zu müssen, und vielleicht war es auch eine Falle, so wie die Sache mit dem Teufelsei in der Nähe von Rom, das ihm, Ted Ewigk und der Silbermond-Druidin Teri Rheken beinahe zum Verhängnis geworden war. Teri befand sich jetzt in Zamorras britischem Zweitwohnsitz, dem Beaminster-Cottage in der südenglischen Grafschaft Dorset, und erholte sich dort, während Ted Ewigk sich in den Armen seiner Freundin Carlotta ausruhte.
    Manchmal wünschte Zamorra sich, ein ganz normales Leben führen zu können.
    Zusammen mit Nicole, zusammen mit seinen Freunden. Aber das lag längst nicht mehr in seiner Hand. Den Weg, den er einmal beschatten hatte, konnte er nie wieder verlassen. Er war ein Auserwählter, ein Unsterblicher, der gegen die Mächte der Finsternis kämpfte. Aber diese Unsterblichkeit - was brachte sie ihm? Neben dem ewigen Leben, das jederzeit durch Gewalt beendet werden konnte, ewigen Kampf. Er war dem Tod ständig näher als die »Normalsterblichen«.
    Um so mehr genoss er ruhige Tage und Nächte wie diese. Sie waren selten genug. Und der Alltag holte ihn stets rasch genug wieder ein.
    So wie jetzt mit diesen Artikeln…
    Eine der Nachrichten behielt er in der Hand, las
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